Predigt zu Philipper 4, 6-9 am vorletzten Sonntag im Kirchenjahr
Wünschen Sie sich Frieden? Ich nehme an, dass Sie sich selbstverständlich Frieden wünschen.
Und: Haben Sie Frieden
in der Familie, mit den Nachbarn, Freunden, Kollegen, Lehrern oder anderen Personen? Dann heißt es sehr schnell, hätte ich ja gerne, aber dieser Kollege, der Nachbar, mein Mann, meine Frau bringt immer wieder Unfrieden in meinen Frieden. Ich bin eigentlich ein friedliebender Mensch. Natürlich sind wir selbst auch nicht immer nett und freundlich, aber unsere schrecklichen Eigenschaften sind doch weniger schrecklich als die der anderen, oder? Meistens sind wir ja auch nur schrecklich, weil die anderen so schrecklich waren. Wenn die anderen nicht so wären, wäre ich auch nicht so. So denken wir, aber ist es auch so? Es kann auch sein, dass wir unsere Eigenschaften deshalb nicht mehr als so schrecklich empfinden, weil wir uns über viele Jahre daran gewöhnt haben.
Man kann auch die Frage stellen, wenn die anderen die Hauptschuld daran tragen, dass wir keinen Frieden haben, warum haben dann so viele Menschen keinen Frieden mit sich selbst. Aber das ist ein anderes Thema.
Wenn Sie gerade in allen Bereichen Frieden haben,
dann seien Sie dankbar und genießen Sie es, denn das ist eine Ausnahmesituation, denn es gibt wirklich viele Menschen, die uns das Leben schwer machen können: die Kollegen, die mobben; der Chef, der immer etwas auszusetzen hat; mein Mann, der eigentlich ganz nett ist, aber manchmal …; die Kinder, die mich auf die Palme bringen; die Lehrer, Schüler, Nachbarn, Vermieter, Eltern und Schwiegereltern. Andere sind laut, rücksichtslos, rechthaberisch, egoistisch, übel gelaunt, spinnen Intrigen, verdrehen die Wahrheit und haben noch viele andere schlechte Eigenschaften.
Wie soll man bei all dem in Frieden leben? Was können wir tun?
Der eine Weg ist Kampf
nach dem Motto „Auf ihn mit Geschrei“, mit lauter Stimme, Türen knallen mit Vorwürfen, was übrigens eine beliebte Methode in Ehen ist. Für den Kampf sucht man sich dann Truppen und Verbündete, zum Beispiel andere Menschen oder Argumente, die aufzeigen, was der andere schon alles getan hat. Eine beliebte Methode des Kampfes ist auch, den anderen mit Nichtachtung zu strafen und zu hoffen, dass sich andere mit einem verbinden, zum Beispiel Kollegen, Familienmitglieder oder Nachbarn. Oder man bemüht sich, den anderen mit subtilen Methoden und Psychotricks in die Knie zu zwingen.
Beim Kampf geht es darum, den anderen zu besiegen, in seine Schranken zu verweisen, zur Einsicht zu bringen, um so wieder Ruhe und Frieden im eigenen Lebensbereich zu haben. Das Problem ist nur, dass wir in den wenigsten Fällen die anderen werden ändern können.
Der andere Weg ist die Flucht:
Menschen resignieren, ziehen sich immer mehr auf sich selbst zurück und versuchen, jedem Konflikt aus dem Weg zu gehen, verfallen in Selbstmitleid und erhoffen sich das Mitleid anderer. Das Problem dieses Weges ist, sie geben ihr Leben aus der Hand und lassen sich zum Spielball anderer Menschen machen, gutmütiger und schlechter Menschen.
Bei Jesus sehen wir einen dritten Weg. Jesus hatte Frieden und konnte Frieden leben, obwohl andere ihn anfeindeten.
Er wurde abgelehnt, verleumdet, verspottet und zum Schluss haben sie ihn beseitigt, getötet, aber er hatte in alledem Frieden. Er hat nicht resigniert, hat sich nicht auf sich selbst zurückgezogen und auch nicht gekämpft, um andere zu besiegen, sondern hat Frieden gelebt.
Das ist ein Friede, der außerhalb jeder Vernunft steht. Aber er ist besser als jede angeblich vernünftige Reaktion auf Unfrieden. Die Bibel zeigt uns den Weg dorthin und Jesus selbst redet an vielen Stellen davon, zum Beispiel in der Bergpredigt in Matthäus 5-7.
