Predigt zu Apostelgeschichte 17, 22-32 am Sonntag Kantate

Predigt zu Apostelgeschichte 17
Foto: Martina Heins

Die Kirchen sind sonntags an den meisten Orten weitgehend leer. Es scheint so, als hätten die Menschen kein Interesse mehr am Glauben. Doch in Wirklichkeit ist genau das Gegenteil der Fall. „Unsere Zeit schwappt über vor Religiosität.“, so kann man immer wieder in verschiedenen Untersuchungen lesen.

Mehr als zu anderen Zeiten suchen Menschen nach einem Halt außerhalb unserer sichtbaren Welt:

Manche suchen ihn in Sekten und speziellen religiösen Weltanschauungen, wo sie in einem festen Denk- und Lebensschema, das die Verbindung zu Gott garantieren soll, einen Halt suchen. Andere flüchten sich in Okkultismus oder alte Stammesreligionen, um durch feste Methoden eine Verbindung zum Jenseits aufzunehmen und dadurch Sicherheit und Macht zu erfahren. Wieder andere suchen Antworten in der Esoterik, in fernöstlichen Religionen, astrologischen Zusammenhängen oder in einer selbst zusammen gebauten religiösen Weltanschauung.

Viele Menschen sind ganz intensiv auf der Suche nach Antworten für ihr Leben. Es herrscht eine große Verunsicherung, denn die alten Antworten greifen nicht mehr:

Mittlerweile haben die meisten gemerkt, dass Wohlstand und Erfolg nicht alles sein kann. Sie suchen nach einem tieferen Sinn für ihr Leben. Die alten dörflichen Formen und der Familienverband, die Geborgenheit gaben, gibt es so nicht mehr. So sucht man eine neue Geborgenheit, aber wo? Alte Lebensformen, Sitte und Ordnung und überkommene Werte werden nicht mehr einfach übernommen. Politische Ideen versagen und scheinen keine Zukunftsorientierung zu geben und die Umwelt steht vor dem Zusammenbruch.

Woran kann man sich festhalten, was Bestand hat? Eine Antwort darauf wird mit aller Intensität gesucht.

Hier nur zwei Beispiele:

Ein junger Mann erzählt mir kurz vor der Eheschließung: Das Leben ist doch Mist, ich bin von Freunden enttäuscht und von Kollegen betrogen worden, wirkliche Liebe gibt es nicht und ich erwarte sie auch nicht in der Ehe. Der Sinn des Lebens besteht nur noch darin, einigermaßen durchzukommen. Als ich ihm dann von der unbesiegbaren Liebe Christi erzählte, saß er da mit großen Augen und sagte, dass er so etwas noch nie gehört hätte.

Eine Frau, ca. 45 Jahre alt weinte in meiner Gegenwart, denn ihr Ehe war kaputt, das Haus war weg und die Zukunftsaussichten sahen nicht sehr gut aus. Was hat das alles noch für einen Sinn. Ich möchte mich am liebsten umbringen, sagte sie unter Tränen.

Auf der anderen Seite finden wir eine sogenannte große Toleranz oder besser ausgedrückt eine große Beliebigkeit.

Man kann alles vertreten und glauben. Jede neue Idee wird aufgesaugt, sie muss nur einen exotischen Namen haben. Man kann alles denken, tun und lassen. Es wird toleriert, weil man keine letztgültigen Antworten auf die Grundfragen des Lebens hat.

Eine ähnliche Situation fand Paulus vor, als er auf einer seiner Missionsreisen in Athen war. Wir lesen seine Geschichte aus Apostelgeschichte 17, 22-32:
Predigt zu Apostelgeschichte 17
Foto: Martina Heins

22 Paulus trat in die Mitte des Areopags und sagte: »Ihr Männer von Athen! Ich sehe, dass es euch mit der Religion sehr ernst ist. 23 Ich bin durch eure Stadt gegangen und habe mir eure heiligen Stätten angesehen. Dabei habe ich auch einen Altar entdeckt mit der Inschrift: ‚Für einen unbekannten Gott‘. Was ihr da verehrt, ohne es zu kennen, das mache ich euch bekannt. 24 Es ist der Gott, der die Welt geschaffen hat und alles, was darin lebt. Als Herr über Himmel und Erde wohnt er nicht in Tempeln, die ihm die Menschen gebaut haben. 25 Er ist auch nicht darauf angewiesen, von den Menschen versorgt zu werden; denn er selbst gibt ihnen das Leben und alles, was sie zum Leben brauchen. 26 Er hat aus einem einzigen Menschen die ganze Menschheit hervorgehen lassen, damit sie die Erde bewohnt. Für jedes Volk hat er im Voraus bestimmt, wie lange es bestehen und in welchen Grenzen es leben soll. 27 Und er hat gewollt, dass die Menschen ihn suchen, damit sie ihn vielleicht ertasten und finden könnten. Denn er ist ja jedem von uns ganz nahe. 28 Durch ihn leben wir doch, regen wir uns, sind wir! Oder wie es einige eurer Dichter ausgedrückt haben: ‚Wir sind sogar von seiner Art.‘ 29 Wenn wir Menschen aber von Gottes Art sind, dann dürfen wir nicht meinen, die Gottheit gleiche den Bildern aus Gold, Silber und Stein, die von Menschen mit ihrer Erfindungskraft und Kunstfertigkeit geschaffen wurden! 30 Nun, Gott ist bereit, mit Nachsicht über das hinwegzusehen, was ihr bisher aus reiner Unwissenheit getan habt. Jetzt aber fordert er alle Menschen überall auf, umzudenken und einen neuen Anfang zu machen. 31 Denn er hat einen Tag festgesetzt, an dem er über die ganze Menschheit ein gerechtes Gericht halten will, und zwar durch den Mann, den er dazu bestimmt hat. Ihn hat er vor aller Welt dadurch ausgewiesen, dass er ihn vom Tod auferweckt hat.« 32 Als sie Paulus von der Auferstehung reden hörten, lachten ihn einige aus; andere sagten: »Darüber musst du uns ein andermal mehr erzählen.«

