Predigt zu 1. Timotheus 1, 12-17 am 3. Sontag nach Trinitatis

12 (Paulus sagt:) Ich bin voll Dank gegenüber Jesus Christus, unserem Herrn, der mir für meinen Auftrag die Kraft gegeben hat. Denn er hat mich für vertrauenswürdig erachtet und in seinen Dienst genommen, 13 obwohl ich ihn doch früher beschimpft, verfolgt und verhöhnt habe. Aber er hat mit mir Erbarmen gehabt, weil ich nicht wusste, was ich tat. Ich kannte ihn ja noch nicht. 14 Er, unser Herr, hat mir seine Gnade im Überfluss geschenkt und mit ihr den Glauben und die Liebe, die aus der Verbindung mit ihm erwachsen. 15 Es ist ein wahres Wort und verdient volles Vertrauen: Jesus Christus ist in die Welt gekommen, um die Sünder zu retten. Unter ihnen bin ich selbst der Schlimmste. 16 Deshalb hatte er gerade mit mir Erbarmen und wollte an mir als Erstem seine ganze Geduld zeigen. Er wollte mit mir ein Beispiel aufstellen, was für Menschen künftig durch den Glauben – das Vertrauen auf ihn – zum ewigen Leben kommen können. 17 Gott, dem ewigen König, dem unsterblichen, unsichtbaren und einzigen Gott, gehört die Ehre und Herrlichkeit für alle Ewigkeit! Amen.

Sind sie ein guter Christ, christlich? Was ist das eigentlich?

Ist das jemand, der glaubt, dass es einen Gott gibt, der sich gut um die Familie kümmert, bei Nachbarn und Bekannten hilfsbereit ist, zur Kirche geht oder eben nicht mit der Begründung „ich kann auch ein guter Christ sein, ohne in die Kirche zu gehen“? Ist ein Christ anständig, brav und gesetzestreu oder auch langweilig, jemand der die 7 Gebote hält, denn die ersten drei Gebote werden sowieso kaum von jemand ernst genommen.

Paulus sagt von sich: Ich war vorher ein guter Mensch, ich war geachtet, glaubte an Gott, besuchte die Synagoge, richtete mich nach den Gesetzen. Nach dem, was man damals in seinen Kreisen für richtig und gut hielt, war er gut und gerecht. Doch dann lernt er auf dem Weg nach Damaskus den auferstandenen Jesus kennen und entdeckt, was ihm alles fehlt in den Augen Gottes, dass er in seinem Bemühen um ein gutes Leben völlig an Gott vorbeigegangen ist. Ich habe gedacht, ich lebe für Gott, aber in Wirklichkeit bin ich nur meinen eigenen Gedanken und Zielen gefolgt und habe an Gott vorbeigelebt, am Ziel des Lebens vorbei. Ich habe erkannt, dass selbst gute Werke gegen Gott sein können, wenn ich damit nur mich selbst meine.

Bei Jesus entdeckt Paulus, wie wir Menschen sein sollten:

seine Einheit mit Gott im Vertrauen, in Geborgenheit, immer an Gottes Willen orientiert, treu zu Gott, auch wenn er sich dabei Feindschaft eingehandelt hat; in der Liebe zu den Menschen, wobei er nie den eigenen Vorteil gesucht, sondern alles ertragen und alles für andere getan hat; er hat auf sein Recht und seine Macht verzichtet und sich erniedrigt bis zum Kreuz; er lebte in einer vollkommenen inneren Freiheit, auch und gerade gegenüber den Einflussreichen und Mächtigen; er hat immer das gesagt und getan, was er für richtig hielt, was Gott wollte, auch wenn er dadurch Nachteile hatte.

Paulus will uns sagen: wenn wir Jesus sehen, uns mit ihm vergleichen, kommen wir zu der Erkenntnis: ich bin nicht so, wie ich sein sollte, wie Gott das will.

Ich entspreche nicht dem Bild Gottes, sondern ich bin ein Sünder, der nicht in dieser Einheit mit Gott lebt, sondern getrennt von ihm am Ziel vorbei lebt. Das bedeutet: Ich bin verloren, ich habe vor Gott keine Chance. Verloren sind wir, weil wir aus uns selbst heraus keine Möglichkeit haben, zu Gott zurückzukommen. Verloren sein vor Gott bedeutet, ohne Hoffnung sein auf Gemeinschaft mit Gott im Leben und für die Ewigkeit
Zunächst ist ein guter Christ der, der das für sich vor Gott erkennt und anerkennt.

Können wir das für uns zugeben: Ohne Jesus lebe ich an Gott vorbei, bin ich verloren. Vielleicht bin ich ganz anständig und fromm, aber ich komme allein nicht zu Gott zurück. Wir sollten uns hüten, uns etwas einzubilden auf gute Werke, gute Familie, lange Ehe, ohne Vorstrafen, kein Alkoholiker, Engagement für gute Zwecke, Werke der Nächstenliebe oder etwas anderes.

