Predigt zu 1. Mose 2, 4b-7+15 am 15. Sonntag nach Trinitatis

Steht die Schöpfungsgeschichte in 1. Mose 2 im Widerspruch zur Naturwissenschaft oder hat sie eine wichtige Botschaft für uns?

4 b Es war zu der Zeit, da Gott der HERR Erde und Himmel machte. 5 Und alle die Sträucher auf dem Felde waren noch nicht auf Erden, und all das Kraut auf dem Felde war noch nicht gewachsen. Denn Gott der HERR hatte noch nicht regnen lassen auf Erden, und kein Mensch war da, der das Land bebaute; 6 aber ein Strom stieg aus der Erde empor und tränkte das ganze Land. 7 Da machte Gott der HERR den Menschen aus Staub von der Erde und blies ihm den Odem des Lebens in seine Nase. Und so ward der Mensch ein lebendiges Wesen. 15 Und Gott der HERR nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, dass er ihn bebaute und bewahrte.

Ich höre schon den Protest: Das ist Blödsinn!

Wir wissen doch heute, dass die Welt anders entstanden ist. Ja, das wissen wir, aber ist das, was hier steht, deshalb Blödsinn? Als man vor ca. 3.000 Jahren diesen Schöpfungsbericht geschrieben hat, da hat man sich die Entstehung der Erde mit ihren Lebewesen so vorgestellt. Das war der naturwissenschaftliche Kenntnisstand der damaligen Zeit. Die Naturwissenschaft zu allen Zeiten arbeitet so, dass sie beobachtet, direkt in der Natur oder durch Experimente, Daten sammelt, vergleicht und dann daraus ihre Schlüsse zieht und eine Theorie erstellt. Man hat damals zum Beispiel beobachtet, dass Wasser für alles Leben auf der Erde notwendig ist. Erst als diese Voraussetzung erfüllt war, konnte Leben entstehen. Da der Mensch nach dem Tod wieder Erde wird, ist man davon ausgegangen, dass der erste Mensch aus Erde entstanden ist. Man kann über diese Theorien lächeln, weil man heute ganz andere Bobachtungsmöglichkeiten hat, aber vielleicht wird man in 1.000 Jahren auch über unsere naturwissenschaftlichen Theorien lächeln, weil man dann durch ganz andere Möglichkeiten zu neuen Erkenntnissen gekommen ist. Als man 500 Jahre später, also um 500 vor Christus den zweiten Schöpfungsbericht schrieb, der in 1. Mose 1 aufgeführt ist, hatte man schon andere Erkenntnisse und neue Theorien.

Wenn aber die heutige Naturwissenschaft die Theorien von 1.000 und 500 vor Christus widerlegt hat, können wir dann nicht diese Geschichte getrost beiseitelegen und mit ihr die ganze Bibel,

weil es ja doch nicht stimmt und im besten Fall nur Märchen und Legenden sind?
Dass es in der Bibel zwei unterschiedliche Schöpfungsgeschichten gibt, zeigt schon, dass es ihr nicht um die naturwissenschaftlichen Ergebnisse und den Ablauf der Entstehung geht, sondern um ganz andere, wichtigere Fragen, die unser Leben zu allen Zeiten und auch heute noch betreffen.

In unserer Geschichte geht es um zwei grundlegende Fragen, auf die Menschen zu allen Zeiten eine Antwort suchten:

Die erste Frage ist: Wozu ist der Mensch da? Wozu sind Sie und wozu bist du da? Was hat dein Leben für einen Sinn?

Die Antwort lautet: Du sollst die Schöpfung pflegen und bewahren. Du sollst dafür sorgen, dass es der Natur, den Menschen und dir selbst gut geht und Natur und Menschen aufblühen. Du sollst die Beziehung zu Gott, zur Natur, zum Mitmenschen und zu dir selbst gut gestalten, und zwar innerhalb deines Einflussbereiches und deiner Möglichkeiten. Dazu hat Gott dir Gaben und Fähigkeiten gegeben. Dein Sinn besteht darin, dass du eine Aufgabe erfüllen sollst.
Wie wichtig diese Aufgabe in unserer Welt ist, das wissen wir alle. Es zeigt, wie aktuell die Aussage dieses Schöpfungsberichtes heute noch ist.

Die zweite Frage unseres Textes lautet: Wem gegenüber sind wir Menschen verantwortlich?

Die Antwort heißt: Wir sind Gott selbst gegenüber verantwortlich. Es gehört alles ihm, es ist seine Schöpfung: die Natur, die Menschen, du selbst. Er vertraut es uns an, um mit allem in seinem Sinn umzugehen. Es ist nicht so, dass er uns durch viele Gesetze entmündigt, die wir dann abhaken können, und auch nicht  so, dass er uns mit seiner Macht zwingt, das Gute zu tun, sondern er vertraut den Menschen, dass sie eigenverantwortlich damit umgehen können, selbst entscheiden, Gutes tun können. Durch die enge Gemeinschaft mit Gott wird er so geprägt, dass er dazu in der Lage ist.
Wenn das so funktionieren würde, würde es allen sehr gut gehen: der ganzen Schöpfung und jedem Menschen. Deshalb schließt der andere Schöpfungsbericht damit, dass Gott alles ansieht und feststellt: Es war alles gut, sogar sehr gut! So hat Gott die Welt erschaffen und so soll es sein.

