Predigt zu 1. Korinther 2, 1-10 am 2. Sonntag nach Epiphanias
Sind Sie weise? Wo suchen Sie die Weisheit für ein gelingendes und sinnvolles Leben?
1 ( Paulus schreibt in 1. Korinther 2 ) Brüder und Schwestern, als ich zu euch kam und euch Gottes verborgenen Plan zur Rettung der Menschen verkündete, habe ich euch doch nicht mit tiefsinniger Weisheit und geschliffener Redekunst zu beeindrucken versucht. 2 Ich hatte mir vorgenommen, unter euch nichts anderes zu kennen als Jesus Christus, und zwar Jesus Christus, den Gekreuzigten. 3 Als schwacher Mensch trat ich vor euch und zitterte innerlich vor Angst. 4 Mein Wort und meine Botschaft wirkten nicht durch Tiefsinn und Überredungskunst, sondern weil Gottes Geist sich darin mächtig erwies. 5 Euer Glaube sollte sich nicht auf Menschenweisheit gründen, sondern auf die Kraft Gottes. 6 Auch wir verkünden tiefsinnige Weisheit – für alle, die dafür reif sind. Aber das ist nicht die Weisheit dieser Welt und auch nicht die ihrer Machthaber, die zum Untergang bestimmt sind. 7 Vielmehr verkünden wir Gottes geheimnisvolle Weisheit, die bis jetzt verborgen war. Schon bevor Gott die Welt erschuf, hatte er den Plan gefasst, uns an seiner Herrlichkeit Anteil zu geben. 8 Aber keiner von den Machthabern dieser Welt konnte Gottes weisheitsvollen Plan durchschauen. Sonst hätten sie den Herrn, der die Herrlichkeit Gottes teilt, nicht ans Kreuz gebracht. 9 Es heißt ja in den Heiligen Schriften: »Was kein Auge jemals gesehen und kein Ohr gehört hat, worauf kein Mensch jemals gekommen ist, das hält Gott bereit für die, die ihn lieben.« 10 Uns hat Gott dieses Geheimnis enthüllt durch seinen Geist, den er uns gegeben hat. Denn der Geist erforscht alles, auch die geheimsten Absichten Gottes.
Sind Sie weise?
Als wir in der Oberstufe eines Gymnasiums über das Thema „Weisheit in der Bibel“ sprachen, meinten einige Schüler: „Weisheit hat etwas mit dem Alter zu tun. Mit dem Alter wird man weiser.“ Das ist natürlich für alle, die etwas älter sind sehr schmeichelhaft. Graue Haare wirken ja auch irgendwie weise, aber machen sie auch weise? Man kann im Alter zumindest so tun als ob und den Anschein von Weisheit erwecken und natürlich kann man im Alter auch weiser werden, wenn man aus den Erfahrungen lernt. Aber ich musste die Schüler enttäuschen: Mit dem Alter kommt nicht automatisch die Weisheit. Manchmal kommt mit dem Alter auch Starrsinn, närrisch, eitel, komisch sein. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass sich im Alter Eigenschaften verstärken, die man schon immer hatte.
Aber was ist Weisheit?
Weisheit hat nichts mit Intelligenz oder Bildung zu tun. Viele Gebildete sind nicht weise, und umgekehrt können Ungebildete sehr weise sein.
Weisheit ist das Wissen darüber, das Leben richtig und sinnvoll zu gestalten!
Es gibt viele interessante philosophische und religiöse Konzepte zur Gestaltung des Lebens:
angefangen bei den alten Griechen mit der Stoa, Platon Aristoteles, deren Gedanken bis in unsere Zeit hineinwirken, oder religiöse Konzepte, wie z. B. buddhistische Traditionen oder die Gnosis, die ihre aktuelle Fortsetzung in der Esoterik hat. Manche Konzepte beziehen sich mehr auf das individuelle Leben, andere mehr auf das gesellschaftliche Zusammenleben.
Wir könnten uns nun im Gottesdienst und anderen Gemeindeveranstaltungen mit verschiedenen philosophischen und religiösen Konzepten beschäftigen und daraus für uns eine neue Weisheit, ein neues Konzept zur richtigen Gestaltung unseres Lebens entwickeln. Das wäre sehr modern. Gerade unsere Zeit ist davon geprägt, dass jeder sich von allem etwas nimmt und sich dann seine Patchwork-Religion, -Philosophie, -Weisheit zusammenbaut. Es wäre sicherlich auch sehr interessant, wir hätten viel Gesprächsstoff und so wird es in der Kirche auch sehr häufig praktiziert.
