Predigt zu Matthäus 21, 1-10 am 1. Advent

Predigt zu Matthäus 21, 1 - 10Jesus Einzug in Jerusalem 1. Advent Kerze Stimmungsvolle Adventszeit
Foto: Martina Heins

1 Als sie nun in die Nähe von Jerusalem kamen, nach Betfage an den Ölberg, sandte Jesus zwei Jünger voraus 2 und sprach zu ihnen: Geht hin in das Dorf, das vor euch liegt. Und sogleich werdet ihr eine Eselin angebunden finden und ein Füllen bei ihr; bindet sie los und führt sie zu mir! 3 Und wenn euch jemand etwas sagen wird, so sprecht: Der Herr bedarf ihrer. Sogleich wird er sie euch überlassen. 4 Das geschah aber, auf dass erfüllt würde, was gesagt ist durch den Propheten, der da spricht (Sacharja 9,9): 5 »Sagt der Tochter Zion: Siehe, dein König kommt zu dir sanftmütig und reitet auf einem Esel und auf einem Füllen, dem Jungen eines Lasttiers.« 6 Die Jünger gingen hin und taten, wie ihnen Jesus befohlen hatte, 7 und brachten die Eselin und das Füllen und legten ihre Kleider darauf, und er setzte sich darauf. 8 Aber eine sehr große Menge breitete ihre Kleider auf den Weg; andere hieben Zweige von den Bäumen und streuten sie auf den Weg. 9 Das Volk aber, das ihm voranging und nachfolgte, schrie und sprach: Hosianna dem Sohn Davids! Gelobt sei, der da kommt in dem Namen des Herrn! Hosianna in der Höhe! 10 Und als er in Jerusalem einzog, erregte sich die ganze Stadt und sprach: Wer ist der?

„Wer ist der?“ fragen die Menschen aus Jerusalem am Ende der Geschichte.

Sie haben schon viel von Jesus gehört und vielleicht auch gesehen, aber sie können ihn nicht einordnen.
Ist er ein neuer König, ein Prophet, der Sohn Gottes oder ein Hochstapler und Lügner?

Wie beantworten wir diese Frage? Das ist die entscheidende Frage, über die seit 2000 Jahren bis heute diskutiert und gestritten wird.

Die Menschen hatten damals ganz unterschiedliche Erwartungen mit Jesus verbunden:

Die einen sahen in ihm einen neuen König, der ein gerechtes Reich aufrichtet; für andere war er ein Kämpfer, der das Volk von der Jahrhunderte langen Unterdrückung durch andere Völker befreien sollte; wieder andere betrachteten ihn als einen Propheten, der den Verantwortlichen die Meinung sagt oder als einen Wundertäter, der nur Gutes tut und das private Leid beseitigt.

Alle gemeinsam sahen in Jesus einen Mann, der mit Macht auftritt, und das Leben für sie zum Positiven verändert.

So empfangen sie ihn, wie es für einen Mächtigen, Großen der Zeitgeschichte angemessen ist. Das Auslegen der Palmenzweige und Kleidung ist so, als würden wir heute einen roten Teppich für eine große Persönlichkeit ausrollen. Sie rufen „Hosianna“ als ein Ausdruck der Ehrerbietung und Bitte. Hosianna bedeutet sinngemäß: „Mächtiger, hilf uns, bring uns Heil!“

Vielen Menschen damals erging es wie vielen heute:

Sie litten unter den Umständen: politische und religiöse Gesetze und Lasten, Probleme des Alltags, Krankheiten, Ausgestoßen sein und unter der Ohnmacht angesichts all der Probleme. Heute haben wir zum Teil andere Fragen und Probleme, aber der Schrei nach Hilfe, nach Lösung der Probleme ist auch heute sehr häufig, zum Beispiel in den Familien, zwischen Eltern und Kindern oder Ehepartnern, in den Gemeinden, am Arbeitsplatz oder bei Bedrohungen durch Krieg oder Umweltkatastrophen.

So rufen die Menschen auch heute: Hilf uns, weil wir alleine nicht mehr damit fertig werden.

Der Ruf geht zu den Sternen, religiösen Strömungen, Politikern, Freunden oder zu Gott, bzw. Jesus Christus. Die Menschen haben die Hoffnung, dass irgendjemand die Macht hat, die Probleme zu lösen.

Was erwarten wir von Gott, bzw. von Jesus?

Dass er mit Macht Leid verhindert und Probleme löst, anderen Menschen, z. B. Politikern und anderen Verantwortlichen so richtig die Meinung sagt oder dass er der Gesellschaft deutlich zeigt, wo es moralisch lang geht, und das auch mit Macht durchsetzt.

Spielt es nicht oft auch in unseren Erwartungen eine Rolle, dass Gott sich mit Macht zeigen soll?

In diesen Erwartungen steckt der Wunsch nach Hilfe, nach Heil: „Hosianna“, Mächtiger, Herr hilf, bring uns Heil!
Mit diesen Erwartungen würden wir vielleicht auch jeden anderen bejubeln, von dem wir glauben, dass er uns dieses Heil, die Hilfe bringt: So bejubelten die Menschen im 3. Reich Adolf Hitler und in anderen Ländern werden andere angeblich heilsbringende Despoten bejubelt. Andere wenden sich irgendwelchen „Gurus“ oder Heil versprechenden Ideen zu. Und in diese Reihe kann man dann auch Gott einreihen, sofern er unsere Erwartungen erfüllt. Immer stecken dahinter der Wunsch und die Sehnsucht nach Heil.

