Predigt zu Hebräer 4, 12-13 am Sonntag Sexagesimae

Wie viele Wörter haben Sie heute schon gehört oder gelesen,

etwa beim Frühstück oder unterwegs im Radio, Fernseher, Handy oder Familiengesprächen? Wie viele Wörter mögen es wohl die ganze Woche über sein?

Wir leben in einer Zeit der unglaublich vielen Worte und nennen das „Informationsgesellschaft“.

100.000 neue Bücher erscheinen pro Jahr allein in Deutschland. Aber noch mehr Wörter nehmen wir auf durch Zeitschriften, Zeitungen, Fernsehen, Internet und unzähligen Gesprächen. Jeder nimmt bewusst oder unbewusst unzählige Informationen auf durch Lesen und Hören und durch Bilder und das Tun anderer Menschen.
Ein Mensch nimmt heute an einem Tag mehr Informationen auf als im Mittelalter während eines ganzen Lebens.

Predigten zum Lesen Hebräer 4 Bibel Lutherbibel
Foto: Martina Heins
Was erwarten wir in diesem Wirrwarr von Worten noch vom Wort Gottes?

In einer Umfrage kam heraus, dass vor allem Trost, Hilfe und Orientierung erwartet werden. Ein Pastor formulierte es einmal so: Erwartet wird „Bibeldiplomatie“, das Wort Gottes so sagen, dass sich keiner daran stößt. Es soll nett sein.

Aber ist das Wort Gottes immer so nett, wie wir es haben möchten? Wäre das gut?

12 Denn das Wort Gottes ist lebendig und kräftig und schärfer als jedes zweischneidige Schwert und dringt durch, bis es scheidet Seele und Geist, auch Mark und Bein, und ist ein Richter der Gedanken und Sinne des Herzens. 13 Und kein Geschöpf ist vor ihm verborgen, sondern es ist alles bloß und aufgedeckt vor den Augen dessen, dem wir Rechenschaft geben müssen.

Ist das nicht ein furchtbarer Gedanke? Wir sind im Gerichtssaal

und alles wird bis ins Detail aufgedeckt, auch die geheimsten Gedanken, Taten und Wünsche. Und dann kommt das Urteil! Wie wird das sein? Vor einem solchen Gericht kann man Angst bekommen.
Wir haben schon Angst vor einem menschlichen Gericht oder nur ganz allgemein, von anderen beurteilt zu werden. Das kennt fast jeder. Wenn zum Beispiel im Straßenverkehr die Polizei erscheint, beschleicht fast alle Autofahrer die Sorge, sie könnten etwas falsch gemacht haben. Bei Schülern kommt nach einem Test oder in den Zeugnissen das Gericht der Lehrer und Erfahrungen mit dem Richten und Verurteilen unter Menschen durch Gerede, Tratsch und Verleumdung haben auch viele Menschen. Wir haben einfach Angst, dass wir bei einem Urteil schlecht abschneiden und sich das negativ auf unsere Zukunft auswirkt.

Ich frage mich auf der anderen Seite aber, wie Gott das aushält, alles in und unter uns Menschen zu sehen.

Wenn hier bei uns heute alles offengelegt würde, wir würden schreiend auseinanderlaufen und nichts mehr miteinander zu tun haben wollen. Gott sieht und hört alles von allen Menschen und will trotzdem noch etwas mit uns zu haben.
Aber wie soll ich das Gericht Gottes aushalten und damit umgehen?

Nehmen wir ein Beispiel: Wenn an meinem Körper etwas nicht in Ordnung ist und ich zum Arzt gehe, dann habe ich Hoffnung und Angst.

Bei einer Untersuchung habe ich die Hoffnung, dass der Arzt nett ist und aufmunternde Worte sagt, wie zum Beispiel: „Alles halb so schlimm! Das gibt sich von selbst wieder.“ Auf der anderen Seite habe ich Angst, dass er sagt: „Das sieht gar nicht gut aus! Da stimmt etwas nicht. Das müssen wir genau untersuchen und alles offenlegen, zum Beispiel durch Röntgen, Computertomographie, Ultraschall oder eine Operation, also mit dem Skalpell.“ Auch jede Nachuntersuchung beim Arzt empfinde ich wie einen Gerichtstermin.
Wäre die Bibel heute geschrieben worden, würde hier vielleicht stehen: Das Wort Gottes ist schärfer als jedes Skalpell.
Es durchleuchtet und legt alles besser offen als jedes Röntgengerät, Computertomographie oder Ultraschall.
Wie reagiere ich, wenn der Arzt mir sein Urteil verkündet und etwas Unangenehmes sagt.
Sage ich dann: Das finde ich jetzt aber nicht nett. Warum müssen sie so etwas Hartes sagen? Ich erwarte, dass Sie mich beruhigen, trösten und Hoffnung geben? Nein, denn das Urteil des Arztes soll nicht nett sein, sondern es soll mir helfen. Dazu muss es richtig sein, auch wenn es hart ist. Die Diagnose muss stimmen. Nur dann kann er mir helfen.
Die entscheidende Frage ist: Vertraue ich dem Arzt, dass seine Diagnose richtig ist und er mir helfen kann.

