Predigt zu Prediger 3, 1-14 am 21. Sonntag nach Trinitatis

Predigt zu Prediger 3,1-14 Zeit Uhr Zeit haben
Foto: Martina Heins

Ich habe keine Zeit!

Wie oft haben Sie diesen Satz schon gesagt? Aber es stimmt nicht.
Jeder hat 24 Stunden am Tag. Ohne Zeit würden wir nicht leben.

„Zeit ist Geld!“ Den Ausspruch kennen wir auch. Aber das stimmt nur, wenn es uns vor allem ums Geld geht.
Man kann auch sagen: Zeit ist Liebe; Vergnügen; Erfolg. Es kommt darauf an, wofür wir die Zeit nutzen wollen.

Eine andere Redensweise heißt: „Die Zeit verrinnt!“

Das stimmt, aber es kommt auch immer genauso viel neue Zeit, bis zum Tod.

Über Zeit gibt es unheimlich viele Sprüche und Lebensweisheiten.

Das hängt damit zusammen, dass die Zeit unser kostbarstes Gut ist. Zeit haben wir eine ganze Menge: bei 80 Jahren sind es 29.220 Tage, 701.280 Std. 42.076.800 Min. Aber jeder Moment ist einzigartig und nicht wiederholbar: jede Tat, jede Begegnung, jeder Gedanke, jede Hoffnung, jede Trauer, jede Freude.  

Zum Thema „Zeit“ gibt es auch einen wunderbaren Abschnitt im Alten Testament, in Prediger 3, 1-14, den wir jetzt lesen.

1 Ein jegliches hat seine Zeit, und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde: 2 Geboren werden hat seine Zeit, sterben hat seine Zeit; pflanzen hat seine Zeit, ausreißen, was gepflanzt ist, hat seine Zeit; 3 töten hat seine Zeit, heilen hat seine Zeit; abbrechen hat seine Zeit, bauen hat seine Zeit; 4 weinen hat seine Zeit, lachen hat seine Zeit; klagen hat seine Zeit, tanzen hat seine Zeit; 5 Steine wegwerfen hat seine Zeit, Steine sammeln hat seine Zeit; herzen hat seine Zeit, aufhören zu herzen hat seine Zeit; 6 suchen hat seine Zeit, verlieren hat seine Zeit; behalten hat seine Zeit, wegwerfen hat seine Zeit; 7 zerreißen hat seine Zeit, zunähen hat seine Zeit; schweigen hat seine Zeit, reden hat seine Zeit; 8 lieben hat seine Zeit, hassen hat seine Zeit; Streit hat seine Zeit, Friede hat seine Zeit. 9 Man mühe sich ab, wie man will, so hat man keinen Gewinn davon. 10 Ich sah die Arbeit, die Gott den Menschen gegeben hat, dass sie sich damit plagen. 11 Er hat alles schön gemacht zu seiner Zeit, auch hat er die Ewigkeit in ihr Herz gelegt; nur dass der Mensch nicht ergründen kann das Werk, das Gott tut, weder Anfang noch Ende. 12 Da merkte ich, dass es nichts Besseres dabei gibt als fröhlich sein und sich gütlich tun in seinem Leben. 13 Denn ein jeder Mensch, der da isst und trinkt und hat guten Mut bei all seinem Mühen, das ist eine Gabe Gottes. 14 Ich merkte, dass alles, was Gott tut, das besteht für ewig; man kann nichts dazutun noch wegtun. Das alles tut Gott, dass man sich vor ihm fürchten soll.

Alles hat seine Zeit!

Jahreszeiten, im Tagesverlauf vom Aufstehen bis abends, Zeiten des Lebens mit Kindheit, Jugend, Beruf, Beziehungen, Alter, Schönes und Schweres.

Das wissen wir! Aber die Frage ist, ob wir die Zeit, die unterschiedlichen Zeiten auch wirklich leben und erleben?

Ich will es mit einem Vergleich verdeutlichen: Wenn jemand immer nur seine Lieblingsspeise oder ein paar davon isst, dann wird er nie ein Feinschmecker, der den ganzen Reichtum an Speisen zu schätzen weiß.

So hat Gott uns alles Mögliche geschenkt, aber wir verlieren immer mehr das Gefühl für die unterschiedlichen Zeiten, weil wir uns unsere Lieblingszeiten machen.

Die Unterschiede in den Jahreszeiten versuchen wir anzugleichen, in dem wir zum Beispiel immer dieselben Obstsorten zur Verfügung haben wollen und im Winter machen wir Sonnenurlaub oder gehen auf die Sonnenbank. Können wir eigentlich den unterschiedlichen Jahreszeiten auch so noch etwas Positives und Sinnvolles abgewinnen?
Bei den Lebenszeiten ergeht es uns ähnlich: Man muss immer jung sein, also geben sich 70jährige als wären sie 20 und machen sich zu Narren; Kinder wollen so schnell wie möglich Jugendliche sein und helfen mit Kleidung nach; Jugendliche bekommen die Krise, wenn sie 20 werden und alt aussehen darf man auf keinen Fall. Gegen das Alter sollen dann Anti-Aging- Cremes, Bodybuilding,  Perücken oder „die grauen Haare weg-färben“, Fittnessprogramme usw. helfen.
Schweres, Probleme, Risiken lehnen wir sowieso ab. Alles soll leicht sein. Aber vielleicht macht gerade das, was nicht leicht ist, unser Leben reich und tief.

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Foto: Martina Heins
Damit werden wir nie zu „Feinschmeckern der unterschiedlichen Lebens-Zeiten“. Wir schaffen uns unsere Lieblingszeiten künstlich, aber wir verlieren damit die Fülle des Lebens.

