Predigt zu 2 Korinther 5, 9-10
am Drittletzten Sonntag im Kirchenjahr

Vor einiger Zeit traf ich auf einem Bahnhof einer Kleinstadt zwei 11jährige Jungen mit leichtem Gepäck.

Als ich sie ansprach, sagten sie mir, sie wollten „abhauen“. Als sie mir dann ihre Lebensgeschichte erzählten, konnte ich sie verstehen, denn zuhause kümmerte sich keiner um sie. In einem Gespräch mit dem Kinderschutzbund wurde mir berichtet, wie erschreckend viele Kinder auch in ländlichen Gemeinden zuhause kein Frühstück erhalten, weil Eltern schon oder noch immer betrunken sind oder noch schlafen. Sie erhalten dann Frühstück vom Kinderschutzbund und werden zuhause abgeholt und zur Schule gebracht. In vielen Nachbarschaften leben die Menschen nebeneinanderher. Ob alt oder jung, einsam oder einfach mit dem Leben überfordert, das bekommt keiner mit.

Ich erzähle das, um deutlich zu machen, dass es beim Frieden nicht zuerst um die großen politischen Zusammenhänge geht.

Darüber könnten wir lange reden, über Terrorismus, die vielen Kriege und Spannungen zwischen Ländern oder über die weltweiten Krisen. Das ist auch wichtig, aber wir haben wenig Einfluss darauf. Sondern beim Thema Frieden geht es zunächst um uns, um unser Miteinander, ob bei uns alles gut ist.

Friede ist nicht die Abwesenheit von Streit oder Krieg, sondern dass es gut ist,

so wie es in der Schöpfungsgeschichte in 1. Mose 1, 31 heißt: „Und Gott sah an alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut.“ Gott hat alles sehr gut geschaffen, und er möchte, dass auch heute bei uns alles gut ist in den Beziehungen des Menschen zu Gott, zum Nächsten, zur Natur und zu sich selbst. Dann leben wir im „4-fachen Frieden“.

Wie sieht es bei uns in dem Ort, in dem wir wohnen, aus? Ist alles gut?

Gibt es Kinder, vernachlässigt werden und verwahrlosen; Jugendliche, die allein gelassen im Ort herumhängen, sich am Wochenende voll „saufen“, orientierungslos und gewaltbereit sind und wenig inhaltliche Vorbereitung auf das Leben haben; Erwachsene, die nebeneinander her leben, wo jeder sich selbst der Nächste ist, Rechte aber nicht Pflichten kennen, weg schauen bei Problemen, Lügen über andere erzählt werden, einige jung, kräftig aber auch wenig arbeitsbereit sind; alte und junge einsame Menschen, die allein gelassen werden; mangelnde Werte wie Respekt, Verantwortungsbewusstsein, Mut und Courage, und nach dem Motto leben: Es ist egal, wie man lebt, Hauptsache, man kommt gut durch.“

Das ist nicht gut! Vielleicht schneidet Ihr Ort im Vergleich mit anderen Orten gut ab, aber darum geht es nicht, sondern das wir sehen, wie Gott es sich vorgestellt hat, damit alles gut wird. Darin liegt auch die Verantwortung eines jeden Menschen.
Wir lesen jetzt zwei Verse aus 1. Korinther 5, 9+10:

9 Darum setzen wir auch unsre Ehre darein, ob wir daheim sind oder in der Fremde, dass wir ihm wohlgefallen. 10 Denn wir müssen alle offenbar werden vor dem Richterstuhl Christi, auf dass ein jeder empfange nach dem, was er getan hat im Leib, es sei gut oder böse. 

Vor dem „Richterstuhl Christi“ müssen wir uns für unser Tun verantworten.

Verantworten heißt „antworten“. Christus wird uns nach unserem Tun fragen und wir müssen Antwort geben. Manche rechtfertigen sich, indem sie fragen, welche Maßstäbe denn gelten sollen, und andere orientieren sich an den Maßstäben des Ehepartners, der Eltern, der Kinder, von Freunden oder Bekannten und versuchen so, die Verantwortung abzuwälzen. Aber sollen sie uns leiten? Das kann uns ganz schön in die Irre führen.

Letztlich müssen wir uns vor Gott verantworten, weil er uns alles gegeben hat,

die Menschen um uns herum, die Schöpfung, unsere Zeit, die materiellen Güter, Gaben und Kraft und vieles mehr. Er hat es uns anvertraut und wir sind seine Verwalter, Stellvertreter. Ihm müssen wir Antwort geben, hier tagtäglich und ganz bestimmt am „Jüngsten Tag“. Unser Leben ist kein Spiel, sondern es ist unsere Aufgabe, mit all den Dingen, die Gott uns anvertraut hat, verantwortungsbewußt umzugehen.

Wir möchten ja auch gerne, dass alles gut ist und es Frieden im Großen und im Kleinen gibt.

