Predigt zu Epheser 6, 10-18a am 21. Sonntag nach Trinitatis
10 Noch ein letztes Wort: Werdet stark durch die Verbindung mit dem Herrn! Lasst euch stärken von seiner Kraft! 11 Legt die Waffen an, die Gott euch gibt, dann können euch die Schliche des Teufels nichts anhaben. 12 Denn wir kämpfen nicht gegen Menschen. Wir kämpfen gegen unsichtbare Mächte und Gewalten, gegen die bösen Geister, die diese finstere Welt beherrschen. 13 Darum greift zu den Waffen Gottes! Wenn dann der schlimme Tag kommt, könnt ihr Widerstand leisten, jeden Feind niederkämpfen und siegreich das Feld behaupten.
14 Seid also bereit! Legt die Wahrheit als Gürtel um und die Gerechtigkeit als Panzer an. 15 Bekleidet euch an den Füßen mit der Bereitschaft, die Gute Nachricht vom Frieden mit Gott zu verkünden. 16 Vor allem haltet das Vertrauen auf Gott als Schild vor euch, mit dem ihr alle Brandpfeile des Satans abfangen könnt. 17 Die Gewissheit eurer Rettung sei euer Helm und das Wort Gottes das Schwert, das der Geist euch gibt. 18 Betet dabei zu jeder Zeit und bittet Gott in der Kraft seines Geistes.
Dieser Abschnitt erscheint auf den ersten Blick sehr kriegerisch. Deshalb können manche damit wenig anfangen. Paulus benutzt das Bild von der Kleidung und den Waffen eines römischen Soldaten. Für die damalige Zeit war das Bild verständlich und nicht anstößig.
Wenn man sich ansieht, was Paulus aussagen will, wie er das Bild auf den christlichen Glauben überträgt, dann ist der Abschnitt alles andere als gewalttätig.
Der Gürtel ist die Wahrheit, der Panzer die Gerechtigkeit, also das, was wir nicht selbst tun, sondern Gottes Wahrheit und Gerechtigkeit, die er uns schenkt. Der Fußschutz ist die Bereitschaft das Evangelium vom neuen Frieden mit Gott zu verkünden, das Schild ist das Vertrauen auf Gott, der Glaube an Jesus, denn er ist unser Schutz. Der Helm ist die Gewissheit der Rettung, das wir zu Gott gehören im Leben und für die Ewigkeit, und das Schwert ist das Wort Gottes, das wir durch den Heiligen Geist erkennen.
Alle Bilder weisen nicht auf menschliche Stärke oder Willen, nicht auf das, was wir können und womit wir andere besiegen können, sondern auf Gott und das, was er uns in Jesus gibt. Es geht in keinster Weise um einen physischen gewaltsamen Kampf, sondern um eine ganz andere Auseinandersetzung.
Worum es eigentlich geht, beschreibt Paulus schon in Epheser 4, 17:
„Das aber sage ich euch im Auftrag des Herrn mit allem Nachdruck: Ihr dürft nicht mehr wie die Menschen leben, die Gott nicht kennen und deshalb von ihrem verkehrten Denken in die Irre geführt werden.“ Und in Epheser 4, 24: „Zieht den neuen Menschen an, den Gott nach seinem Bild geschaffen hat und der gerecht und heilig lebt aus der Wahrheit Gottes, an der nichts trügerisch ist.“
Der Christ soll durch sein ganzes Leben dazu beitragen, dass die Welt von Gottes Geist durchdrungen wird. Als Ebenbilder Gottes sollen wir leben und in die Welt hineinwirken, so wie Jesus es an vielen Stellen in seinen Liebesgeboten zum Ausdruck bringt. Im Epheser-Brief beschreibt Paulus dann noch, wie das in verschiedenen Bereichen aussehen soll. In unserem Abschnitt sehen wir dann eine Zusammenfassung und eine Steigerung, dass wir in allen Bereichen des Lebens und der Welt so leben sollen.
