Predigt zu Johannes 12, 12-19 am Sonntag Palmarum

Waren Sie schon einmal enttäuscht von Gott, bzw. von Jesus, oder schon öfter in Ihrem Leben?

Viele Menschen haben den Glauben an Jesus verloren, weil sie von Gott enttäuscht sind. Sie sagen: Ich habe gebetet für meinen kranken Vater, einen guten Freund, eine neue Arbeit, etc.,  und Gott hat nichts getan. Ich habe auf Gott gehofft, ihm vertraut, aber es ist nichts passiert. Es gab keine  Hilfe. Ich kenne persönlich diese Enttäuschung gegenüber Gott aus zahlreichen Erfahrungen.
Und in manchen Gesprächen denke ich: Hoffentlich wirst du nicht von Gott enttäuscht, wenn jemand sagt: „Ich habe gebetet und bin ganz sicher, dass Gott mir helfen wird.“ Wie geht derjenige damit um, wenn die Hilfe Gottes ausbleibt?

In dem Bibelabschnitt für heute erleben wir Menschen, die noch ganz begeistert sind von Jesus,  aber schon einige Tage später sind sie bitter enttäuscht.

12 Als am nächsten Tag die große Menge, die aufs Fest gekommen war, hörte, dass Jesus nach Jerusalem kommen werde, 13 nahmen sie Palmzweige und gingen hinaus ihm entgegen und schrien: Hosianna! Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn, der König von Israel! 14 Jesus aber fand einen jungen Esel und setzte sich darauf, wie geschrieben steht: 15 »Fürchte dich nicht, du Tochter Zion! Siehe, dein König kommt und reitet auf einem Eselsfüllen.« 16 Das verstanden seine Jünger zuerst nicht; doch als Jesus verherrlicht war, da dachten sie daran, dass dies von ihm geschrieben stand und man so an ihm getan hatte. 17 Die Menge aber, die bei ihm war, als er Lazarus aus dem Grabe rief und von den Toten auferweckte, bezeugte die Tat. 18 Darum ging ihm auch die Menge entgegen, weil sie hörte, er habe dieses Zeichen getan. 19 Die Pharisäer aber sprachen untereinander: Ihr seht, dass ihr nichts ausrichtet; siehe, alle Welt läuft ihm nach.

Jesus wird als neuer König von Israel begrüßt.  

Als Zeichen für den Empfang des neuen Königs in Jerusalem begrüßen sie ihm mit Palmenzweigen. Das war damals üblich, wenn ein neuer König in Jerusalem begrüßt wurde. Sie hoffen, dass Er das Volk Israel von der Unterdrückung durch die Römer befreit, dass Er Frieden und Gerechtigkeit für alle bringt, dass Er Menschen gesund macht und jedes Leid beseitigt. Und sie hoffen nicht zu Unrecht, denn Jesus hatte seine Macht an vielen Stellen gezeigt, zuletzt erst in der Auferweckung des Lazarus von den Toten. Und er hatte auch gezeigt, dass er seine Macht zum Wohl der Menschen einsetzt, z. B  bei Krankenheilungen. Es ist doch völlig verständlich, dass die Menschen so große Hoffnung in Jesus setzen.
Auch heute gibt es viele Erzählungen von Wundern und Zeichen seiner Macht. Viele Christen glauben: Wenn ich nur richtig und mit genügend Glaubenskraft bete, dann hilft Jesus mit seiner Macht.

Aber dann ist da die große Enttäuschung der eben noch jubelnden Menschen.

Nichts von alledem, was sie sich von Jesus erhofften, geschieht. Jesus lässt sich wehrlos gefangen nehmen, anspucken, verspotten, schlagen und töten. Petrus will Jesus mit Macht verteidigen und zieht das Schwert, aber Jesus will das nicht. Judas will Jesus unter Druck setzen. Er denkt: Wenn ich Jesus verrate, dann wird er endlich zeigen, was in ihm steckt, was er kann. Aber Jesus wehrt sich nicht. Was für eine Enttäuschung und was für eine Blamage? Sie hatten sich zu Jesus gehalten, hatten ihm zugejubelt, ihm geglaubt, Und wie stehen sie jetzt da? Die anderen machen sich lustig über sie, verspotten sie.

Sie sind bitter enttäuscht von Jesus:

Petrus ist völlig durcheinander und leugnet, ihn zu kennen.  Judas ist so verzweifelt, dass er sich erhängt. Viele ziehen sich einfach zurück und wollen nichts mehr davon wissen. Und eine große Menge schreit. „Kreuzige ihn!“
Und so reagieren auch heute noch Menschen, wenn sie von Jesus enttäuscht sind: Einige ziehen sich zurück, andere behaupten, nie an Jesus geglaubt zu haben und wieder andere reden gegen den Glauben oder machen sich darüber lustig.
Wir kennen das aus anderen Bereichen, dass Enttäuschung zur totalen Ablehnung führt, z. B. wenn ein Verliebter feststellt, dass seine Angebetete ganz anders ist, als er gedacht hat; in Ehe und Freundschaften, am Arbeitsplatz oder zwischen Schülern und Lehrern.

