Predigt zu Jeremia 20, 7-11a am Sonntag Okuli

Es gibt nichts Schöneres auf der Welt als in einer lebendigen Beziehung zu Jesus all das zu erfahren, was er uns geben kann:

wirklich gute Orientierung und gute Werte im Gegensatz zu dem, was sonst angeboten wird; einen Halt, der nicht zerbricht, der auch dann noch hält, wenn alles andere ins Wanken gerät, in Jesu Hand, der Hand des guten Hirten zu sein; die wunderbare Hoffnung auf die Ewigkeit, so dass mit Jesus der Tod nicht das Ende ist, sondern der Eingang in die Ewigkeit. Dann kommt das Eigentliche, das Vollkommene.

Aber das ist nur die eine Seite, denn wenn wir zu Jesus gehören kann das auch Leid, neue Probleme und Lasten bedeuten,

z. B. dass ich selbst erkenne, wie weit ich von dem entfernt bin, was der Glaube mir an Möglichkeiten für mein Leben gibt, dass ich geborgen, ohne Angst und Sorge, in seiner Liebe ein erfülltes und sinnvolles Leben leben kann, davon aber weit entfernt bin; dass andere mich ablehnen, verspotten oder Schlimmeres, wenn ich mich zu Jesus bekenne; dass Jesus Zeit, Kraft, Geld und Einsatz von mir fordert und er Vorrang vor allem anderen haben will.

Heute haben wir einen Abschnitt aus dem Propheten Jeremia,

in dem Jeremia von seinen eigenen Erfahrungen mit Gott spricht. Jeremia sollte mit seiner Botschaft, die er von Gott bekam, dem Volk den Spiegel vor Augen halten, zeigen wie es um sie steht. Hier redet Jeremia nicht davon, wie schön es ist, wenn man zu Gott gehören darf, sondern wie schrecklich es sein kann, wenn Gott einen Menschen packt, in seinen Dienst ruft, gebraucht.

7 Du hast mich verführt, HERR, und ich habe mich verführen lassen; du hast mich gepackt und mir Gewalt angetan. Nun spotten sie immerzu über mich, alle lachen mich aus. 8 Denn sooft ich in deinem Auftrag rede, muss ich Unrecht anprangern. »Verbrechen!«, muss ich rufen, »Unterdrückung!« Und das bringt mir nichts als Spott und Hohn ein, Tag für Tag. 9 Aber wenn ich mir sage: »Ich will nicht mehr an Gott denken und nicht mehr in seinem Auftrag reden«, dann brennt dein Wort in meinem Innern wie ein Feuer. Ich nehme meine ganze Kraft zusammen, um es zurückzuhalten – ich kann es nicht. 10 Viele höre ich tuscheln, sie nennen mich schon »Schrecken überall«. Die einen fordern: »Verklagt ihn!« Die anderen sagen: »Ja, wir wollen ihn anzeigen!« Sogar meine besten Freunde warten darauf, dass ich mir eine Blöße gebe. »Vielleicht bringen wir ihn dazu, dass er etwas Unvorsichtiges sagt«, flüstern sie, »dann können wir uns an ihm rächen!« 11 Doch du, HERR, stehst mir bei, du bist mein mächtiger Beschützer!

Jeremia muss den Mächtigen und Einflussreichen in Politik und Religion, seinen Freunden und Feinden, allen mit Besitz und Einfluss und allen, die mit Erziehung zu tun hatten, sagen: So geht es nicht weiter mit eurem ungerechten und selbstherrlichen Leben.

Wenn ihr so weiter macht, dann kommt Gottes Gericht über euch und alles wird zerstört.

Eure Schuld ist einfach zu groß, dass ihr Gott vergesst, ihm nicht vertraut und euch nicht nach seinem Wort richtet. Wenn ihr umkehrt, ist Gott euch vielleicht noch gnädig. Natürlich gefiel das den Menschen überhaupt nicht. Sie hassten ihn als Nestbeschmutzer, Volksfeind, Querulanten und Unruhestifter.
Und Jeremia? In Kap. 1 lesen wir, wie Gott Jeremia beruft für diese Aufgabe, und Jeremia will  sich weigern, herausreden. Er wollte diese Aufgabe nicht übernehmen und sagt. „ich bin doch viel zu jung.“ Natürlich hatte er Angst. Aber Gott überwältigt ihn, „verführt ihn, packt ihn, tut ihm Gewalt an“, wie Jeremia sagt. Und die Folgen sind für Jeremia erschreckend: Er wird ins Gefängnis geworfen und die Gefängnisse waren in damaliger Zeit nicht so angenehm wie heute; Hohn und Spott erhält er von allen Seiten; seine Freunde lehnen ihn ab, sie versuchen sogar, ihm ein Bein zu stellen, ihn menschlich zu erledigen; er wird verfolgt und muss untertauchen.

Da ist zunächst nichts zu spüren von Gottes Liebe, dass Gott hilft, tröstet, Lasten abnimmt,

sondern Gott sagt: ich brauche dich, ich nehme dich in meinen Dienst, erfülle meinen Auftrag! Gott erscheint hart und unerbittlich. Dafür gibt es viele Beispiele im Alten Testament, gerade bei den Propheten. Aber auch bei Jesus sehen wir es: Gottes Wille für Jesus ist das Leid und der innere Kampf in Gethsemane und der Verbrechertod. Dietrich Bonhoeffer beschreibt seine Erfahrung mit Gott einmal so: „Gott, du hast uns an deinen Siegeswagen gebunden und schleifst uns hinter dir her, dass wir geschunden und zermartert an deinem Triumphzug teilnehmen. Konnten wir wissen, dass deine Liebe so weh tut, deine Gnade so hart ist?“ Jesus macht das an vielen Stellen deutlich, dass das für seine Jünger kommen kann. Paulus beschreibt, was er alles um Jesu willen zu leiden hatte und viele Christen haben das in der Geschichte erlebt. Die ersten Jahrhunderte waren eine ständige Geschichte der Verfolgung und wohl nie in der Geschichte wurden mehr Christen verfolgt als heute. Auch heute sind die Christen die am meisten verfolgte Gemeinschaft. Schätzungen gehen von ca. 100 Millionen verfolgten Christens aus.

