Predigt zu Jesaja 5, 1-7 am Sonntag Reminiszere

Ich möchte sie kurz mit hineinnehmen in ein karnevalsähnliches Fest des Volkes Israel vor ca. 2500 Jahren.

Es war das fröhlichste Fest im Laufe des Jahres. Eine Woche wurde Erntedank gefeiert. Zuhause baute man sich auf den Flachdächern Hütten aus Zweigen und Laub und bei den Zusammenkünften ging es richtig „feucht-fröhlich“ zu. Es floss viel Wein und immer wieder traten selbsternannte Dichter und Sänger auf, um mit ihren witzigen Beiträgen die Leute in Stimmung zu bringen. Zur Zeit des Festes, um das es heute geht, hatten die Menschen wahrlich Grund zum Feiern. Eine lange Friedenszeit lag hinter ihnen, die Menschen waren zu Wohlstand gekommen. Es ging ihnen richtig gut. Und dann feiert es sich bekanntlich auch gut.

Bei einem solchen Fest trat auch der Prophet Jesaja auf und gab eine Einlage.

Er trug ein Liebeslied vor, das vom Verhältnis des Bauern zu seinem Weinberg handelt. Das war damals  ein Bild für das Verhältnis eines Mannes zu seiner Geliebten, passend zum Fest:

V 1- 4: 1 Wohlan, ich will von meinem lieben Freunde singen, ein Lied von meinem Freund und seinem Weinberg. Mein Freund hatte einen Weinberg auf einer fetten Höhe. 2 Und er grub ihn um und entsteinte ihn und pflanzte darin edle Reben. Er baute auch einen Turm darin und grub eine Kelter und wartete darauf, dass er gute Trauben brächte; aber er brachte schlechte. 3 Nun richtet, ihr Bürger zu Jerusalem und ihr Männer Judas, zwischen mir und meinem Weinberg! 4 Was sollte man noch mehr tun an meinem Weinberg, das ich nicht getan habe an ihm? Warum hat er denn schlechte Trauben gebracht, während ich darauf wartete, dass er gute brächte?

Man kann sich das vorstellen, die Menschen stellten sich schon mit ihrer Mimik auf das Lachen ein und sie warteten auf die witzige Pointe, um richtig loszulachen wie heute beim Karneval. Doch dann erstarrten die fröhlichen Minen in den Gesichtern.

Was jetzt kam, war kein Witz:

V 5+6: 5 Wohlan, ich will euch zeigen, was ich mit meinem Weinberg tun will! Sein Zaun soll weggenommen werden, dass er kahl gefressen werde, und seine Mauer soll eingerissen werden, dass er zertreten werde. 6 Ich will ihn wüst liegen lassen, dass er nicht beschnitten noch gehackt werde, sondern Disteln und Dornen darauf wachsen, und will den Wolken gebieten, dass sie nicht darauf regnen.

Und dann wurde es noch ganz hart:

V 7:  Des HERRN Zebaoth Weinberg aber ist das Haus Israel und die Männer Judas seine Pflanzung, an der sein Herz hing. Er wartete auf Rechtsspruch, siehe, da war Rechtsbruch, auf Gerechtigkeit, siehe, da war Geschrei über Schlechtigkeit.

Das war keine Witzrede. Das war auch keine Standpauke nach dem Motto „nun ändert euch!“, sondern es hieß einfach: Leute, es ist zu spät. Ihr habt überzogen,

nicht beim Feiern, sondern in eurem ganz alltäglichen Miteinander. Gottes Geduld ist am Ende. Es reicht! Das Unheil kommt. Dass dieses Urteil Gottes berechtigt ist, daran lässt Jesaja keinen Zweifel. Da nützt keine Rechtfertigung und keine Verteidigung etwas. Die Sachlage ist völlig klar: Gott hat für das Volk über Jahrhunderte immer alles getan. Und das Volk: Es hatte alles gerne von Gott angenommen, alle Wohltaten, aber die Menschen sind ihren Verpflichtungen nicht nachgekommen, nämlich im Miteinander Gerechtigkeit zu üben. Das war es, was Gott von ihnen in seinem Bund gefordert hatte. So verkündigt Jesaja mitten in die Feststimmung hinein: Gott ist mit seiner Geduld m Ende. Es reicht! Das Unheil kommt.
Man kann sich vorstellen, dass die Feststimmung ziemlich dahin war. Aber die Menschen reagierten bockig. Sie wollten das nicht hören. Sie machten dicht.

Hier wird uns eine Seite Gottes gezeigt, die uns fremd ist

und die wir nicht so gerne mögen. Uns gefällt mehr das andere, dass Gott Liebe ist, für uns da ist, uns umsorgt und beschützt. Das ist auch alles richtig, aber diese Seite Gottes gibt es auch, wenn die Menschen einfach nicht auf ihn hören wollen: Wir lesen es im AltenTestament über das Volk Israel und in der Offenbarung des Johannes über Gemeinden in Kleinasien.

Was Jesaja hier sagt, ist Gott sei Dank noch keine Rede gegen uns als Einzelne oder als Kirche, aber es ist eine Mahnung, es nicht so weit kommen zu lassen.