Das einzige, was uns aus der Verlorenheit herausreißen kann, ist Jesus,

der seine Liebe zu uns gelebt und gezeigt hat bis zum Tod am Kreuz; der unsere Schuld auf sich genommen und die Trennung zu Gott überwunden hat; der eine Brücke zur Ewigkeit gebaut und die Tür zur Ewigkeit geöffnet hat; der uns persönlich zuspricht: Das gilt für dich! Gib mir dein in den Augen Gottes chancenloses Leben und nimm meine Gnade und Liebe an, dann wirst du gerettet. Die Gnade und Liebe Gottes zeigt sich nicht darin, dass Gott uns ein paar schöne Lebenstage schenkt, sondern dass er uns aus der Verlorenheit in die Gemeinschaft mit Gott rettet.
Ein guter Christ ist nicht der, der viel vorweisen kann, der an seine eigenen Möglichkeiten glaubt, sondern der sich an die Gnade Jesu hängt, an die Worte und Taten Jesu; der an erster Stelle auf Jesus vertraut und ihn in sein Herz lässt, dass seine Liebe in unserem Herzen groß wird; der von Jesus lernen will, was es heißt, als Ebenbild Gottes zu leben, auf Gott hin als Ziel. Deshalb ist so wichtig, dass wir beten, in der Bibel lesen, die Gemeinschaft mit anderen Christen leben, um dran zu bleiben an Jesus, um die große Gnade und Liebe Gottes zu erkennen, an der ausgestreckten Hand Jesu bleiben und nicht davon abweichen.

Paulus macht noch etwas deutlich:

Wenn wir die Gnade erfahren haben, das wunderbare Geschenk der Annahme, die Gemeinschaft und die Liebe Christi hier im Leben und für die Ewigkeit, dann soll diese Gnade nicht nur für uns sein. Die Tatsache, dass wir aus der Gnade leben können, soll anderen zeigen, dass die Gnade Gottes auch für sie da ist. Es gibt so viele Menschen, die nicht aus der Gnade leben und sie gar nicht richtig kennen. Menschen gehören der Kirche an, aber nur wenige sind begeistert von der Gnade; andere halten sich für gut und gerecht und sind dennoch verloren, weil sie Jesus nicht im Herzen haben, nicht auf Gott zuleben; andere stecken im Dreck des Lebens oder sie fühlen sich so und sie wissen nichts davon.
Alle sollen wissen, dass die Gnade auch für sie da ist, dass sie mit Gott zusammen sein können.

Wenn Paulus erzählt hätte, wie toll er ist, und dazu hätte er Grund gehabt, dann hätten viele ihn vielleicht bewundert oder beneidet, aber gleichzeitig gedacht,  dass sie da sowieso nicht heran kommen. Sie hätten daraus geschlossen, dass das Evangelium für sie nichts ist oder sie hätten gesagt: Paulus ist ein netter Mensch, aber so wie er, möchte ich gar nicht sein. Und dann hätten sie das Leben von Paulus nicht mit Christus in Verbindung gebracht.

Es ist fatal, wenn wir Christen mit unseren Worten und Taten auf uns selbst hinweisen, auf unseren Lebensstil und unsere scheinbaren Erfolge, indem wir zum Beispiel auf unsere anscheinend gute Ehe und Familie oder unsere Hilfstätigkeiten für andere verweisen, oder indem wir als Gemeinde und Kirche die vielen Aktivitäten, die nette Gemeinschaft oder das diakonische und soziale Engagement anpreisen. Vielleicht finden Menschen das gut und bewundernswert; vielleicht sagen sie auch, ihr seid ganz nett, aber so will ich gar nicht werden; vielleicht ist das eine gute oder schlechte Werbung für die Kirche, aber die Gnade und Liebe Gottes lernen sie dadurch nicht kennen. Was können wir schon tun, um Menschen wirklich Kraft, Trost oder Ewigkeit zu geben? Wenn wir auf uns selbst hinweisen, zeigt das in eine völlig falsche Richtung.

Es geht in unserem Leben als Christen darum, dass wir auf Jesus hinweisen.

Wir sind wichtig als Hinweisschilder. Das ist bedeutender als alles andere auf der Welt. Darin sollen wir gut sein, unser Bestes geben, gut leserlich und deutlich hinweisen. Dann kann Gott durch uns wirken und unser Handeln segnen ; dann können durch uns Menschen zur Quelle der Ewigkeit gebracht werden. Deshalb sagt: Paulus: ich bin der erste unter den Sündern, aber, was ich bin, ist Gnade Jesu, Liebe Gottes, Wirken Gottes, Kraft Gottes. Auch wir haben viel Grund, auf Christus hinzuweisen und davon zu erzählen, was er in unserem Leben getan hat, was er für uns bedeutet und  was er für andere Menschen bedeutet.

Für all das preist Paulus Gott: „Gott sei dafür in alle Ewigkeit geehrt und gepriesen“.
Was ist zu spüren in unserem Leben oder in der christlichen Gemeinde? Dass wir uns mit uns selbst beschäftigen und uns für die anderen gar nicht so interessieren; dass wir uns toll finden, oder dass wir Christus großartig finden, begeistert sind von ihm, was er für uns getan hat und dass wir möchten, dass das auch andere erfahren?
Was ist da drin in unserem Herzen und was strahlen wir aus?

Predigt zu 1. Timotheus 1, 12-17
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