Predigt zu 2. Petrus 1, 16-19 am letzten Sonntag nach Epiphanias
16 Denn wir sind nicht ausgeklügelten Fabeln gefolgt, als wir euch kundgetan haben die Kraft und das Kommen unseres Herrn Jesus Christus; sondern wir haben seine Herrlichkeit mit eigenen Augen gesehen. 17 Denn er empfing von Gott, dem Vater, Ehre und Preis durch eine Stimme, die zu ihm kam von der großen Herrlichkeit: Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe. 18 Und diese Stimme haben wir gehört vom Himmel kommen, als wir mit ihm waren auf dem heiligen Berge. 19 Umso fester haben wir das prophetische Wort, und ihr tut gut daran, dass ihr darauf achtet als auf ein Licht, das da scheint an einem dunklen Ort, bis der Tag anbricht und der Morgenstern aufgeht in euren Herzen.
Ist die Bibel zuverlässig?
Hat Jesus gelebt, oder sind das alles erfundene Geschichten, Legenden und Märchen und haben die Jünger und die anderen sich das alles nur ausgedacht? Kann man sich auf die Zusagen verlassen, oder ist das nur Träumerei?
Diese und andere Fragen rund um die Bibel werden immer wieder gerne in der Öffentlichkeit oder einer Stammtischatmosphäre diskutiert.
Hinzu kommen große Verschwörungstheorien und angebliche Neuentdeckungen, die das belegen sollen. Vor einiger Zeit hieß es in den Medien, es seien neue bislang unentdeckte Quellen zur Bibel aufgetaucht. Überrascht war ich, als ich in dem Artikel las, dass von den Qumranquellen die Rede war, denn mit denen hatte ich mich schon vor Jahrzehnten im Studium beschäftigt, also nicht wirklich etwas Neues.
Dann heißt es, der Vatikan würde wichtige, der offiziellen Lehre widersprechende Schriften unter Verschluss halten. Vom Thomas- und Mariaevangelium ist die Rede, doch auch das sind längst bekannte Schriften, die nicht ins Neue Testament aufgenommen wurden, weil sie Fabeln, Märchen und Esoterik enthielten. Deshalb wurden sie schon damals von den Christen nicht anerkannt. Ganze Filme wurden gedreht, die davon handeln, wie angeblich tiefste Geheimnisse um Jesus aufgedeckt werden.
Wieder andere meinen, man dürfe die Bibel nicht wörtlich nehmen, sondern müsste alles symbolisch, psychologisch, soziologisch oder sonst wie deuten. Als Beispiele werden dann die Schöpfungsgeschichte, die Wunder im Alten und Neuen Testament, Jesu Taten und manchmal auch seine Reden herangezogen.
Sicher gibt es im Alten Testament Sagen und Legenden. Es sind aber keine frei erfundenen Geschichten, sondern sie haben einen historischen Kern, der vom Glauben her gedeutet wurde. Man darf auch nicht alles aus der Bibel Wort für Wort in unsere Zeit übertragen, sondern es kommt auf den Geist und Sinn der Bibelabschnitte an, der sich an den zentralen Aussagen der Bibel orientieren muss.
Die Bibel selbst legt großen Wert auf Genauigkeit:
Im Alten Testament beruhen viele Schriften auf Dokumenten königlicher Geschichtsschreiber und im Neue Testament hat man selbstverständlich viel Wert auf die historische Genauigkeit gelegt.
So beginnt Lukas sein Werk aus Evangelium und Apostelgeschichte in Lukas 1 mit der Aussage: „1 Da es nun schon viele unternommen haben, Bericht zu geben von den Geschichten, die sich unter uns erfüllt haben, 2 wie uns das überliefert haben, die es von Anfang an selbst gesehen haben und Diener des Wortes gewesen sind, 3 habe auch ich’s für gut gehalten, nachdem ich alles von Anfang an sorgfältig erkundet habe, es für dich, hochgeehrter Theophilus, in guter Ordnung aufzuschreiben.“
Und auch in unserem Abschnitt wird ausdrücklich betont, dass der Schreiber alles mit Jesus selbst miterlebt hat. Außerdem berichten viele Autoren und unterschiedliche Quellen von den gleichen Ereignissen um Jesus
Es gibt keine alte Schrift, die so gut belegt ist wie die Bibel, viel besser als die alten griechischen Philosophen, Ciceros „Bellum gallicum“ oder die Quellen anderer Religionen.
Warum gibt es dann auch in den Medien immer wieder die Versuche, die Bibel und ihre Botschaft infrage zu stellen und sie zum Gespött zu machen?
Eine Ursache ist sicherlich, dass Kirchen, Eltern, Lehrer und Regierende die Bibel und Gott für ihre Zwecke missbraucht haben, für ihre Macht. Und das wollen die Menschen zu Recht nicht mehr.
Das viel tiefer liegende Problem ist der Anspruch der göttlichen Wahrheit in der Bibel.
Wenn das alles wirklich passiert ist und Jesus wirklich von Gott kommt und der Herr der Welt ist, dann bin ich nicht mehr der, der die Bibel nach meinen Maßstäben beurteilt und kritisiert, sondern ist Jesus die Wahrheit, die mich beurteilt und nach der ich mich ausrichten muss.
Wir möchten uns gerne alles untertan machen, so heißt es ja auch in der Schöpfungsgeschichte, aber es gilt nur für die Schöpfung und nicht für Gott.