Aber nun kommt Paulus und sagt: Genau das tue ich nicht. Ich habe etwas Besseres.
Denn erstens ist die menschliche Weisheit gescheitert.
Sie hat keinen wirklichen Frieden und gelingendes Leben gebracht. Sie hat Gott und Gottes Willen nicht erkannt. Der negative Höhepunkt ist, dass sie Christus nicht erkannt hat, sondern sie haben ihn gekreuzigt, abgelehnt, hinausgeworfen. Sie hält die Botschaft von Christus, vom Kreuz, den einfachen Glauben daran für nicht ausreichend. Sie neigt zum Hochmut, dass sie meint, es ginge auch ohne Gott. Dieses Scheitern, so Paulus, zeigt die Verlorenheit der Menschen, denn wenn schon das Hohe und Edle des Menschen nichts nützt, wie viel weniger dann alles andere.
Zweitens geht es nicht darum, euch mit meiner Klugheit, Fähigkeiten zu beeindrucken.
Paulus hätte das gekonnt, denn er war ein sehr gebildeter und kluger Mensch. Er war Schüler des damals berühmtesten jüdischen Theologen, Gamaliel. Schüler war man nicht in einem Hörsaal, sondern in einer persönlichen Lebensgemeinschaft. Er war nicht nur gelehrt, sondern auch klug, denn er hat den christlichen Glauben in die griechische und römische Welt übertragen. Seine Ausführungen in den Briefen sind hochphilosophisch, prägnant und scharfsinnig. Er hätte beeindrucken können durch sein Wissen, seine Redekunst, Scharfsinn, Weisheit, usw., aber was hätte das gebracht? Paulus sagt: Ihr wäret dann von mir beeindruckt gewesen, aber was nützt euch das. Euer Glaube hätte dann keinen festen Grund, sondern wäre von einem Menschen abhängig.
Nein, sagt Paulus: Ich möchte euch einzig und allein auf Jesus Christus hinweisen,
nicht weil er unter vielen anderen eine weise und herausragende Persönlichkeit war, sondern weil in Christus die alles überragende Weisheit Gottes zu uns gekommen ist, keine menschliche Weisheit, sondern Gottes Weisheit, wie Johannes es in den ersten Versen seines Evangeliums schreibt: „Am Anfang war das Wort“, der logos im Griechischen, die Weisheit Gottes. Damit hat Gott die Welt erschaffen, und dieser logos ist in Jesus Mensch geworden. Paulus: Ich möchte, dass ihr beeindruckt und begeistert werdet von der Weisheit Gottes, von Jesus Christus, damit euer Glaube und Leben einen festen und ewigen Grund haben.
Vielleicht kennen Sie das Bild von Lucas Cranach über Martin Luther? Das Bild zeigt Luther auf der Kanzel, wie er die Gemeinde von sich weg auf Christus hinweist, auf den gekreuzigten Christus! Luther hätte mit seiner Bildung und mit allem, was er erreicht hatte, auch Grund gehabt, auf sich hinzuweisen, aber das war nie sein Anliegen, denn er wusste auch um seine Unvollkommenheit, aber in Christus sah er die vollkommene Gegenwart Gottes, den festen Grund für unsere Rettung. Und Johannes der Täufer sagt in Johannes 3,30 über Jesus: „Sein Einfluss muss wachsen, meiner muss abnehmen.“
Wenn wir wissen wollen, wie unser Leben gelingen kann von der Jugend an bis ins Alter in allen Bereichen unseres Lebens, privat, beruflich, in der Gesellschaft; wenn wir wissen wollen, wie wir Probleme bewältigen, anderen helfen, trösten, Beziehungen leben, Zukunft gestalten können, etc. , dann sollten wir die Antwort nicht in allen möglichen menschlichen Weisheiten suchen, sondern auf Christus schauen und von ihm lernen.
Was die Gottes Weisheit in Christus beinhaltet, möchte ich in drei Punkten zusammenfassen:
An Jesus können wir sehen und lernen, wie gelingendes Leben aussieht,
z. B. Frieden zu haben, auch wenn es im Umfeld Unfrieden und Probleme gibt; Angst überwinden trotz vieler Gefahren und mutig werden; geborgen zu sein, auch wenn weltliche Sicherheiten zerbrechen; zu lieben, auch wenn keine Gegenliebe da ist; Wichtiges von Unwichtigem unterscheiden im Umgang mit Zeit, Gaben, materiellen Gütern, usw.; frei zu sein von Lasten der Vergangenheit, wie Schuld, Enttäuschungen, seelischen Verletzungen, usw.; die Gegenwart zu leben, sinnvoll leben, zufrieden und dankbar zu sein, usw.