Wenn wir nun Gott um Frieden bitten, dann bedeutet das nicht, dass er uns die Arbeit abnimmt und die Schuld bekommt, wenn es keinen Frieden gibt, sondern dass er uns eine neue Chance gibt und uns in Bewegung setzt. Das geht nur, wenn wir die Bitte ernst meinen und dazu bereit sind, bei uns selbst anzufangen.

Aber nun hat Gott selbst sich Gedanken gemacht, wie er unsere Situation verändern kann und uns retten kann. Gott hat einen „Drei-Punkteplan“ ins Leben gerufen.

1. Gott hat seinen Sohn, Jesus Christus, in die Welt geschickt, um uns eine Chance zu geben.

Alles, was in uns Unfrieden bewirkt, können wir bei ihm loswerden: unsere Schuld, Verletzungen, Angst, Neid und Eifersucht und was es sonst noch gibt. Das sollen und können wir an Christus abgeben. Und dann können wir in der neuen Verbindung mit Gott leben und neu anfangen und seinen Frieden in unser Leben bringen.

2. Er ruft Nachfolger Jesu,

die sich neu einsetzen lassen als Vertreter Gottes, die Verantwortung übernehmen und sich verändern lassen; die auf ihn hören und ihm antworten, sich von ihm richten und zurechtweisen lassen; die ihr Leben am Beispiel Jesu orientieren und das auch tun, was Jesus ihnen sagt.

3. Er hält die Ewigkeit für uns bereit,

den vollkommenen Frieden, wo alles gut ist. Das ist für alle, die zu Jesus gehören, die alles bei Jesus abgegeben haben, sich von ihm zurechtweisen lassen und ihm nachfolgen.

Das ist der Friedensplan Gottes! Keiner wird dazu gezwungen, aber alle sind eingeladen und jeder kann daran teilnehmen und etwas tun. Das ist unsere Chance!

Was sollen wir tun? Ich will drei Dinge nennen:

1. Gott fragen und antworten:

Beschäftigen Sie sich jeden Tag mit Texten aus der Bibel und fragen Sie sich dabei, was Gott Ihnen sagen will, was Sie tun sollen, und dann versuchen Sie, das auch zu tun in ganz konkreten Situationen des Alltags. Gehen Sie im Gebet den Tag durch, danken Sie Gott für das, was gut war, und geben Sie das an Gott zurück, was nicht gelungen ist. Und wenn Sie in einer Gruppe in der Kirchengemeinde zusammenkommen, dann beginnen Sie immer mit einem Gebet.

2. Lernen Sie bei Jesus Christus,

was es heißt, mit allen Gaben Gottes, wie zum Beispiel mit den Ihnen anvertrauten Menschen, materiellen Gütern und Ihrer Zeit verantwortlich umgehen und nach seinen werten zu leben. Tun Sie es selber und bemühen Sie sich darum, dass möglichst viele das auch tun und sich dieser Verantwortung stellen. Schauen Sie nicht weg, sondern machen Sie darauf aufmerksam machen, wenn andere es nicht tun. Manchmal erfordert das sicherlich viel Mut und Courage.

3. Noch ein Wort zur „Zeit“:

„Ich habe keine Zeit“ ist eine bekannte und beliebte Aussage, um sich vor Aufgaben zu drücken, zum Beispiel wenn es um ehrenamtliche Tätigkeit geht. Aber das stimmt nicht. Wir haben alle 24 Stunden am Tag. Die Frage ist nur, wofür wir unsere Zeit verwenden. Ehrlicherweise müsste man sagen: „Ich habe dafür keine Zeit.“ Wenn es um ehrenamtliche Tätigkeiten geht, dann gibt es einige Wenige, die viel tun im Dienst für andere. Sie verdienen Anerkennung, aber noch besser ist es, wenn sie mit Paulus sagen: „Mein Lohn ist, dass ich dienen darf.“ Die Mehrheit tut wenig, obwohl sie es könnte. Andere verbringen ihre Zeit lieber mit Feiern oder persönlichen Hobbys als mit dem Engagement für das Allgemeinwohl. Das ist nicht in Ordnung! Sie sollten etwas tun! Ich rede nicht von denen, die es aus verschiedenen zum Beispiel gesundheitlichen Gründen sich nicht aktiv am gemeinschaftlichen Leben beteiligen können. Aber auch sie können etwas tun, zum Beispiel in dem sie beten oder indem sie durch ihre Ausstrahlung zeigen, dass sie ihren Frieden bei Gott gefunden haben. Ich habe solche Menschen oft erlebt und als große Bereicherung empfunden. Sie haben anderen viel Kraft und Ermutigung gegeben.

Wir werden auch hier nicht das Paradies schaffen, aber wir können ein bisschen mehr Frieden schaffen und unserer eigenen Verantwortung gegenüber Gott ein bisschen gerecht werden. Einmal müssen wir Gott einen Rechenschaftsbericht abgeben, spätestens am „Jüngsten Tag“.
Predigt zu 2 Korinther 5, 9-10
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