Predigt zu Lukas 18, 1-8 am drittletzten Sonntag im Kirchenjahr
1 Mit einem Gleichnis zeigte Jesus seinen Jüngern, den Männern und Frauen, dass sie immer beten müssen und darin nicht nachlassen dürfen. Er erzählte: 2 »In einer Stadt lebte ein Richter, der nicht nach Gott fragte und alle Menschen verachtete. 3 In der gleichen Stadt lebte auch eine Witwe. Sie kam immer wieder zu ihm gelaufen und bat ihn: ‚Verhilf mir zu meinem Recht!‘ 4 Lange Zeit wollte der Richter nicht, doch schließlich sagte er sich: ‚Es ist mir zwar völlig gleichgültig, was Gott und Menschen von mir halten; 5 aber weil die Frau mir lästig wird, will ich dafür sorgen, dass sie ihr Recht bekommt. Sonst kratzt sie mir noch die Augen aus.’« 6 Und der Herr fuhr fort: »Habt ihr gehört, was dieser korrupte Richter sagt? 7 Wird dann nicht Gott erst recht seinen Erwählten zu ihrem Recht verhelfen, wenn sie Tag und Nacht zu ihm schreien? Wird er sie etwa lange warten lassen? 8 Ich sage euch: Er wird ihnen sehr schnell ihr Recht verschaffen. Aber wird der Menschensohn, wenn er kommt, auf der Erde überhaupt noch Menschen finden, die in Treue auf ihn warten?«
Mit diesem Text verbinde ich eine persönliche humorvolle Erinnerung.
Vor über 30 Jahren bat ich für eine Großveranstaltung den damaligen Bundespräsidenten Richard v. Weizäcker um die Schirmherrschaft dieser Veranstaltung. Wie erwartet, sagte er in einem freundlichen Schreiben ab. Ich habe ihm mit Vers 4 aus unserem Abschnitt geantwortet. In seiner Antwort meinte er dann, dass man nicht alle biblischen Prinzipien auch auf die Politik übertragen könne. Er schickte dann aber doch freundlicher Weise ein schriftliches Grußwort.
Später erst habe ich gemerkt, dass ich den Text falsch verstanden hatte.
Es geht hier nicht darum, dass wir nur genug bei Gott betteln müssen, sondern es geht um unsere Treue, unser Durchhaltevermögen im Glauben.
Wenn wir Jesus begegnen werden, entweder wenn er am Ende der Welt wiederkommt oder nach unserem Sterben, wird er dann über uns sagen können: Du warst treu!
Treue und Durchhaltevermögen heißt: langfristig zu etwas stehen, dran bleiben, auch wenn es manchmal mühsam und schwer ist und keinen Spaß macht.
Das ist für uns heute ein Problem, da unser Leben heute ganz anders verläuft:
Früher hat man sein Telefon bei der Post angemeldet und ist sein ganzes Leben dabei geblieben. Genauso war es mit dem Stromanbieter, mit Freunden, dem Wohnort, der Bank, dem Arbeitsplatz, der Kirchengemeinde und in anderen Bereichen. Ein Wechseln fand nicht statt. Man blieb auch 50 oder 60 Jahre in derselbe Gruppe oder demselben Verein. Darüber hat man nicht viel nachgedacht. Es war einfach so.
Heute gibt es unzählig viele, vielleicht zu viele verschiedene Angebote für alle Bereiche des Lebens. Man prüft sie intensiv, verschafft sich Informationen, und wenn etwas Besseres und Interessanteres kommt, wechselt man.
Ich will das nicht bewerten, denn es gibt auch eine falsche Treue, wenn man an etwas festhält, was negativ ist und das Leben zerstört. Heute ist die Treue, das heißt lange an etwas dran bleiben, nicht mehr selbstverständlich. Ich muss ständig entscheiden, wo ich etwas loslassen muss und woran ich festhalten muss.
Genauso gehen viele mit dem Glauben und der Beziehung zu Jesus um. Solange alles gut läuft bleiben sie dran, und wenn dann etwas anderes besser erscheint, wechseln sie ihre religiösen Ansichten. Aber genau das soll ich nicht nach Bequemlichkeit oder einem momentanen Gefühl entscheiden, sondern ich soll dran bleiben.
Jesus macht hier deutlich: Gott ist treu. Auf ihn könnt ihr euch verlassen.
Wenn schon ein ungerechter Richter seine Hilfe in der Not nicht verweigert, wie viel mehr wird Gott für euch da sein, wenn ihr ihn braucht.
Manchmal denken wir: Gott hilft nicht, wenn wir in Not sind, weil er nicht sofort das tut, was wir uns wünschen und seine Antwort anders ausfällt oder er manchmal scheinbar schweigt. So denken viele: Gott ist weit weg. Was hat der schon für eine Bedeutung für mein Leben, für meine Sorgen und Freuden oder was mich sonst bewegt. Dafür interessiert er sich doch gar nicht.
Jesus sagt hier: Zweifelt nicht an Gottes Treue.
Er sieht euch, er weiß, wie es euch geht und am Ende wird er denen helfen, die zu ihm gehören. Manchmal erfahren wir diese Hilfe schon im Leben, wenn nach einem langen Problem plötzlich eine Lösung kommt. Spätestens aber in der Ewigkeit werden die, die zu ihm gehören, erfahren, dass es richtig war, zu Jesus zu gehören und treu zu ihm zu stehen.
