Predigt zu Johannes 3, 16 am Sonntag Reminiszere
Denn also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.
Dass Gott uns liebt, haben wir oft gehört oder gelesen und glauben es wahrscheinlich auch. Aber warum liebt Gott uns?
Es fällt doch schon Menschen schwer, uns wirklich zu lieben, warum sollte Gott das tun? Was liebt Gott an uns: unser gutes Benehmen, unser Können, unsere Frömmigkeit oder dass wir in einer Kirche mitarbeiten? Nein, Gott liebt uns nicht, weil er an uns etwas Gutes findet.
Gottes Liebe ist anders als die Liebe von Menschen.
Wenn Gott liebt, dann ist diese Liebe immer ausgerichtet auf uns als ganzen Menschen, einschließlich unserer Schwächen und Fehler, unseres Leides und unserer Probleme. Sicher freut Gott sich über vieles bei uns, wenn wir tun, was er möchte, wenn wir Gemeinschaft mit anderen Christen halten und im Glauben und in der Liebe leben. Aber seine Liebe meint eben auch unsere Schwachstellen, die Fehler und Schwächen, worunter wir bei uns leiden, worunter andere bei uns leiden und worunter Gott bei uns leidet. Er sieht darauf, um uns zu heilen und uns zu helfen.
Er identifiziert sich mit unserer Schwäche.
Deshalb ist er in Jesus ganz Mensch geworden und versucht worden wie wir, wie es in Hebräer 4, 15 heißt. Das sehen wir auch in der Versuchung Jesus in Matthäus 4, 1-11 und in der Leidenszeit. Er ist ganz Mensch geworden, um unseren Schaden zu heilen, uns zu helfen, den richtigen Weg zu gehen und um uns das wahre Leben aus der Ewigkeit zu geben. Er ist in die Hölle hinabgestiegen, um uns da heraus zu holen und in die Ewigkeit zu bringen. Er ist in den Tod gegangen, um uns da heraus zu holen und zum Leben zu bringen. Wenn wir im Morast des Lebens stecken, im Morast der Schuld, der Probleme, des Leidens oder der Verstrickungen, dann steigt Christus in den Morast hinab, ganz tief, und nimmt uns auf seine Schulter, damit wir nicht versinken, sondern am Leben bleiben.
Das ist oft schwer zu glauben, weil unsere Erfahrungen im menschlichen Umgang ganz anders sind.
Unsere menschliche Liebe hat oft etwas mit Sympathie oder Anziehungskraft zu tun. Wir lieben die Stärken des anderen oder wir lieben egoistisch, wenn wir andere lieben, um selbst Liebe zu erfahren oder wenn wir Menschen lieben, die für uns wichtig sind. Wenn wir jemand neu kennenlernen, dann urteilen wir häufig nach den Stärken, ob wir ihn lieben oder nicht. Und oft, wenn wir ihn näher kennenlernen und die Schwächen entdecken, dann distanzieren wir uns wieder von diesem Menschen.
Dass das bei Christus anders ist, ist schwer zu verstehen und ist doch wahr und das Großartige.
Aber je enger unsere Gemeinschaft mit ihm wird, desto weniger wird nicht seine Liebe, sondern desto mehr. Und deshalb können wir bei ihm auch unsere Schwächen und Fehler zeigen, uns ihm ganz öffnen. Wir müssen keine schöne Maske aufsetzen, sondern können ihm so begegnen wie wir sind. Wir können nicht nur offen sein, sondern wir sollen es auch. Wir sollen ihm alles, alles zeigen, bis in die tiefsten Gefühle hinein und ganz ehrlich sein, denn nur so kann er uns heilen.
Und das ist das Großartige: Er sieht es nicht nur, sondern Christus kann uns mit seiner Liebe heilen, wenn wir uns darauf einlassen. Er kann unsere Schuld beseitigen, uns heilen von Verletzungen, uns in Problemen Kraft geben und vieles mehr.
Diese Botschaft müssen wir für uns hören und ganz in uns aufnehmen. Gott meint uns ganz mit seiner Liebe.
Deshalb ist es so wichtig, dass wir seine Gemeinschaft suchen, uns seiner Liebe auch aussetzen, denn nur dann geht das, nur dann wird diese Botschaft für uns wirkungsvoll. Wenn wir das für uns hören, es ganz tief ins Herz hineinlassen und alle Bereiche des Lebens davon durchfluten lassen, dann können wir darüber richtig froh werden.
Stellen Sie sich ein altes Schloss vor, das nach langer Zeit wieder gelüftet wird. Alle Fenster in jedem Raum werden aufgerissen, damit die stickige Luft aus den Räumen herauskommt und die neue frische Luft jeden Winkel durchfluten kann. So sollen wir jeden Winkel unseres Herzens ganz weit für Christus öffnen, damit er alles alte Stickige herausnehmen und mit seinem Geist jeden Winkel unseres Herzens durchfluten und erneuern kann.
Gott meint alles. Alles dürfen und sollen wir für ihn öffnen, damit er uns heilen und helfen kann. Seine Liebe möchte überall hin.
„Denn also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.“ (Johannes 3, 16). Das war für Gott kein Kinderspiel, und ist es auch heute nicht. Die Liebe zu uns kostet ihm seinen Sohn. Der muss dafür leiden, dass er uns heilen will. Der muss dafür sterben, damit wir leben können.
Und sein Leid geht weiter, wenn wir diese Liebe nicht für uns in Anspruch nehmen,
nicht ehrlich und offen sind, sondern vor ihm eine Maske zeigen; wenn wir uns nicht heilen lassen, sondern meinen, wir könnten das besser; wenn wir uns nicht von hm beschenken lassen, sondern uns auf unsere fromme Leistung etwas einbilden. Immer da wird Christus wieder ans Kreuz geschlagen. Immer da bedeutet Gottes Liebe zu uns sein Leid.