Predigt zu Galater 5, 1-6 am Reformationsfest
Was muss ich tun, damit ich in den Himmel komme; damit Gott für mich die Tür zu sich öffnet und ich hier im Leben und danach in der Ewigkeit mit ihm leben kann?
Martin Luther quälte sich mit der Frage: „Wie bekomme ich einen gnädigen Gott?“ Er wollte sicher sein, dass Gott für ihn und nicht gegen ihn ist. Wie kann ich sicher sein, dass Gott für mich ist?
Ist diese Frage noch wichtig? Welche Rolle spielt diese Frage in Ihrem Leben?
Für viele Menschen ist die Frage, wie schaffe ich es, dass mein Leben hier gut verläuft, anscheinend viel wichtiger:
Was muss ich tun, damit es in der Familie, mit Freunden, bei der Arbeit, mit der Gesundheit oder in anderen Bereichen gut und erfolgreich läuft?
Aber wenn es um Gott und die Ewigkeit geht, werden viele Menschen unsicher:
Viele denken, man weiß ja sowieso nicht genau, ob das alles stimmt. Und wenn es stimmt, wird es schon irgendwie gut gehen. So ein ganz schlechter Mensch bin ich ja auch nicht, guter Durchschnitt. Also werde ich dann wohl dabei sein. Und es heißt ja auch, dass Gott Liebe ist. Also ist Gott ja fast verpflichtet, mich in den Himmel aufzunehmen. Alles andere wäre doch nicht gerecht, oder?
Selbst angesichts des Sterbens drücken sich viele um die Frage herum, ob jemand in den Himmel kommt oder in die Hölle. Sie denken einfach: Irgendwie wird es schon gut gehen und irgendwie werden wohl alle, alle in den Himmel kommen.
Und wenn es um die Kirche geht, fragen die meisten Menschen nicht, ob sie dort eine Antwort auf die Frage nach der Ewigkeit finden, sondern ob die Kirche einen Event liefert, der Gottesdienst ihnen gefällt, der Pastor nett ist und die Aktivitäten Spaß machen.
Trotzdem bleibt dies die entscheidende Frage: Ist Gott für mich, wie kann ich da sicher sein?
Überlege einmal, was das bedeuten würde, wenn Gott gegen dich wäre:
Du hättest einen übermächtigen Gegner, Gott, der mit dir machen kann, was er will. Es gäbe für dich keinen verlässlichen Halt, keine Geborgenheit, kein Trost. Du wärst allen feindlichen Mächten schutzlos ausgeliefert, und auch Gott wärst du schutzlos ausgeliefert. Im Sterben gäbe es keine Hoffnung, denn gegen Tod und Teufel und gegen Gott hast du keine Chance.
Deshalb sollte diese Frage jeden Menschen solange umtreiben, bis er eine Antwort gefunden hat:
Was muss ich tun, was muss passieren, damit Gott für mich ist und kann ich darin Gewissheit haben? Luthers Frage nach dem gnädigen Gott ist auch heute noch für jeden Menschen von entscheidender Bedeutung.
Das ist die entscheidende Frage der Bibel, mit der auch Paulus sich auseinandersetzt.
Wir lesen dazu aus Galater 5, 1-6:
1 Christus hat uns befreit; er will, dass wir jetzt auch frei bleiben. Steht also fest und lasst euch nicht wieder ins Sklavenjoch einspannen! 2 Ich, Paulus, sage euch mit aller Deutlichkeit: Wenn ihr euch beschneiden lasst, dann wird Christus und alles, was er gebracht hat, für euch nutzlos sein. 3 Ich sage noch einmal mit Nachdruck jedem, der sich beschneiden lässt: Er verpflichtet sich damit, das ganze Gesetz zu befolgen. 4 Wenn ihr wirklich vor Gott als gerecht bestehen wollt, indem ihr das Gesetz befolgt, habt ihr euch von Christus losgesagt und die Gnade vertan. 5 Wir dagegen leben aus der Kraft des Heiligen Geistes und setzen alles auf Glauben und Vertrauen, und so erwarten wir das Ziel, auf das wir hoffen dürfen: dass wir vor Gott als gerecht bestehen und das Heil erlangen werden. 6 Wo Menschen mit Jesus Christus verbunden sind, zählt nicht, ob jemand beschnitten ist oder nicht. Es zählt nur der vertrauende Glaube, der sich in tätiger Liebe auswirkt.
Es gibt nur diese beiden Wege:
Der eine Weg geht über deine Leistung:
Dass Gott für dich ist, versuchst du dadurch zu erreichen, dass du gut bist, Gott etwas vorweisen kannst. Das ist der Weg aller Religionen, in denen es heißt: Tue gute Werke, opfere, erfülle religiöse Vorschriften, dann wird Gott mit dir zufrieden sein und sonst bestraft er dich. Das ist auch der Weg des modernen Menschen, der meint, so schlecht bin ich ja gar nicht, es wird schon irgendwie gut gehen. Gott wird mein Bemühen um ein anständiges Leben schon honorieren.