Die Bibel ist voll von Aussagen über die Treue Gottes, zum Beispiel wenn Jesus in Lukas 21, 33 sagt: „Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte bleiben in Ewigkeit.“, oder wenn Gott durch Jesaja sagen lässt in Jesaja 54, 10: „Es sollen wohl Berge hinfallen und Hügel weichen, aber meine Gnade soll nicht von dir weichen.“ Jesus hat die Treue gezeigt bis zum Tod am Kreuz. Er hat in der Treue nicht nachgelassen, gegenüber Gott und für uns.
Aber nun fragt Jesus uns: Seid ihr, bist du denn treu zu Gott?
Die Treue zeigt sich darin, dass wir die Beziehung zu Jesus pflegen.
Beziehungen zu Freunden und in der Familie pflegen wir, indem wir miteinander reden, Vertrauen schaffen und füreinander da sind. Gott redet zu uns in seinem Wort und durch viele Ereignisse, aber hören wir hin und reden wir mit Gott? Bleiben wir auch dran, wenn Gott nicht sofort unsere Gebete erhört? Sind wir für ihn da, so wie er für uns da ist, auch wenn es Nachteile bringt? Zeigen wir Jesus, dass er uns vertrauen kann und wir ihm vertrauen?
Wenn wir Jesus nicht von ganzem Herzen vertrauen, dann ist es natürlich, dass wir unsere eigenen Wege gehen, woanders unseren Halt, Orientierung und Hoffnung suchen und in Distanz zu ihm leben. Wenn wir ihm vertrauen, dann sehnen wir uns nach der Gemeinschaft mit ihm.
Eine heile Beziehung zu Jesus ist die richtige Nahrung für unsere Seele.
Bei ihm bekommen wir Energie, Mut, Hoffnung, die innere Power für unser Leben. Wir tun viel, um unseren Körper und Geist fit zu halten. Wir laufen, gehen ins Fitnessstudio, essen gesund und trainieren unseren Geist durch geistige Anstrengung. Das ist uns wichtig und es ist auch wichtig. Manchmal genießen wir es, manchmal haben wir keine Lust, aber wir tun es trotzdem. Wie viel wichtiger ist es, dass wir die Beziehung zu Jesus pflegen, treu und zuverlässig sind, damit sie uns durchträgt, Kraft und Mut gibt durch das Leben bis in die Ewigkeit.
Treu sein im Glauben bedeutet auch, dass wir im Alltag nach dem handeln, was Jesus uns sagt.
Es gibt jeden Tag viele Situationen, in denen wir uns entscheiden müssen, wie wir handeln, zum Beispiel im Umgang mit anderen Menschen in der Familie, Schule oder am Arbeitsplatz, in der Frage, wie wir umgehen mit unserer Zeit, unserem Geld, Gaben und Fähigkeiten, aber auch wie gehe ich mit mir selbst um und dem, was ich habe, was Gott mir anvertraut hat. Die Frage ist: Nach welchen Werten entscheiden wir dann, auf wen hören wir? Richte ich mich dann nach dem, was Jesus mir sagt, oder wonach?
Ich will es an einem Beispiel aus meinem Leben verdeutlichen:
Nach einer Operation musste ich jeden Tag 3 mal 30 Minuten gehen. Ich hatte dafür eigentlich keine Zeit, aber ich tat es, weil der Arzt es gesagt hatte. Es machte mir keinen Spaß bei Regen und Wind, immer die gleiche Strecke, aber ich tat es, weil er gesagt hatte, dass es nötig ist, damit ich wieder gesund werde. Der Erfolg war auch nicht sofort sichtbar, aber langfristig hat es sich gelohnt. Das wusste ich damals natürlich noch nicht, aber ich tat es trotzdem.
Wie viel mehr sollte ich doch auf Jesus hören und darauf vertrauen, dass es gut ist, was er sagt, für mich und für andere.
Es ist wichtig, dass wir als Christen Zeichen unserer Treue zu Jesus im Alltag setzen.
Andere Menschen werden auf die Botschaft Jesu nur aufmerksam, wenn wir das als Christen durch unser Handeln und Reden im Alltag bezeugen. Und auch Jesus kann uns doch nur glauben, dass wir treu zu ihm stehen, wenn wir das auch zeigen.
Diese Treue im Glauben zeigen ist nicht immer einfach.
Es gelingt uns nicht immer, wir versagen, sind zu schwach oder bequem. Die Frage ist aber, ob es tief in unserem Herzen unser sehnlichster Wunsch ist, treu zu Jesus zu stehen. Wir haben einen so wunderbaren Herrn, der so viel für uns getan hat, bei uns ist, treu zu uns steht und uns am Ende eine Ewigkeit bei Gott schenkt. Macht es Sie da nicht traurig, wenn sie es nicht schaffen, treu zu sein? Und wollen Sie nicht von ganzem Herzen jeden Tag neu alles dran setzen, ihm Ihre Treue im Glauben zu zeigen?
Im Anschluss an unseren Abschnitt kommt die Geschichte vom selbstgerechten Pharisäer und dem Zöllner; der eine fühlte sich gerecht, aber hatte keine Sehnsucht nach der Liebe Gottes; der andere fühlte sich unvollkommen, aber er hatte die Traurigkeit und Sehnsucht. Und Jesus sagt: Der wird bei Gott angenommen werden.