Wir sind damit der Situation der alten Griechen erstaunlich nahe.

Auf dem Marktplatz in Athen befanden sich viele Götterstatuen, darunter eine Statue vom unbekannten Gott. Das Interesse an neuen Lehren war unter den gebildeten Griechen sehr groß. Deshalb schleppen sie Paulus auf den Marktplatz, um von ihm eine neue Weltanschauung zu hören, die sie noch nicht kannten. Alles Neue erschien ihnen erst einmal interessant. Sie hatten früher einmal feste Vorstellungen vom Leben gehabt, geprägt von ihrer Religion und den großen alten Philosophen. Jetzt aber war das vorbei. Es herrschte eine große Verunsicherung und in der Folge eine Beliebigkeit der Weltanschauungen.

Nun kommt Paulus,

wahrscheinlich ein schmächtiger Mann und schlechter Redner, stellt sich mitten auf den Platz und nimmt zunächst einmal ihre Sehnsüchte ernst. Er verurteilt sie nicht, was sie bisher getan haben oder dass sie woanders gesucht haben, sondern stellt sich auf die Menschen ein. Er verkündigt eindeutig das Evangelium, die frohe Botschaft, keine Moral, sondern die Antwort auf die Sehnsucht der Menschen,  die Botschaft, dass Christus lebt und Gott da ist für uns.

Er sagt: „Ich habe die Botschaft, die Eure Sehnsucht stillt. Gott ist erschienen, für alle sichtbar geworden in Christus. Paulus stellt sich mitten auf den Markplatz, mitten unter all die Menschen mit ihren verschiedenen Weltanschauungen und redet von Jesus Christus, dem Gekreuzigten und Auferstandenen, aber nicht weil er so mutig ist, sondern weil er weiß, dass das Evangelium die Antwort ist, die diese Menschen brauchen.

Als Paulus von der Auferstehung Christi redet, da merken die Griechen, dass es hier nicht nur um eine interessante neue Lehre oder Person geht, sondern dass es hier ums Ganze geht.

Wenn das stimmt, dann lebt Christus, ist er da, ewig;  dann sind alle anderen Antworten hinfällig; dann ist er die Antwort auf alle Sehnsüchte; dann muss man sich entscheiden; dann kann man diese Botschaft nicht einfach einordnen in die Beliebigkeit aller Weltanschauungen und alles gleich gelten lassen. Und so reagieren einige mit Spott, andere wollen mehr hören und einige glauben.

Die Menschen unserer Zeit sind auf der Suche nach Antwort. Warum suchen sie nicht bei uns in der Kirche?

Sie suchen keine Vorhaltungen, keine alte oder neue Moral, keine Verurteilungen, sondern Antworten auf ihre Sehnsüchte und Fragen.

  1. Was glauben wir? Ist die Botschaft vom auferstandenen Christus auch heute noch die Antwort auf die Sehnsüchte unserer Zeit, oder ein Stück altes Eisen, von gestern, woran noch ein paar Unentwegte festhalten, weil sie es so gewohnt sind und auch ein bisschen weltfremd und von gestern sind nach dem Motto: „Was ist bloß los mit der Jugend von heute, ein Glück, dass wir von gestern sind.“ Ist sie nur eine Stimme von vielen, die man neben allen anderen Strömungen auch gelten lässt, und wenn sie einigermaßen mit der Zeit geht, eventuell auch noch interessant findet, oder ist die Botschaft Jesu die einzig wahre Botschaft?
  2. Wenn das auch heute noch wahr ist, warum verstecken wir unseren Glauben so hinter Kirchenmauern, in alten Gottesdienstformen, in alter oder neuer Moral, im Innersten unseres Lebens, damit ja keiner etwas davon erfährt. Ist es nicht paradox: Die Parteien bepflastern die Straßen mit ihren Parolen und wie wenig haben sie zu sagen.
Predigt zu 2. Korinther 6
Foto: Martina Heins
Unser Glaube, die Botschaft Christi muss bekannt werden durch einfache Bekenntnisse des Glaubens am Arbeitsplatz, in der Familie oder im Freundeskreis.

Unsere Phantasie ist gefragt, um nicht auf alten Wegen zu erstarren, sondern in der Liebe neue Wege zu finden, um die alte ewige Botschaft von Jesus zu den Menschen unserer Zeit zu bringen.

Und  nun überlegt, wie ihr diese Botschaft ins Leben eines anderen bringen könnt. Die Welt sucht nach einer Antwort auf ihre Sehnsucht. Kannst du sie ihr vorenthalten?
Predigt zu Apostelgeschichte 17, 22-32
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