Und wie ist das mit Jesus?

Das Problem mit Jesus ist: Er hat die Macht. Er wird zu Recht umjubelt. Aber er gebraucht seine Macht nicht nach den Erwartungen der Menschen.

Er hat damals die Erwartungen der Menschen nicht einfach erfüllt und tut es auch heute nicht, trotz der Enttäuschung vieler Menschen, die sich deshalb von ihm abwenden. Wieviel Zweifel wären weg, wie viele Menschen würden sich zu ihm bekennen, wenn er seine Macht zeigen und auf die Erwartungen der Menschen eingehen würde.

Predigt zu Matthäus 21, 1- 10 Impuls der Woche Jesus Worte des Glaubens Ich bin Worte
Foto: Martina Heins

Doch mit unseren Erwartungen nach einem machtvollen Jesus kommt auch die Enttäuschung, wenn wir erkennen, dass Jesus anders ist.

Er lässt sich nicht vor den Wagen unserer Erwartungen spannen, weder unseren privaten noch unseren frommen noch politischen Erwartungen. Er tut nicht, was wir wollen. Er lässt sich nicht in ein Bild pressen, wie der Sohn Gottes nach unseren Vorstellungen zu sein hat. Theologen, fromme Menschen und auch Atheisten haben das immer wieder versucht. Aber Jesus ist anders! Es scheint fast so, als hätte Jesus den Einzug in Jerusalem in Szene gesetzt, um den Gegensatz zu verdeutlichen zwischen unseren menschlichen Erwartungen und dem, was er wirklich will, was sein Auftrag in dieser Welt war und bis heute ist.

Predigt zu Matthäus 21, 1- 10 Matthäus 10, 34 - 39 Jesus Kreuz Kreuzgang Unfrieden
Foto: Martina Heins

Nach dem Einzug Jesu in Jerusalem beginnt Jesu Geschichte des Leidens (Matthäus 26, 36 – 27, 56) und dort sehen wir, wie anders er ist.

Im Garten Gethsemane lässt er sich ohne Widerstand schwach und ohnmächtig festnehmen und von Judas verraten. Er lässt sich verspotten von den Soldaten, von König Herodes, von den frommen Juden: „Anderen hast du geholfen, und kannst dir selber nicht helfen. Steig herunter vom Kreuz, wenn du Gottes Sohn bist.“ Und er tut nichts dagegen. Am Ende ist er arm, hilflos und schwach, kann nicht einmal sein Kreuz selber tragen und stirbt wie ein Verbrecher.

Predigt zu Matthäus 21, 1 - 10 Kreuzigung Jesus Christus Leiden Not Tod Angst Evangelium Karfreitag
Foto: Martina Heins
Am Ende seines Weges erscheint Jesus wie ein Nichts. Und trotzdem zeigt er uns gerade da, was er will. In seiner Ohnmacht und Niedrigkeit zeigt er uns seine grenzenlose Liebe.

Er zeigt uns, wie weit er sich um unseretwillen herablässt, zu einem Nichts in den Augen der Menschen. Er hätte es nicht nötig gehabt und tut es dennoch, um auch den Menschen, die ganz niedrig und am Ende sind, zu zeigen:
Ich habe dich lieb, ich bin bei dir!


Gleichzeitig
fragt er aber auch uns: Hast du mich auch lieb?

Liebst du mich auch so in meiner Niedrigkeit und Ohnmacht oder nur, wenn ich Macht und Größe zeige? Willst du auch so zu mir gehören oder nur wenn du von mir profitieren kannst? Liebst du mich einfach, weil ich dich liebe? Es ist einfach Hosianna zu rufen bei jemanden, der unsere Erwartungen erfüllt, der in unser Bild hineinpasst. Machen wir das nicht auch unter uns Menschen viel zu oft? Ein solches Hosianna kann schnell in ein „Kreuzige!“ umschlagen.

Predigt zu Matthäus 21, 1-10 Liebe Herz Jesus Markus 13, 31 - 37 Ewigkeit Jesus Tod Hoffnung Impuls der Woche Jesus Liebe Herzen
Foto: Martina Heins

Christus will etwas anderes: Er will uns seine Liebe zeigen und unsere Liebe gewinnen, um mit uns in einer Liebesgemeinschaft zu leben.

Er möchte, dass wir auch dann noch Hosianna rufen, wenn er anders ist, anders handelt, als wir es uns vorstellen und wünschen, anders mit uns umgeht als nur unsere Erwartungen zu erfüllen.

Wir können sicher sein, dass eine solche Beziehung zu Christus durchträgt.

Sie trägt durch alle Tiefen des Lebens und durch den Tod, und sie hat die Verheißung, dass wir in der Ewigkeit in der vollkommenen Liebe mit Gott leben werden.

Predigt zu Matthäus 21, 1-10
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