Predigt zu Apostelgeschichte 1, 3-11 am Himmelfahrtstag und am Sonntag Exaudi
3 Ihnen (den Jüngern) zeigte er (Jesus) sich nach seinem Leiden durch viele Beweise als der Lebendige und ließ sich sehen unter ihnen vierzig Tage lang und redete mit ihnen vom Reich Gottes. 4 Und als er mit ihnen beim Mahl war, befahl er ihnen, Jerusalem nicht zu verlassen, sondern zu warten auf die Verheißung des Vaters, die ihr – so sprach er – von mir gehört habt; 5 denn Johannes hat mit Wasser getauft, ihr aber sollt mit dem Heiligen Geist getauft werden nicht lange nach diesen Tagen. 6 Die nun zusammengekommen waren, fragten ihn und sprachen: Herr, wirst du in dieser Zeit wieder aufrichten das Reich für Israel? 7 Er sprach aber zu ihnen: Es gebührt euch nicht, Zeit oder Stunde zu wissen, die der Vater in seiner Macht bestimmt hat; 8 aber ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch kommen wird, und werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis an das Ende der Erde. 9 Und als er das gesagt hatte, wurde er vor ihren Augen emporgehoben, und eine Wolke nahm ihn auf, weg vor ihren Augen. 10 Und als sie ihm nachsahen, wie er gen Himmel fuhr, siehe, da standen bei ihnen zwei Männer in weißen Gewändern. 11 Die sagten: Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da und seht gen Himmel? Dieser Jesus, der von euch weg gen Himmel aufgenommen wurde, wird so wiederkommen, wie ihr ihn habt gen Himmel fahren sehen.
Wozu sind Sie auf der Welt? Was hat Ihr Leben für einen Sinn?
Viele Menschen und darunter auch viele Christen stellen sich diese Frage. Besonders häufig und intensiv taucht sie auf, zum Beispiel In der Midlifecrisis, wenn die spannende Aufbauzeit des Lebens vorbei ist und Menschen sich fragen: was nun? Oder wenn die Kinder aus dem Haus sind und vorher das Leben ausfüllten; wenn der Ruhestand da ist und die Frage kommt: was jetzt? Aber auch im ganz normalen Alltagsleben werden wir mit dieser Frage konfrontiert. Kennen Sie diese Fragen für Ihr Leben?
Die Jünger stehen da und wissen nicht, was aus ihrem Leben werden soll, was für ein Sinn das Leben jetzt noch hat.
Sie hatten ganz spannende und fantastische Zeiten mit Jesus erlebt:
Jesus hatte Tote auferweckt, Blinde, Lahme, Aussätzige, geistig und seelisch Kranke geheilt und andere große Wunder vollbracht. Sie hatten erlebt wie er mit Menschen umging, ihnen ihre Würde, ihren Wert gegeben hat und wie er denen half, die von anderen verurteilt wurden. Seine Reden waren so eindrücklich gewesen und seine Gegner hatte er in die Schranken verwiesen. Als er gekreuzigt wurde, dachten die Jünger, das ist das Ende, aber Jesus hatte seine Macht auch über den Tod gezeigt. Was für eine große Freude war das gewesen, als sie feststellten, er ist auferstanden, er lebt. Zuerst waren sie sich nicht sicher, aber jetzt war alles noch schöner, in diesen 40 Tagen seit der Auferstehung. Es war einfach fantastisch. Das war das Paradies auf Erden.
Und jetzt das: Sie müssen sich von Jesus verabschieden.
Auch diese Zeit ist vorbei. Aber sie denken, das ist nur für kurze Zeit, dann kommt Jesus wieder und baut das Reich Gottes auf: kein Leid, keine Trauer, kein Tod, kein Weinen, keine Einsamkeit, kein Streit, nur noch Friede und Liebe wird es dann geben, so wie sie es bei Jesus erlebt hatten, und alles wird noch viel schöner sein.
Aber die Zeit bis dahin, das Leben ohne Jesus an ihrer Seite, darin sahen sie eigentlich keinen Sinn. Vielleicht dachten sie: Das geht auch irgendwie vorbei. Wir bemühen uns, irgendwie gut durchzukommen. Das ist nicht so wichtig. Wir warten, bis Jesus wiederkommt.
Dann erscheinen zwei Engel, Boten Gottes und geben ihnen die Antwort für ihr Leben:
Schaut nicht zurück, wehmütig, trauernd auf das, was vergangen ist. Und: „Was schaut ihr nach oben?“ Ja es ist wahr, Jesus wird so wiederkommen; es ist wahr, wir werden auch dahin kommen, wo Jesus jetzt ist, aber erst einmal für dieses Leben hier auf der Erde gilt etwas anderes: Geht und tut, was er euch aufgetragen hat: „Ihr sollt meine Zeugen sein“. Ihr habt einen Auftrag. Euer Leben hat einen göttlichen Sinn. Ihr dürft für Gott leben.
Lukas hat ein Doppelwerk geschrieben, das Evangelium und die Apostelgeschichte, und darin macht er deutlich:
Ja, die Zeit Jesu war eine einmalige gotterfüllte Zeit für diese Welt und am Ende wird Jesus sein Reich errichten, das Paradies kommt für alle, die an ihm glauben. Dazwischen ist die Zeit der Christen, die Zeit des Auftrages für diese Welt. Den Beginn dieser Zeit beschreibt er in der Apostelgeschichte und geht weiter bis in unsere Zeit. Für diesen Auftrag seid ihr in der Welt. Das ist der Sinn eures Lebens.