Nehmen wir als Beispiel die oft diskutierte Schöpfungsgeschichte:
Es ist der Bibel ziemlich egal, wie die Welt entstanden ist, ob in 7 Tagen oder über Millionen oder gar Milliarden Jahre, ob durch einen Urknall oder einen längeren Prozess, ob der Mensch über den Affen zum Menschen geworden ist oder anders und ob die Lebewesen sich aus dem Wasser entwickelt haben oder nicht. Wichtig ist der Bibel aber die Aussage, dass Gott dahintersteht, er der Herr und Schöpfer der Welt ist. Wenn das stimmt, dann sind wir mit unserem Leben und mit unserem Umgang mit anderen Menschen und der Schöpfung auch Gott gegenüber verantwortlich. Genau das widerstrebt uns, denn wir wollen am liebsten niemandem verantwortlich sein und unsere eigenen Herren sein.
Es ist falsch, wenn man die Bibel als Argument gegen moderne naturwissenschaftliche Erkenntnisse benutzt. Aber es ist genauso falsch, wenn man die Naturwissenschaft missbraucht für irgendwelche Anti-Glaubensaussagen.
Es ist gar nicht so wichtig und entscheidend, ob manche Geschichten genauso passiert sind,
zum Beispiel im Alten Testament die Schöpfungsgeschichte, die Geschichte vom Stillstand der Sonne oder im Neuen Testament die Wunder Jesu oder die Jungfrauengeburt.
Die entscheidende Frage ist, ob wir es Gott, bzw. Jesus zutrauen, dass er das alles selbstverständlich kann.
Natürlich ist es für Gott möglich, die Welt in sieben Tagen zu erschaffen oder eben auch durch einen Urknalll oder auf andere Weise; natürlich sind ihm alle Wunder möglich, auch eine Jungfrauengeburt, und für Jesus genauso, denn er ist Gottes Sohn, ausgestattet mit der Macht Gottes.
Wenn Gott Gott ist und Jesus von Gott kommt, dann sind alle diese Taten und Geschichten für Gott ein Kinderspiel.
Dazu muss ich Ihnen einen kleinen Witz erzählen, der dazu passt: Jesus und Gott-Vater spielen Golf. Gott schlägt den Ball und der springt von Stern zu Stern irgendwann ins Loch. Jesus sagt dazu: Wollen wir rumalbern oder Golf spielen?
Deshalb kann ich nicht an die Auferstehung und Allmacht Gottes glauben, in meinem Leben seine Hilfe und Trost erwarten, und gleichzeitig sagen: Das, was in der Bibel steht, kann so nicht gewesen sein. Ob es so war, ist egal, aber ich traue Gott es zu, dass es so gewesen sein könnte.
Die Bibel ist von Menschen geschrieben.
Sie ist nicht immer vollkommen! Nein, nicht die Bibel ist vollkommen, sondern Gott in Jesus ist vollkommen. Aber es sind in der Bibel nicht irgendwelche erfundenen Geschichten, Fabeln oder tolle menschliche Weisheiten, sondern sie erzählen von realen Erfahrungen mit Gott. Die Erfahrungen der Menschen mit Gott waren sehr unterschiedlich und manchmal haben sie Gott auch missverstanden. Das macht die Bibel sehr reich und vielfältig. Und doch sind diese Erfahrungen nur ein Abglanz von dem Zentrum der Bibel, Gottes vollkommene Offenbarung in Jesus Christus. Da wird Gott in dieser Welt sichtbar. Das haben wir Weihnachten gefeiert. Gott wird Mensch.
Jesus Christus ist die Richtschnur der Bibel,
von der alle anderen biblischen Geschichten gedeutet und gewertet werden müssen. Von Jesus her erkennen wir die Botschaft der Bibel richtig. Deshalb ist es so wichtig, die Evangelien zu lesen und zu kennen.
Wenn wir die Bibel richtig auslegen wollen, dann dürfen wir nicht unsere eigenen weltanschaulichen Gedanken und Maßstäbe in sie hineinlegen, sondern wir müssen die Bibel so auslegen, wie sie ausgelegt werden will, also die Aussage an uns heranlassen.
Am besten fragen wir beim Lesen der Bibel: Was erkennen wir hier von dem, was Gott uns in Jesus Christus zeigt? Was will Gott uns hier sagen und zeigen? Wie stärkt es unsere Beziehung zu Gott, ein Leben in der Gemeinschaft mit Gott?
Dann erleben wir, dass das, was Gott uns in der Bibel zeigt, uns Trost, Halt, Hoffnung, Orientierung und vieles mehr für unser Leben gibt. Die Bibel wird dann ein Licht auf unserem Lebensweg. Sie macht unser Leben hell in dunklen Zeiten und gibt Hoffnung, zeigt uns den Weg und führt zum Ziel in Gottes Ewigkeit.
Wir gründen unseren Glauben nicht auf menschliche Weisheit, Fabeln oder erfundene Geschichten, sondern auf das, was Gott uns sagt und zeigt in den Geschichten des Volkes Israel, in den Erfahrungen der ersten Christen und vor allem in Jesus.
Diese Grundlage, die Botschaft der Bibel, ist fest und zuverlässig.
Wir tun gut daran, auf sie zu achten, sie kennenzulernen, danach zu leben und uns an ihr zu orientieren, damit wir aus dieser Quelle leben und Kraft, Mut und Hoffnung daraus schöpfen.