Predigt zu Johannes 10, 11-15 und 27-29 am Sonntag Misericordias Domini
11 Ich bin der gute Hirte. Der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe. 12 Der Mietling, der nicht Hirte ist, dem die Schafe nicht gehören, sieht den Wolf kommen und verlässt die Schafe und flieht – und der Wolf stürzt sich auf die Schafe und zerstreut sie –, 13 denn er ist ein Mietling und kümmert sich nicht um die Schafe. 14 Ich bin der gute Hirte und kenne die Meinen und die Meinen kennen mich, 15 wie mich mein Vater kennt; und ich kenne den Vater. Und ich lasse mein Leben für die Schafe.
27 Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie und sie folgen mir; 28 und ich gebe ihnen das ewige Leben, und sie werden nimmermehr umkommen, und niemand wird sie aus meiner Hand reißen. 29 Was mir mein Vater gegeben hat, ist größer als alles, und niemand kann es aus des Vaters Hand reißen. 30 Ich und der Vater sind eins.
Liebe Schafe! Sind Sie Schafe? Sie werden es hoffentlich im Laufe der Predigt herausfinden, ob sie es sind und auch sein wollen.
Jesus gebraucht hier das Bild vom Hirten und Schaf, um etwas auszudrücken über die Beziehung zwischen ihm und seinen Jüngern.
Wir finden dieses Bild auch an anderen Stellen in der Bibel. Am bekanntesten ist sicherlich der Psalm 23. In manchen Teilen Mitteleuropas ist dieses Bild nicht so leicht verständlich. Wölfe gibt es nur selten, überall sind saftige Wiesen mit genügend Futter und die Schafe können sich nicht verlaufen, weil überall Zäune sind. Ganz anderes ist es in der kargen, öden Landschaft Israels. Alleine finden die Schafe nur schwer Futter- und Wasserstellen, sie verlaufen sich schnell, können in Felsspalten fallen, finden nicht nach Hause oder können von wilden Tieren zerrissen werden. Schafe verhalten sich ohne Hirten recht „dumm“ und hilflos.
Jesus benutzt diesen Vergleich, um zu zeigen, welche Bedeutung er für uns hat.
Jesus führt uns durch den Dschungel oder die karge Landschaft des Lebens, gibt uns die Nahrung für die Seele, beschützt uns vor Gefahren und bringt uns sicher nach Hause. Jesus betont besonders seine Treue und Zuverlässigkeit. Er ist bis zum Schluss für uns da und läuft nicht weg, im Gegensatz zu anderen Führern in Religionen und Politik, die sich selbst ein schönes Leben machen und sich elegant zurückziehen, wenn es gefährlich wird.
Man kann es auch vergleichen mit der Rolle eines Kapitäns auf einem Schiff. Ein guter Kapitän geht als letzter von Bord, ein schlechter sitzt als erster im Rettungsboot.
Auf Jesus ist Verlass. Bei ihm kann man sicher sein!
Aber sind Sie dumme und hilflose Schafe, die einen solchen Hirten brauchen? Ja, Sie sind es! Wir alle sind es!
Wir kriegen es nicht hin, dass wir wirklich gut leben für uns selbst und für alle anderen und scheitern immer wieder in allen möglichen Bereichen,
im Miteinander, in der eigenen Lebensgestaltung, wir füttern unsere Seele mit „abgestandenem Wasser“, zum Beispiel durch oberflächliche und negative Medien, in besonderen Ereignisse wie Festen, Einkäufen, Urlaubsreisen oder sonderbaren religiösen Ideen. Wir erhoffen uns davon Kraft und werden doch dadurch immer schwächer. Wir fallen in „tiefe Löcher“, laufen in „Sackgassen“ und manche werden gefressen von religiösen Seelenfängern, und nach „Hause“, in die Ewigkeit kommen wir allein gar nicht.
Und nun die Frage an die Eltern: Brauchen die Kinder Jesus als Hirten?
Manche Eltern lassen die Kinder alleine in den vielen Wegen des Lebens und meinen, sie sollten selbst entscheiden. Das klingt modern, ist aber in Wirklichkeit eine Verweigerung der elterlichen Verantwortung und eine Überforderung der Kinder. Andere Eltern halten sich selbst für die guten Hirten, was aber sehr hochmütig ist, wenn man bedenkt, wie fehlerhaft wir Eltern sind. Eltern sollen Abbild des guten Hirten sein, indem wir uns stellvertretend für Gott um die Kinder kümmern. Aber das bekommen wir immer nur zum Teil hin, auch wenn wir die besten Absichten haben. Deshalb ist es so wichtig, dass die Kinder durch die Eltern den guten Hirten „Jesus Christus“ kennen lernen.
Am Anfang steht die Selbsterkenntnis: Ich brauche den guten Hirten Jesus Christus! Wer das nicht erkennt, dem ist nur schwer zu helfen.
An anderen Stellen wird die Gefahr für die Jünger, also für die „Schafe“ noch stärker beschrieben: Jesus sagt in Matthäus 10, 16: „Ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe.“ Und bei Paulus lesen wir in Römer 8, 36: „Wir sind geachtet wie Schlachtschafe.“
Wir brauchen Jesus als den guten Hirten. Ich jedenfalls brauche ihn! Es ist das Größte, ihn als eigenen guten Hirten zu entdecken.
Er führt uns und gibt uns gute Orientierung. Bei ihm bekommen wir gute Nahrung für die Seele und er beschützt uns auf dem Lebensweg, und das Größte ist, dass er uns in die Ewigkeit, die ewige Gemeinschaft mit Gott bringt. Das alles kann nur er!
Schauen Sie, was Jesus über die sagt, die zu ihm gehören:
Ich kenne sie! Ich stehe zu euch, selbst, wenn es mir das Leben kostet. Er hat es bewiesen! Ich bin ganz eins mit euch, so wie ich mit Gott eins bin.
Das ist doch wunderbar und einzigartig!
In dieses Bild kann ich mich fallen lassen. Das gibt in allen Lebenssituationen und auch im Sterben Sicherheit, Geborgenheit und Hoffnung. Ähnlich kommt diese Sicherheit bei Jesus in Matthäus 8, 23- 27 in der Geschichte von der Sturmstillung zum Ausdruck, oder auch, wenn Jesus in Johannes 16, 33 sagt: „In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.“, oder im Gebet Jesu in Johannes 17.
Aber: Kennen Sie ihn? Hören Sie ihn? Folgen Sie ihm?
Kennen heißt, Jesus lieben, ihm ins Herz schauen und seine Liebe erkennen. In Jesus begegnet Ihnen Gott wie nirgends sonst auf der Welt.
Hören auf sein Wort, was er uns in der Bibel gibt, wenn er uns im Gebet etwas sagt oder auf andere Weise.
Folgen bedeutet, Jesus vertrauen, dass sein Wille gut ist, auch wenn wir manches nicht verstehen, und es heißt auch, immer wieder zu ihm zurückzukehren.
Haben Sie nun herausgefunden, ob sie ein Schaf sind oder sein wollen?
Klug ist der, der erkennt, dass er ein „dummes und hilfloses“ Schaf ist. Glücklich kann der sein, der in Jesus Christus seinen guten Hirten gefunden hat.
Wenn Sie das für sich sagen, dann tun Sie es weiter: Jesus besser kennen lernen und ihm ins Herz schauen; auf ihn hören und nicht darin nachlassen, und ihm folgen, jeden Tag neu, damit die Gemeinschaft mit Jesus enger wird. Denn eins will Jesus und darauf kommt es letztlich an, dass Sie in die Ewigkeit kommen und nicht verloren gehen.