Der andere Weg ist, beschenkt zu werden:
Du verbindest dich mit Jesus und nimmst das Geschenk an, dass Gott dir in Jesus macht. Aus lauter Liebe nimmt er dich an, wenn du zu Jesus gehörst. Diese Erkenntnis hat Martin Luther befreit und seinen Glauben erneuert. Von der Liebe Christi überwältigt bekomme ich neues Leben, eingehüllt in den Mantel Christi. Das gibt mir Gewissheit im Leben und Sterben, wie Paulus sagt „nichts kann mich trennen von der Liebe Gottes.“ und „Ist Gott für mich, wer kann gegen mich sein!“ (Römer 8, 31-39).
Nun gab es in den ersten Gemeinden Christen, die sagten, du musst beides:
Du musst bestimmte Gesetze erfüllen, um Gott zu beweisen, dass du gut bist. Hier ging es um die Beschneidung als Zeichen, dass jemand zum Volk Gottes gehörte. Und auf der anderen Seite musst du an Jesus glauben. Das ist auch die Überzeugung vieler Christen heute: ein bisschen anständig, ein bisschen fromm und ein bisschen Vergebung durch Jesus, dann wird es schon irgendwie gut gehen.
Paulus sagt in unserem Text ganz entschieden: Beides geht nicht!
Entweder du versuchst es dadurch, dass du Gott etwas vorweisen willst. Aber dann musst du auch alle Gesetze befolgen und darfst keine Sünde begehen. Dann musst du diese Last, diese Knechtschaft auf dich nehmen, dass du es jeden Tag und zu jeder Stunde Gott beweisen musst und Gott dich danach richtet. Oder du erkennst Gottes Urteil über dich an, dass nichts, was du tust und bist, vor Gott wirklich bestehen kann, dass du verloren bist und du nichts dafür tun kannst, dass Gott für dich ist. So, wie du bist, ist er gegen dich.
Deine einzige Chance ist Jesus, dass er dich annimmt und dich in Gottes Gemeinschaft bringt.
Nur durch ihn wird Gott für dich sein. Aber dann klammere dich an Jesus, als wäre es der letzte Halt in einem reißenden Strom. Sauge sein Wort auf, als wäre es die einzige Medizin, die dich am Leben erhalten kann. Setze dein ganzes Leben voller Vertrauen auf die eine Karte: Jesus! Setze deine ganze Kraft, deine Leidenschaft dafür ein, mit Christus verbunden zu sein.
Paulus betont immer wieder: Im Glauben an Jesus kann und muss ich nicht beweisen, dass ich gut bin, sondern da gilt nur dieses bedingungslose und grenzenlose Vertrauen zu Jesus und die Liebe, seine Liebe zu mir und meine Liebe zu ihm.
Diese Erkenntnis hat Martin Luther zur Erneuerung der Kirche geführt.
Er war davon überzeugt, dass alles, was sich im Leben der Kirche dem entgegenstellt, dass es allein um Christus geht, muss entfernt werden. Alles, was das fördert, muss gestärkt werden.
Und auch heute ist eine Erneuerung notwendig! Aber wie?
Wir können vieles machen, vieles verändern: andere Gottesdienste feiern, mehr Werbung machen, zusätzliche Aktivitäten anbieten, alte Musik besser darbieten und neue Musik einbauen, Strukturen verändern und mehr Fachleute einbauen. Wir können vieles, und vielleicht erreichen wir dadurch auch viele Menschen. Aber bei der ersten härteren Prüfung wird von alledem nur ein loderndes Strohfeuer übrig bleiben.
Entscheidend wird sein, ob in unserer Mitte eine neue brennende Leidenschaft für Jesus entsteht,
eine Leidenschaft, die den Wunsch, zu Christus zu gehören, über alles andere stellt; eine Leidenschaft, um sein Wort zu hören, zu verstehen und danach zu leben; eine Leidenschaft nach seiner Liebe und in dieser Liebe zu leben; eine Leidenschaft, ihm zu folgen, auch wenn es Leid bedeutet.
Und dann lasst uns im eigenen Leben und in den Gemeinden alles wegtun, was dem Wirken Jesu entgegensteht, und alles stärken, was sein Wirken unter uns fördert.
Ob wir in die Ewigkeit kommen, ob es eine Erneuerung der Kirche gibt, hängt davon ab, ob wir uns umtreiben lassen, begeistern und überwältigen lassen von der Liebe Jesu und wir dann durch seine Kraft in seiner Liebe leben.