Unser Abschnitt ist eine Nahtstelle zwischen der Zeit Jesu und der Zeit der Christen:
Die Welt Gottes, die in Jesus Christus ganz sichtbar geworden ist, die sollen wir als Christen, als Kirche leben und bezeugen. Wir sollen ein Hinweis auf Jesus sein als die Quelle des Lebens, des Friedens, der Freude, der Hoffnung und von allem, was es in der Welt Gottes gibt. Gottes Welt in die Welt bringen und in seinem Sinn gestalten, das ist unser Auftrag.
Was kann das für uns heute bedeuten, Zeugen Jesu Christi zu sein?
Insgesamt können und sollen wir in allen Bereichen Zeugnis ablegen durch unser Tun und Reden, aber ich möchte ein paar Punkte nennen, die ich heute für wichtig halte. Vielleicht fügen Sie noch andere hinzu.
Als Christen können wir selbstbewusst und erkennbar zu unserem Glauben stehen und ihn leben, indem wir frei zu ihm bekennen:
Ja, ich gehöre zu Christus. Er ist für mich das Wichtigste für mein Leben und bis in die Ewigkeit. Überlegen Sie, wie viele Gelegenheiten es gibt, wo Sie vielleicht schweigen.
Und indem wir deutlich machen, dass wir Christus brauchen und zu ihm gehören, zum Beispiel dass wir auch, wenn wir Gäste haben zum Essen beten, christliche Feste bewusst feiern, uns durch Besuche am Sonntag nicht vom Gottesdienst fernhalten, christliche Zeichen im Haus sichtbar hinhängen oder aufstellen und in der Erziehung der Kinder Wert auf die Vermittlung des Glaubens legen.
Wie gehen wir als Christen damit um, wenn es im Leben anders läuft als gewünscht?
Wird dann deutlich, dass wir einen Halt haben, der nicht zerbricht, dass wir eine Hoffnung auf die Ewigkeit haben und wissen, dass dieses Leben nicht alles ist? Oder klagen und jammern wir genauso wie Menschen, die Jesus nicht kennen. Können wir etwas ausstrahlen von der Gewissheit, dass wir geborgen sind in seiner Liebe, dass wir vertrauen, dass sein Wille gut ist für uns, besser als unsere Pläne und dass wir angeschlossen sind an eine ewige Kraftquelle?
Wird in unserem Leben deutlich, dass wir wissen, wozu wir auf der Welt sind?
Unser Zuhause ist nicht hier, nicht bei Menschen, sondern in der Ewigkeit Gottes. Es geht hier nicht um Spaß, um Reichtum, um Wohlfühlen, sondern um den Auftrag, den Dienst für Jesus an den Menschen.
Zeigen wir in unserem Miteinander die Werte Christi wie Respekt, Verantwortungsbewusstsein, Hilfsbereitschaft, Ermutigung und andere?
In alledem und noch mehr kann jeder von uns heute Zeuge Christi sein, den Auftrag erfüllen, ein Wegweiser zur Quelle des Lebens, zu Christus sein.
Aber, so fragen sich viele Christen, wollen die Menschen, mit denen wir zu tun haben unser Zeugnis überhaupt? Brauchen Sie es?
Ja, der Bedarf ist da!
Menschen haben in ihrem persönlichen Leben Sehnsucht nach Halt, Orientierung und eine Antwort auf das Sterben. In der Gesellschaft klagen viele über die Orientierungslosigkeit und den Werteverfall. In vielen konkreten Fragen werden Antworten gesucht nach etwas Verlässlichem. Esoterikbücher überschwemmen den Markt, Hotels mit esoterischen Wellnessangeboten gibt es zahlreich und vor und in den Häuser findet man immer mehr Buddhafiguren. Fundamentalistische politische und religiöse Gruppen haben Zulauf und das Geld bestimmt immer mehr unser Leben und alle Entscheidungen im öffentlichen und privaten Leben.
Wenn wir als Christen keine Antworten geben, dann tun es andere, und oft sind es dann falsche oder gefährliche Antworten.
Aber das ist ja auch gar nicht die Frage: Wollen sie das, brauchen sie das? Es ist der Auftrag unseres Herrn, des Herrn der Welt, des Himmel und der Erde. Und deshalb gilt er für uns.
Die Zeit, das Leben mit diesem Auftrag ist nicht immer leicht und manchmal auch schwer.
Dietrich Bonhoeffer schreibt: „Wenn Christus einen packt, dann ist man wie hinter einem Wagen gebunden, manchmal kann man laufen, aber manchmal wird man einfach gezogen, am Boden liegend.“ In der Apostelgeschichte wird berichtet, wie die Jünger und Paulus das erlebt haben und in der Geschichte der Christen bis heute gibt es davon viele Beispiele in der Welt.
Aber Christus lässt uns nicht allein: Er gibt seinen Jüngern und uns seinen Geist,
begeistert sie und uns mit dem, was er will, seinen Auftrag, seine Liebe, mit allem was er getan und gesagt hat. Wir bekommen die besondere Verbindung mit der Ewigkeit, mit Jesus. Damit bekommen auch wir etwas von dem mit, wovon die Jünger angefüllt waren.
Der Bibeltext von heute schärft uns als Kirche und Christen zwei Dinge ein, die immer wichtig sind:
Wir sollen den Blick auf Gott richten, damit er uns anfüllt mit seinem Geist, uns prägt, verändert, so dass wir für ihn begeisterte Zeugen sein können. Und wir können unseren Blick auf den Auftrag richten.