Genauso ist es mit dem Wort Gottes! Es ist das beste Diagnosegerät für unsere Seele, weil es wirklich alles durchleuchten und offenlegen kann. Und es trifft die richtige Diagnose.

Es geht nicht darum, dass es unsere moralischen Verfehlungen erkennt. Das kann jeder, sondern es dringt tiefer in unsere Persönlichkeit hinein und erkennt, was an unserer Persönlichkeit verkorkst und krank ist und besser sein könnte, wo und warum wir unnötige Sorgen und Ängste haben, wenn wir unseren Trost und Halt und unsere Freude an der falschen Stelle suchen, zum Beispiel im Beruf, im Geld oder in der Familie; wenn unser Leben in die falsche Richtung geht und wir unsere Erfüllung und den Sinn in falschen Dingen suchen, oder warum wir neidisch sind, gegen andere kämpfen, kein Selbstwertgefühl, haben, dann macht das Wort Gottes uns deutlich, dass das nicht gut ist.
Wenn das Wort Gottes das aufdeckt, kann das sehr unangenehm sein und wehtun.
Aber nur wenn wir uns dem stellen, kann uns geholfen werden, und Gott kann heilen.

Das machen all die Geschichten von Jesus deutlich und Gott sagt in 2. Mose 15, 26: „Ich bin der Herr, dein Arzt.“

Wenn ich ganz geborgen bin in Gottes Liebe, dann brauche ich keine Angst mehr zu haben, gibt es Freude im Leid und einen Trost, der nicht zerbricht. Wenn ich mit Gott lebe, dann finde ich die richtige Erfüllung und den richtigen Sinn im Leben. Gott will uns so verändern und heilen, dass wir seinem Bild entsprechen, das gut ist.

Die Frage ist aber: Wen sehe ich da als meinen Richter?

Wenn ich Gott als jemand sehe, der, mich strafen und zerstören will, wenn ich nicht gut genug bin, dann muss ich wirklich Angst vor Gott haben und man kann mir mit seinem Gericht Angst machen; dann möchte ich am liebsten wenig mit Gott zu tun haben, mich vor ihm verstecken, weglaufen wie Adam und Eva; dann habe ich auch keine Lust, mich mit seinem Wort zu beschäftigen und dann will ich mich vor Gott rechtfertigen: So schlimm ist es nicht; die anderen sind auch nicht besser, das tun doch alle, die Umstände sind schuld, Gott ist schuld oder etwas anderes, nur ich nicht., …

Wenn ich aber in Jesus Gottes Liebe finde, den liebenden himmlischen Vater erkenne, der mich heil machen will, helfen will, liebt, mich in Ordnung bringen will, der es gut mit mir meint, dann gibt es nichts besseres, als zu ihm hinzugehen und zu bitten: Heile mich Herr! Richte mich, bring mich zurecht!

Martin Luther schreibt: „Glauben heißt: Gott Recht geben, sich richten lassen und zurechtbringen lassen.“ Und Jesus sagt in Johannes 3, 18: „Wer an ihn glaubt, der wird nicht gerichtet; wer aber nicht glaubt, der ist schon gerichtet, denn er hat nicht geglaubt an den Namen des eingeborenen Sohnes Gottes.“ Und in Lukas 5,31+32: „Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken. Ich bin nicht gekommen, solche Menschen in Gottes neue Welt einzuladen, bei denen alles in Ordnung ist, sondern solche, die Gott den Rücken gekehrt haben. Sie soll ich dazu aufrufen, ihr Leben zu ändern.“ Und in Johannes 3, 17 sagt Jesus: „Gott sandte den Sohn nicht in die Welt, um die Menschen zu verurteilen, sondern um sie zu retten. Gott hat den Sohn nicht in die Welt gesandt, um die Menschen zu verurteilen, sondern um sie zu retten.“

Wenn ich das für mich so annehme und glaube, dann ist für mich das Wort Gottes das Wertvollste im Leben,

dem ich mich aussetzen kann, von dem ich mich behandeln lassen will, das mich beeinflussen soll, damit Gott mich gesund machen kann.
In der Beichtfeier sagen wir: „Wie du glaubst, so wird dir geschehen.“ Glaubst du Jesus nicht, dass Gott es gut mit dir meint, dich liebt, dann wird es dir so geschehen. Glaubst du aber seiner Liebe in Jesus Christus, dann wird er dir mit Liebe begegnen.

Überlegen Sie, womit Sie zu Gott gehen wollen, damit er alles offenlegt, die richtige Diagnose trifft und Sie heilen kann.
Predigt zu Hebräer 4, 12+13
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