Paulus ist davon überzeugt, dass es in der Welt zwei entgegengesetzte Bereiche gibt:
Zum einen die „Welt“,
womit Paulus die Menschen fern von Gott meint, die sich nicht dem Einfluss Gottes aussetzen, sondern sich von anderen Einflüssen bestimmen lassen. „Welt“ ist für Paulus der von Gott getrennte Einflussbereich. Es geht Paulus zuallererst nicht darum, diesen Bereich über das moralische Verhalten zu definieren und die Menschen als moralisch schlecht darzustellen, sondern es geht ihm zunächst darum, dass dieser Bereich sich nicht von Gottes Geist bestimmen lässt, was in der Folge natürlich auch moralische Auswirkungen hat.
Auf der anderen Seite ist das Reich Gottes, wo Gott regiert im Himmel und auf der Erde:
Zu diesem Bereich gehören Menschen durch den Glauben an Jesus, die sich durch Jesus vom Geist Gottes bestimmen und prägen lassen. Jesus sagt in Johannes 17 über seine Jünger, dass sie noch in der Welt sind, aber nicht mehr zur Welt dazugehören, sondern zu Gott.
Zwischen beiden Bereichen oder Reichen ist die Sünde.
Das Wort „Sünde“ kommt von „Sund“ und bedeutet „tiefer Graben“. Dieser unüberwindliche Graben zwischen Gott und Menschen ist für Paulus die eigentliche Sünde. Es hat also zunächst nichts mit moralischem Verhalten zu tun, sondern das moralische Verhalten ist nur die Folge der Zugehörigkeit zur Welt oder zum Reich Gottes.
Nun ist Jesus gekommen, um Gottes Welt, Gottes Reich in diese Welt zu bringen.
Der Auftrag für Christen lautet: Ihr sollt die Welt Gottes zu den Menschen bringen und diese Welt mit dem Geist Gottes durchdringen mit eurem ganzen Leben. Es ist kein Aufruf, sich moralisch zu verbessern oder sich mehr anzustrengen, sondern sich der Herrschaft Jesu und seinem Reich zu unterstellen, weil wir erfahren haben, dass es bei Jesus etwas Besseres für Menschen gibt als das, was die Welt zu bieten hat.
Für Paulus leben wir als Christen in dieser geistigen Auseinandersetzung zwischen beiden Welten,
nicht in einer Auseinandersetzung von Meinungen oder Weltanschauungen, sondern von geistigen übermenschlichen Mächten auf der einen und der anderen Seite.
Gibt es diese übermenschlichen geistigen Mächte zwischen Himmel und Erde?
Jedem von der Aufklärung bestimmten Menschen sträuben sich die Haare. Aber ist die Aufklärung die ganze Wahrheit oder nur ein historisch notwendiger Gegenschlag zu kirchlichen Denkverboten der Vergangenheit. Ein sehr beliebter Tauf- und Konfirmationsspruch steht in Psalm 91,11 „denn er hat seinen Engeln befohlen, dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen.“ Viele Menschen haben die Hoffnung, dass es gute Mächte gibt, die uns beschützen, nicht mit langen Gewändern und weißen Flügeln, aber vielleicht gibt es doch mehr zwischen Himmel und Erde, als unser aufgeklärtes Denken meint.
Gibt es dann aber nicht auch die bösen Mächte, den Teufel?
Die Antwort darauf ist kein Glaubensgrundsatz. Im Glaubensbekenntnis steht davon nicht. Es geht ja beim Glauben auch nicht um ein Für-wahr-Halten, sondern um Vertrauen. Vertrauen sollen wir dem Teufel nicht, aber Für-wahr-halten kann man ihn schon.
Christen in allen Jahrhunderten sind davon ausgegangen, dass es diese böse Macht als Gegenmacht zu Gott gibt.
Wir sehen es auch bei Jesus in der Versuchungsgeschichte, wenn er böse Geister austreibt oder als sein Gegenspieler auftritt.