Aber alles ist von Gott geschenkte, sinnvolle Zeit, die unser Leben reich machen kann. Jeder Moment, jede Jahreszeit, jede Lebenszeit, auch das Alter ist eine von Gott gegebene besondere Zeit. Dafür können wir danken und sie als besonderes Geschenk und besondere Herausforderung annehmen.


Eine andere Frage lautet: Inwieweit sind wir noch in der Lage, den Augenblick zu leben?

Dazu gibt es eine schöne kurze Geschichte: Ein Schüler fragte einmal seinen Meister, warum dieser immer so ruhig und gelassen sein könne. Der Meister antwortete: „Wenn ich sitze, dann sitze ich. Wenn ich stehe, dann stehe ich. Wenn ich gehe, dann gehe ich. Wenn ich esse, dann esse ich …“ Der Schüler fiel dem Meister in´s Wort und sagte: „Aber das tue ich auch! Was machst Du darüber hinaus?“ Der Meister blieb ganz ruhig und wiederholte wie zuvor: „Wenn ich sitze, dann sitze ich. Wenn ich stehe, dann stehe ich. Wenn ich gehe, dann gehe ich …“ Wieder sagte der Schüler: „Aber das tue ich doch auch!“ „Nein“, sagte da der Meister. „Wenn Du sitzt, dann stehst Du schon. Wenn Du stehst, dann gehst Du schon. Wenn Du gehst, dann bist Du schon am Ziel.“

Das ist besonders in unserer Zeit ein Problem: Wir leben nicht mehr den Augenblick.

Aber jeder Augenblick ist ein einzigartiges Geschenk Gottes, das sinnvoll ist und verdient gelebt und erlebt zu werden, dass unser Leben reicher machen kann, dass wir gestalten und unser Bestes dafür geben sollen und können.

Wir können nicht die ganze Welt gestalten und schon gar nicht die ganze Weltgeschichte.

Das sagt der Prediger in Vers 11 + 14: Das ist Gottes Sache. Unser Mühen dafür ist fruchtlos. Diese Erfahrung machen wir doch täglich, wenn wir Nachrichten sehen und uns Sorgen um alles Mögliche machen.

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Foto: Martina Heins
Aber wir können den Augenblick des Lebens leben, erleben und genießen, wie es in Vers 12 gesagt wird.

Genießen hört sich so lustvoll an, so verschwenderisch. Was wir genießen, das ist für uns kostbar, wertvoll. Dafür sind wir dankbar. Damit gehen wir sehr sorgfältig um, wie zum Beispiel ein kostbarer Wein, eine kostbare Praline oder ein besonderes Erlebnis wie eine besondere Feier oder eine romantische Stunde.

Und darum geht es, dass wir mit der Zeit sorgfältig umgehen,

den Augenblick nicht achtlos behandeln. Unsere Lebenszeit setzt sich aus vielen Augenblicken zusammen. Es bereichert unser Leben, wenn wir den Augenblick auf ganz unterschiedliche Weise leben, den Augenblick dankbar als ein besonderes Geschenk annehmen und den Augenblick im Sinne Jesu gestalten.



In 2. Korinther 6, 4-10 beschreibt Paulus, wie er sich in allen Situationen des Lebens als Diener Gottes erweisen will,

zum Beispiel in Sorgen, Nöten, geschlagen werden, eingesperrt werden, durch Erkenntnis, Geduld, Freundlichkeit, Wirkung des Heiligen Geistes, aufrichtige Liebe, Verkünden der Wahrheit. In jedem Augenblick will er ein Diener Gottes sein, und im Sinne Jesu leben, auch in den schweren Augenblicken.

So kann unser ganzes Leben nur sinnvoll und erfüllt sein und dem Guten dienen, wenn die einzelnen Augenblicke unseres Lebens im Dienst Gottes stehen.
Überlegen Sie einmal, wie Sie die einzelnen Momente des Lebens
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Foto: Martina Heins

Jahreszeiten, Lebenszeiten, Begegnungen, Leid, Freude dankbar als etwas Sinnvolles annehmen und im Sinne Jesus gestalten können, so dass sie dem Guten dienen; welchen Zeiten sie zu viel Gewicht beimessen, weil sie Ihnen zu wichtig erscheinen und welche Zeiten bei Ihnen zu kurz kommen. Das sieht für jeden Menschen sicherlich anders aus. Hier nur einige Beispiele: Wie sieht es bei Ihnen aus, mit der Zeit für geistige und körperliche Fitness, Zeit für den beruflichen Erfolg oder die Begegnungen im Beruf, Zeit für ehrliche Beziehungen zu Menschen oder einfach mal Zeit, um sich selbst zu kümmern, Zeit um die Beziehung zu Gott zu pflegen, zu beten und in der Bibel zu lesen?
Oft meinen wir, unsere Lebenszeit sei zu kurz, aber wie oft verschwenden wir sie, weil wir die ganze Fülle des Lebens nicht leben oder uns in unwichtige Aufgaben ziehen lassen.
Entdecken Sie den Reichtum Ihres Lebens neu, den Gott Ihnen persönlich schenkt und machen Sie Ihr Leben erfüllter und sinnvoller.

Nehmen Sie alles als ein kostbares Geschenk Gottes an! Genießen Sie es!
Gehen Sie sorgfältig und achtsam mit den einzelnen Augenblicken und Ihrer Lebenszeit um.
Erweisen Sie sich in allem als Diener Gottes. Gestalten Sie die einzelnen Augenblicke Ihres Lebens im Sinne Jesu!
Predigt zu Prediger 3, 1-14
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