Es gibt aber noch eine andere Möglichkeit, mit Enttäuschung umzugehen. Können Sie sich vorstellen, dass Jesus die Menschen damals und heute ganz bewusst enttäuscht?

Enttäuscht werden ist eigentlich etwas Positives,

denn eine Enttäuschung befreit mich von einer Täuschung. Vorher unterlag ich einer Täuschung. Ich hatte mir von dem anderen Menschen ein Bild nach meinen Wünschen zurechtgelegt. Das passiert Verliebten häufig, „Liebe macht blind“, man sieht das, was man sehen will.
Wenn wir enttäuscht worden sind, sehen wir die Wirklichkeit, wie sie wirklich ist. Sie ist dann ganz anders, und wir empfinden sie deshalb manchmal als hart.

Auf Jesus und Gott übertragen heißt das: Viele Menschen machen sich ein Wunschbild von Gott, von Jesus. Sie täuschen sich selbst,

wenn sie glauben, Jesus sei da, um ihre Wünsche zu erfüllen. Und genau das will Jesus nicht. Deshalb enttäuscht er uns manchmal bewusst. Wir sollen kein Wunschbild von ihm anbeten. Das ist Götzendienst. Auch darauf bezieht sich das Bilderverbot in der Bibel, sondern wir sollen ihn anbeten, wie er ist und wofür er da ist.
Und Jesus macht deutlich: Ich tue nicht das, was ihr wollt, sondern ich tue das, was Gott will. Ich erfülle nicht eure Wünsche, sondern Gottes Wünsche, Gottes Willen. Wenn Gott will, dass ich seine Macht durch Wunder zeige, dann tue ich es. Und wenn Gott will, dass ich leide, dann gehe ich den Weg des Leidens.

Jesus ist nicht gekommen, um das zu tun, was Menschen sich wünschen, sondern Gottes Willen. Jesus ist nicht gekommen, um uns das Leben etwas zu erleichtern, sondern um uns auf den Weg Gottes zu bringen.

Wenn Jesus uns nur hier und da unsere Wünsche erfüllen würde, dann würde unser Leben sicher etwas leichter, aber es würde sich nichts grundsätzlich ändern. Wir müssten weiter aus unserer eigenen Kraft leben. Wenn er uns aber auf den Weg Gottes bringt, dann werden wir unzertrennlich mit ihm verbunden und können aus der Kraft Gottes leben. Die Ewigkeit Gottes steht uns dann offen, hier im Leben und vollkommen in der Ewigkeit. Und Jesus möchte, dass wir von ihm lernen, in Gottes Willen zu leben, und dann mit ihm in die Ewigkeit kommen.
Und Jesus fragt: Liebst du mich nur und bejubelst mich, wenn ich deine Wünsche erfülle, oder liebst du mich, weil ich Gottes Willen tue und dich zurück zu Gott bringe? Und wenn du mir folgen und zu mir gehören willst: Tust du das nur, wenn du dadurch Vorteile für dich siehst, oder bist du bereit, mit mir zusammen Gottes Willen zu tun, egal ob es für dich bedeutet, dass ich dir helfe oder ob es für dich Leiden bedeutet?

Eigentlich hätten die Menschen vorher schon erkennen können, dass Jesus anders ist, als sie es sich gewünscht hatten.

Es gibt einen Hinweis in der Geschichte: Jesus kommt auf einem Esel. Ein richtiger König, der seine Macht zeigen will, der kommt mit Schwert und Ausrüstung auf einem Pferd oder einem Wagen mit Pferd. Jesus kommt auf einem Esel, ohne Waffen, ohne Imponiergehabe. Dadurch zeigt Jesus, dass ihm nichts an der weltlichen Macht liegt. Er zeigt: Ich setze mein Anliegen nicht mit Macht durch, sondern mit Liebe, mit Dienen.
In Matthäus 20, 20-28 wird von einem Streit unter den Jüngern berichtet, wo es um die Frage ging, wer denn bei Jesus in seinem Reich die meiste Macht bekommen wird. Und Jesus antwortet: wenn jemand der Größte sein will, dann soll er allen dienen. So gibt Jesus auch uns oft Zeichen, an denen wir erkennen können, wie er wirklich ist. Und wenn wir genau hinsehen, auch in der Bibel, dann können wir unser Wunschbild aufgeben und sehen, wie er wirklich ist.

Die Frage ist: Welchen Jesus wollen wir für unser Leben: unser Wunschbild oder Jesus, wie er wirklich ist?

Liebst du Jesus nur, glaubst du nur an ihn, wenn er deine Wünsche erfüllt, oder liebst du ihn, folgst du ihm nach, weil er dich zu Gott zurück bringt, weil er Gottes Willen tut und du von ihm lernen willst, in Gottes Willen zu leben.

Der, der zu uns kommen will, ist nicht unser Wunschbild, sondern es ist der Sohn Gottes.
Predigt zu Johannes 12, 12-19
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