Das erste, was wir tun sollten, ist, dass wir uns daran erinnern, was Gott alles für uns getan hat, immer noch tut und noch tun will:

Er beschenkt uns mit den alltäglichen Dingen wie Essen, Trinken, Haus, usw.; er gibt uns Menschen, die uns lieben, Kraft zum Arbeiten und um das Leben zu gestalten, schöne Ereignisse und Vieles mehr; wir haben sein Wort bekommen, das uns Orientierung, Trost und Halt gibt; und das größte Geschenk ist die Annahme und Vergebung durch Jesus Christus, die Hoffnung auf ewiges Leben und seine vollkommene Liebe. Das alles gibt Gott uns, weil er uns liebt und uns zu einem guten Leben verhelfen möchte,

aber er möchte natürlich, dass wir das alles nicht sinnlos verschleudern und verachten, sondern dass wir auch so leben, wie es seinen Gaben entspricht: in Gerechtigkeit seinen Willen tun.

Gerechtigkeit ist ein hohes Wort. Was Gott damit meint, das zeigt er uns am besten in Jesus Christus.
Gerechtigkeit bedeutet, jedem Menschen den gleichen Wert zuerkennen und sie gleich behandeln und nicht die einen auf Kosten anderer bevorzugen; die unterstützen, die Verantwortung und Macht haben, aber ihnen auch mutig entgegentreten, wenn sie diese missbrauchen; barmherzig sein gegenüber Menschen, die Fehler begangen haben und sie bereuen, aber auch mutig und stark sein gegenüber denen, die unter dem Mantel der Barmherzigkeit Unrecht vertuschen wollen oder weiter Unrecht tun; Menschen mit Liebe helfen, auf den Weg der Gerechtigkeit Gottes zurückzufinden, aber auch Unrecht beim Namen nennen und nicht schweigend hinnehmen. Gerechtigkeit ist die Basis, das Fundament für ein friedliches Miteinander, und zwar nicht nur in den großen Zusammenhängen der Politik, sondern auch in unserem kleinen alltäglichen Miteinander.

Ohne Gerechtigkeit kann es keinen umfassenden Frieden geben und wirkliche Gerechtigkeit gibt es nur, wo sie sich am Willen Gottes orientiert, so wie wir ihn in Jesus sehen.

Jesus selbst hatte auch Frieden mit den Pharisäern, aber er konnte mit ihnen keine Gemeinschaft des Friedens haben, weil ihre Gerechtigkeit nur für einige galt und andere wurden ausgeschlossen. Nur wenn sie sich neu auf Gottes Willen eingelassen hätten, hätte es gemeinsamen Frieden geben können. Ein wirklicher Rechtsstaat kann nicht mit denen Frieden schließen, die ständig weiter Unrecht tun, sondern er muss das Unrecht bekämpfen. Einen wirklichen Frieden im Sinne Gottes, und den wünschen wir uns, gibt es nur da, wo Menschen sich hinwenden zu Gott, auf sein Wort hören und sich an seinem Wort orientieren.

Die Gefahr, dass wir Gottes Forderung nach Gerechtigkeit beiseitelassen, lauert immer da, wo uns andere Dinge wichtiger werden als das, was Jesus Christus für uns bedeutet,

z. B. unsere eigenen Interessen wie materieller Besitz, unser Ansehen, Anerkennung zu bekommen, Karriere und die Position in der Gesellschaft. Dann guckt man schon mal weg und nimmt es mit Gottes Willen nicht so genau. Oder Sympathie zu Menschen: man kennt sich lange, man mag sich, dann macht man schon mal beide Augen zu. Man will ja deren Zuneigung auch nicht verlieren. Oder die Angst, selber zu kurz zu kommen und in den Hintergrund gedrängt zu werden, dann verliert man leicht das Augenmaß für rechtes und unrechtes Tun.

Deshalb ist es wichtig, dass wir uns zu Gott und seinem Wort hinwenden und das an die erste Stelle setzen, als Einzelne und im Miteinander,

dass wir uns mit dem Wort Gottes beschäftigen und intensiv fragen, Gott was willst du?; dass wir Kindern das Wort Gottes nahe bringen, damit sie sich daran orientieren; dass wir das Leben in der Kirche und Gemeinde neu an diesem Wort ausrichten. Das ist Gottes Wille.
Gott fordert ja nicht irgendetwas Schlimmes von uns, sondern es geht ihm um uns,
um ein gutes gerechtes Miteinander unter den Menschen, um umfassenden Frieden; um ein Leben, das gedeihen und aufblühen kann; um unsere Einheit mit Gott selbst, hier im Leben und für die Ewigkeit.

Gott hat alles dafür getan, um uns dies zu ermöglichen, und er ermahnt uns, das nicht leichtfertig zu verspielen.

Noch gilt die Unheilsankündigung dieses Textes nicht für uns, aber die Mahnung zur Umkehr, zu seiner Gerechtigkeit und einem vom Geist Gottes erfüllten Leben, die gilt uns. Gott gebe uns die Kraft zur Umkehr, damit sein Mühen um seinen Weinberg gute Früchte trägt.

Predigt zu Jesaja 5, 1-7
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