Für den Glauben leiden, das ist uns heute aus zwei Gründen fremd geworden.

Wir leben in einer Gesellschaft, in der man für seine Überzeugung nicht zu leiden braucht. Das ist gut, denn wir leben in einer tolerante Gesellschaft, und das ist gut und christlich. Auf der anderen Seite verlernen wir es, dass es nötig sein kann, für seine Überzeugung auch Nachteile in Kauf zu nehmen, z. B. für den Wert der Toleranz, Geleichwertigkeit, usw.. Im Religionsunterricht eines Gymnasiums behandelten wir das Thema „Christliche Ethik in Unrechtssystemen“ anhand der Nazizeit. Als Beispiele dienten, z. B. Bonhoeffer, Stauffenberg, Klepper und die Bekennende Kirche. Auf die Frage „Was würdet ihr wollen, wie ihr euch dann verhaltet?“ antworteten die meisten: Hauptsache überleben. Einige Schülerinnen wären sogar bereit, falls sie in Europa in einem islamischen Staat leben müssten, sich auch zu verschleiern. Die meisten Menschen würden sich vielleicht anpassen nach der Devise „Hauptsache ich und meine Familie kommen gut durch.“.
Zum andern sehen wir mit Erschrecken, dass im islamischen Fundamentalismus, Menschen bereit sind, für ihren Glauben zu leiden oder zu sterben, Märtyrer zu werden und dabei töten. So verbreitet sich allgemein die Meinung, dass es nicht nur überflüssig, sondern falsch ist, für den Glauben oder die Überzeugung zu leiden. Es gilt als fanatisch.

Doch Jesus meint etwas ganz anderes, wenn er vom Leiden um seinetwillen spricht.

Jesus redet vom Leiden, ohne selber Gewalt anzuwenden, sondern Leiden zu ertragen. Obwohl er alle Macht hatte, hat er darauf verzichtet. Er mahnt Petrus bei der Festnahme, das Schwert wegzustecken. Erfordert uns auf, im Leiden sogar noch die Feinde lieben, für sie zu beten, wie von Stephanus in der Apostelgeschichte berichtet wird.

Und so sagt Jesus auch uns heute: Wenn es notwendig ist, dann seid bereit für euren Glauben Nachteile in Kauf zu nehmen, zu leiden oder sogar zu sterben.

Sind wir das? können wir uns das vorstellen? Wie reagieren wir, wenn uns der Glaube, die Gemeinschaft mit Jesus nicht nur Vorteile bringt: Trost, Hoffnung, usw., sondern Nachteile, Leiden oder sogar den Tod? Eine der zentralen Figuren im Widerstand gegen Hitler, von Tresckow, soll gesagt haben: Unsere Werte haben nur so viel Wert, wie wir bereit sind, dafür auch unser Leben zu lassen.
Die Frage ist: Welchen Wert, hat für uns der Glaube an Jesus, welche grundlegende Bedeutung haben die Werte aus seiner Botschaft, z. B. Toleranz, Gleichwertigkeit, Verantwortung, Gerechtigkeit, etc.. Welchen Stellenwert hat Jesus selbst, dass wir zu ihm gehören und treu zu ihm stehen? Nicht jeder muss Prophet sein wie Jeremia, ein Bonhoeffer, Paulus oder sonst wer. Und niemand muss dieses Leiden suchen, aber sind wir bereit dazu, wenn es sein muss.

Wir wissen auch nicht, wie wir uns in einer solchen Situation verhalten würden, aber wir können darüber nachdenken:

Welchen Wert hat der Glaube an Jesus für uns? Welche Bedeutung haben die Werte, die er uns gibt und die unser Leben geprägt haben? Welchen Stellenwert hat Jesus und unsere Beziehung zu ihm? Wie möchten wir uns in einer solchen Situation verhalten, in der unsere Bereitschaft gefragt ist, ihm treu zu folgen?

Wenn wir das wollen, Jesus treu zu folgen, zu ihm zu stehen, den Glauben nicht zu verleugnen, dann gilt für uns auch seine Zusage, dass er zu uns steht, bei uns ist.

Jeremia bekennt: „Doch du Herr stehst mir bei, du bist mein mächtiger Beschützer.“ Jesus sagt uns im Missionsbefehl in Matthäus 28 zu: „Ich bin bei euch alle Tage“ und in Johannes 10 „Niemand kann sie aus meiner Hand reißen.“. Paulus schreibt in Römer 8: „Weil wir zu dir, Herr, gehören, sind wir ständig in Todesgefahr. Wir werden angesehen wie Schafe, die zum Schlachten bestimmt sind, aber mitten in all dem triumphieren wir als Sieger mit Hilfe dessen, der uns so sehr geliebt hat. Ich bin gewiss, dass nichts mich trennen kann von der Liebe Christi.“ Beeindruckend sind auch die Lieder von Martin Luther „Ein feste Burg ist unser Gott“ und von Dietrich Bonhoeffer „Von guten Mächten wunderbar geborgen“.

Dieser Halt im Glauben ist eine unglaubliche Gewissheit und Kraftquelle, die uns Mut machen kann, diese Treue für Jesus und unseren Glauben zu wollen und zu leben.
Predigt zu Jeremia 20, 7-11a
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