Aber wenn man seinem Gegenüber vertraut und ihm damit die Freiheit gibt, dann kann der sich auch gegen einem entscheiden und das Vertrauen missbrauchen.

Und so denkt der Mensch: Geht das nicht auch ohne Gott? Braucht man dazu Religion und vielleicht sogar noch den Glauben an Jesus Christus.

Was passiert nun, wenn die Menschen den Bezug zu Gott und zu ihrem Sinn verlieren?
Eine Zeitlang, ein paar Generationen kann man mit den Werten weiterleben, auch ohne Bezug zu Gott, mit humanistischen Ideen und guten Vorsätzen.
Aber langsam ohne die Quelle, ohne Prägung durch Gott, geht das verloren. Die Werte vermischen sich mit anderen Werten. Wem ist der Mensch dann noch verantwortlich:  Er lebt in Verantwortung vor sich selbst, seinen Wertevorstellungen und Prinzipien, jeder mit den eigenen, die sich aber durchaus zu anderen widersprechen können; oder er fühlt sich der Gemeinschaft des Staates mit seinen Gesetzen verpflichtet, der immer neue Gesetze braucht, um ein Zusammenleben noch halbwegs zu ermöglichen. Doch woraus schöpfe ich dann noch die Kraft, um in schweren Situationen zu bestehen, wenn ich nur mich selbst habe oder ein staatliches Gebilde.

Die andere Möglichkeit besteht darin, dass der Mensch sich seine eigene Weltanschauung sucht

durch andere Religionen, Philosophien oder Ideologien, durch Patchwork-Religion und Patchwork–Philosophie. Aus allem Möglichen bauen wir uns unsere eigene Weltsicht, was sehr modern ist. Doch was ist daran noch wahr, wenn es subjektiv beliebig ist? Ist dann Religion nicht doch eine Erfindung der Menschen, ein selbstgeschnitzter Gott wie die holzgeschnitzten Götter aus früheren Zeiten? Was passiert, wenn die unterschiedlichen Konzepte sogar miteinander in Konflikt geraten, weil der böse Nachbar mich nicht in Frieden meinen Frieden leben lässt?

Es gibt noch eine dritte Möglichkeit: Der Mensch pervertiert zum reinen Konsumwesen.

Es geht dann nicht mehr darum, möglichst viel Gutes für andere Menschen und der Natur zu tun, sondern möglichst viel von anderen Menschen und der Natur für sich zu bekommen. Oberster Leitsatz ist dann: Es soll mir Spaß bringen, wobei das „mir“ im Mittelpunkt steht. Events, materielle Güter, Erfolg und Anerkennung, Arbeit und Vergnügen stehen unter der Leitlinie „Was nützt es mir!“  Alles und jeder wird danach beurteilt, ob es mir etwas bringt. Erst wenn ich genug habe, kann ich für andere da sein, ist dann die Devise. Doch wann hat ein Mensch jemals genug? Die Folge ist, dass wir die Welt, andere und uns selbst ausbeuten. Der Mensch als Konsumwesen ist geprägt von der Sucht nach immer mehr. Er wird davon krank, wenn die Beziehung zur Umwelt nur von außen nach innen geht und nicht von innen nach außen. Folgen sind Ausgebrannt sein und Depressionen. Wenn eine ganze Gesellschaft so lebt, wird sie innerlich ausgehöhlt und ist ohne aktive Substanz.

Deshalb sagt die Bibel: Ihr müsst zurück zu Gott, zur lebendigen Gemeinschaft mit ihm,

zum Sinn, den er euch gegeben hat; zur Verantwortung ihm gegenüber; zur Quelle eures Lebens, eurer guten Prägung, eurer Kraft, eurem Schöpfer.
Dieser Abschnitt steht in der Bibel, um uns das deutlich zu machen und das ist viel wichtiger als jede naturwissenschaftliche Erkenntnis.

Deshalb gibt es auch das Neue Testament. Deshalb ist Jesus gekommen, ist die Botschaft von Jesus verbreitet worden,

um den Menschen zu zeigen, wie sie zu Gott zurückkommen können; wie sie ihren eigentlich Sinn wiederfinden können; wie sie wieder zum eigentlich Menschsein finden; wie sie in der lebendigen Gemeinschaft mit Gott aus dieser Quelle leben können; wie sie ewiges Leben bekommen können.
Wenn die Menschen das beherzigen würden in der Politik, Kirche, Wirtschaft und im privaten Bereich dann würde die Welt anders aussehen, hätte die Geschichte anders ausgesehen.
Aber wir können nicht die ganze Welt verändern und sind auch nicht für sie verantwortlich, aber verantwortlich sind wir für unser Leben und was wir im Auftrag und Sinn Gottes in unserem Lebensbereich tun können.

Es ist wichtig für uns und für die Welt, dass wir durch den Glauben an Jesus Christus, Gott und uns selbst wieder finden, um Gutes in die Welt und zu Menschen zu bringen.

Predigt zu 1. Mose 2, 4b-7+15
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