Aber schauen wir uns jetzt an, was unser heutiger Abschnitt aus Philipper 4, 6-9 dazu sagt:
6 Sorgt euch um nichts, sondern in allen Dingen lasst eure Bitten in Gebet und Flehen mit Danksagung vor Gott kundwerden! 7 Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, wird eure Herzen und Sinne in Christus Jesus bewahren. 8 Weiter, Brüder und Schwestern: Was wahrhaftig ist, was ehrbar, was gerecht, was rein, was liebenswert, was einen guten Ruf hat, sei es eine Tugend, sei es ein Lob – darauf seid bedacht! 9 Was ihr gelernt und empfangen und gehört und gesehen habt an mir, das tut; so wird der Gott des Friedens mit euch sein.
Hier heißt es:
Vers 7: der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft. Die normalen menschlichen Wege sind Kampf oder Flucht. Jesu Weg ist ganz anders. Es ist der Weg im Vertrauen auf Gott. Es geht! Probieren Sie es aus!
Vers 6: Nicht sorgen und beten: Gott alles anvertrauen und die Sorgen anbefehlen. Wir müssen nicht selbst für uns kämpfen, den anderen nicht besiegen, sondern es Gott überlassen, mit dem, der uns den Frieden raubt, umzugehen. Wir können im Gebet alles Gott anbefehlen.
Vers 8+9: und dann tun, was das Wort Gottes sagt. Wir sollen nicht auf unseren Gegner sehen, uns von ihm nicht provozieren und unser Handeln und Gefühle bestimmen lassen, sondern uns von Gott bestimmen lassen und das tun, was er uns sagt: Gutes tun. Dazu werden in diesen Versen einige Beispiele genannt.
Nach meiner Erfahrung gibt es vier Dinge, die wir lernen müssen, um zu diesem Frieden, in dem Jesus gelebt hat, zu kommen.
- Nicht zurückschlagen, auch nicht in Gedanken, indem wir keine Rache wollen oder Rachegedanken pflegen, den anderen nicht bestrafen wollen. Wenn diese Gedanken hochkommen, müssen wir sie ablehnen und es Gott überlassen, die Übeltäter zu behandeln. Gott die Rache überlassen.
2. Es ist nicht wichtig, was andere mir tun oder über mich sagen. Was andere über mich sagen oder mir antun, soll meine Gedanken, Gefühle und Taten nicht bestimmen. Ich gehöre zu Gott. Er bestimmt mich. Ich will das Gute tun, das Gott mir zeigt.
3. Ich vergebe ihnen. Es soll mich nicht mehr belasten. Vergeben heißt nicht, es gutheißen, sondern selbst davon frei werden. Es loslassen.
4. Die Feinde lieben: Für sie beten, sie segnen, ihnen Gutes tun, das Beste für sie wollen.
Das Ziel, in diesem Frieden Jesu zu leben, ist großartig!
Der Weg dorthin ist lang
und er fordert von uns immer wieder Entscheidungen gegen unsere Gefühle und gegen das, was in der Welt als vernünftig gilt. Ich selbst habe auf diesem Weg viel gelernt, aber bin noch längst nicht am Ziel.
Das Lernen lohnt sich in vielfacher Hinsicht:
Wie oft schaden wir uns selbst mit unseren unfriedlichen Gefühlen. Wir empfinden noch Wut, Ärger und Rachegedanken gegen andere. Das belastet. Wir sind nicht frei. Manchmal hält eine solche Belastung Jahre oder Jahrzehnte. Dabei geht der, der uns das angetan hat, vielleicht fröhlich seinen Weg. Er merkt gar nichts von unserer Wut, und wir ändern gar nichts.
Wie oft schaden wir mit unserer Wut anderen Menschen, die uns nichts getan haben. Den Ärger am Arbeitsplatz bekommt die Familie zu spüren oder umgekehrt. Wir sind nicht mehr offen für die Sorgen anderer Menschen.
Erst wenn wir davon frei werden und in uns Frieden haben, werden wir fähig, zu lieben, Frieden zu leben, Frieden zu verbreiten.
Als Christen stehen wir in der Nachfolge Jesu.
Wir müssen um des lieben Friedens willen uns nicht alles gefallen lassen oder faule Kompromisse eingehen, sondern wir sollen lernen im Frieden Jesu zu leben und diesen Frieden zu verbreiten, besonders in der Gemeinde oder bei den Menschen, die uns nahestehen. Dabei sollen wir nicht über andere urteilen, wie sie das hinbekommen, sondern jeder Christ ist für sich ein Lernender von Jesus und in der christlichen Gemeinschaft sind wir eine Lerngemeinschaft, in der wir uns gegenseitig helfen, von Christus zu lernen.