Hier wird uns ein Weg gezeigt, der uns nur Gutes bringt und nichts wegnimmt, der uns innerlich reich macht. Da gibt es immer wieder Neues zu entdecken, ein ganzes Leben lang.
Man braucht die menschlichen Weisheiten nicht. In Christus ist alles und Vieles mehr enthalten.
Gott weiß: Wenn den Menschen ihr Leben wirklich gelingen soll, dann brauchen sie dafür meine Kraft, die Kraft des Geistes Gottes, den Heiligen Geist.
Das ist ein wichtiger Unterschied zu allen anderen Lebensweisheiten. Bei ihnen wird uns etwas vorgelegt, einen Weg gezeigt, und dann sollen wir es mit unserer Kraft erreichen. So ist es bei den alten Griechen, in asiatischen Religionen, neuen philosophischen und religiösen Konzepten, usw. Bei Gott ist das nicht so, dass er uns Jesus nur als Vorbild gibt und dann sagt: Hier habt ihr einen Weg für ein gelingendes Leben, ein Beispiel, meine Weisheit. Und nun strengt euch an: Lebt danach, handelt moralisch gut nach den Geboten, betet und meditiert, dann klappt das schon, sondern Gott schafft die Verbindung zwischen ihm und uns selbst, damit seine göttliche Kraft in uns und durch uns wirken kann. Gott bewirkt selbst, was seine Weisheit sagt. Die Verbindung entsteht durch seine Liebe. Das können wir nicht oft genug hören, denn es widerspricht unserem Wesen, dass wir die Voraussetzung für ein gelingendes Leben nicht selber schaffen können und müssen, sondern dass es uns geschenkt wird. In Jesus zeigt er uns und schenkt uns seine grenzenlose und bedingungslose Liebe, die ihren Höhepunkt im Kreuzestod Jesu hat. Er gibt sich völlig hin, bis zum Letzten. Die Liebe ist das Einzige, was zwei Partner wirklich innerlich miteinander verbindet. Wenn nun ein Mensch sich von Gott lieben lässt und mit Liebe antwortet, dann entsteht eine Gemeinschaft zwischen Gott und uns, in der wir Anteil bekommen an seiner Kraft. In dieser Einheit fließt Gottes Kraft in unser Leben. Gott selbst gestaltet unser Leben mit seiner Kraft, seinem Geist. Besonders deutlich macht Jesus das in seinem Wort vom Weinstock und den Reben in Johannes 15. Nur in Verbindung mit ihm können wir wirkliche Frucht bringen. Jesus sagt: „Ohne mich könnt ihr nichts tun.“
Gott hält uns das Ziel des Lebens vor Augen, das Beste, was es gibt:
Das Ziel unseres Lebens liegt nicht in dieser Welt, nicht darin, dass wir immer mehr Wissen, menschliche Weisheit, Reichtümern, weltliche Sicherheiten oder andere weltliche Dinge ansammeln, sondern es liegt in der Ewigkeit, dass wir die vollkommene Gemeinschaft mit Gott erleben. Was wir jetzt glauben und in Ansätzen mit Gott erleben, das werden wir dann in aller Vollkommenheit erfahren.
Was bedeutet das jetzt für uns? Wir müssen …
- lernen, Christus/Gott zu lieben, sehnsüchtig zu werden nach mehr Gemeinschaft mit ihm.
- hungrig sein nach Gottes Weisheit, neugierig, mehr davon zu erfahren. Unseren Verstand, unsere Kraft, alles nutzen, damit sie immer mehr unser Leben bestimmt.
- beten, dass Gott uns die richtige Erkenntnis gibt, die Kraft, das Richtige zu tun und uns immer wieder ausrichtet auf den richtigen Weg und das Ziel.
Paulus sagt einige Verse vorher: „Für Juden ist das eine Gotteslästerung, für die anderen barer Unsinn, aber alle, die von Gott berufen sind, erfahren in dem gekreuzigten Christus Gottes Kraft und erkennen in ihm Gottes Weisheit.“