Martin Luther erzählt: Als der Teufel ihn zur Verzweiflung treiben will, beruft er sich auf Gottes Wort und Zusage in der Taufe „Ich bin ein Kind Gottes“ und dann lässt der Teufel von ihm ab. Weiter sagt Luther: „Wenn der Teufel ums Haus schleicht, rufe ich laut „Luther ist nicht hier, hier ist nur Jesus Christus“- und dann lässt der Teufel von ihm ab. Auch große Theologen des 20. Jahrhunderts gehen von der Existenz der bösen Mächte aus.
Wie auch immer Sie diese Macht verstehen wollen, Paulus sagt: Es gibt diese Macht,
die Menschen davon abhält, an Jesus zu glauben und sich von ihm prägen zu lassen, die die Christen daran hindern will, ihren Glauben überzeugend zu leben, nicht nur als innere Anfechtung und Versuchung, sondern auch als reale geistige Auseinandersetzung in der Welt.
Und Paulus ist davon überzeugt, dass der Mensch alleine nicht in der Lage ist, diese Macht zu besiegen.
Deshalb fordert er die Christen immer wieder auf, die Verbindung zu Christus zu suchen und zu festigen.
In dem Kinofilm über Martin Luther sagt der Seelsorger Luthers zu ihm: „Kämpfe nicht gegen den Teufel. Er hat mehrere tausend Jahre Erfahrung. Schau auf Christus, auf den Gekreuzigten. Dort findest du die Antwort auf deine Fragen.“
Der Teufel sucht immer unsere Schwachstellen, wo wir angreifbar sind. Aber mit Jesus gilt die Botschaft: Hab keine Angst, auch nicht vor bösen Mächten. Jesus selbst sagt in Johannes 16: „In der Welt habt ihr Angst, aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.“
Und im Lied Luthers „Ein feste Burg ist unser Gott“ heißt es: „Und wenn die Welt voll Teufel wär und wollt uns gar verschlingen, so fürchten wir uns nicht so sehr, es muss uns doch gelingen.“
Christus ist stärker. Das ist immer wieder die Botschaft der Bibel.
Die Botschaft von Ostern bezeugt, dass der, der scheinbar unterlegen war, doch gesiegt hat, Christus. Und Paulus bekennt in 1. Korinther 15, 57: „Gott sei Dank, der uns den Sieg gibt in Jesus Christus, unserem Herrn.“
Was dieser Sieg Jesu bedeutet, wird uns erst richtig deutlich,
wenn wir diese Auseinandersetzung sehen und unsere Ohnmacht darin erkennen; wenn wir erkennen, wie großartig es ist, dass wir zu Jesus gehören dürfen.
Darauf bauen wir, nicht auf unsere Stärke oder moralisches Gutsein, wenn es um die Rettung für die Ewigkeit geht; wenn es darum geht, dass wir hier in der Gemeinschaft mit Gott gehalten werden, wenn es um die geistliche Auseinandersetzung geht.
Mit Jesus brauchen wir keine Angst zu haben, vor nichts und niemand.
Paulus schreibt in Römer 8, 39: „Nichts kann uns trennen von der Liebe Christi.“ Und Jesus sagt in Johannes 10, 28 über die, die zu ihm gehören: „Niemand kann sie aus des Vaters Hand reißen.“
Deshalb sagt Paulus: Werdet stark durch die Verbindung mit Jesus durch die „Waffenrüstung“ Gottes, wie sie in den Versen 14-17 beschrieben wird, und durch das Gebet, wozu er uns in Vers 18a auffordert.
Sucht die Verbindung zu Jesus,
denn mit ihm werdet ihr durchgetragen durch alle Gefahren bis in die Ewigkeit. Durch die Verbindung zu ihm könnt ihr den Geist Gottes in die Welt bringen, mit Jesus das Reich Gottes in der Welt bauen.