Weihnachtspredigt zu Johannes 1, 9-13 am 2. Advent
Das war das wahre Licht, das alle Menschen erleuchtet, die in diese Welt kommen. 10 Es war in der Welt, und die Welt ist durch dasselbe gemacht; und die Welt erkannte es nicht. 11 Er kam in sein Eigentum; und die Seinen nahmen ihn nicht auf. 12 Wie viele ihn aber aufnahmen, denen gab er Macht, Gottes Kinder zu werden: denen, die an seinen Namen glauben, 13 die nicht aus menschlichem Geblüt noch aus dem Willen des Fleisches noch aus dem Willen eines Mannes, sondern aus Gott geboren sind.
Kennen Sie noch Krippenspiele, die sozial engagiert vorgetragen wurden?
„Keine Herberge“ war das Thema. Die Wirte waren die bösen und abweisenden satten Bürger, und dann wurde eine ausländische Familie gezeigt, die keine Unterkunft fand, während Maria und Joseph in einer kalten und zugigen Garage dargestellt wurden. Die Darsteller fühlen sich gut mit ihrem moralischen „Zeigefinger“, aber anschließend feierten sie selbst ein ganz normales Weihnachtsfest in einer warmen Stube. Ich will nicht über das Engagement dieser Menschen urteilen, doch in der Weihnachtsgeschichte geht es nicht um Fremde, die kein Zuhause fanden.
In der Weihnachtsgeschichte heißt es: „Jeder musste in seine Stadt“, also in seine Heimatstadt.
Joseph kommt mit Maria in seine Heimat, aber es ist nicht mehr seine Heimat. Vielleicht kennen Sie solche Erfahrungen auch. Als ich nach meinem Studium und Auslandsaufenthalt zurück in mein Dorf kam, merkte sehr bald: Ich gehöre nicht mehr dazu. Es war meine Heimat gewesen, aber nun war sie es nicht mehr.
Viele Menschen, die oft und längere Zeit nicht mehr in dem Ort, wo sie aufgewachsen sind, gelebt haben, machen die Erfahrung, dass sie keine wirkliche Heimat mehr haben. Irgendetwas passt dann nicht mehr ganz zusammen.
Eine Heimat haben bedeutet, dass man ohne Wenn und Aber dazu gehört,
zum Beispiel in einem Dorf oder einem anderen sozialen Umfeld.
Man die streitet sich, schimpft übereinander, der andere ist einem vielleicht sogar peinlich, aber man gehört zusammen und jeder weiß fast alles über den anderen. Außenstehende empfinden das Miteinander manchmal als Enge, denn jeder kontrolliert jeden, aber für die, die dort immer gewohnt und gelebt haben, für sie bedeutet das Sicherheit. Sie wollen auch nicht weg, und wenn dann nur kurze Zeit: „im eigenen Bett schläft man am besten.“, „nach einer Woche Urlaub muss ich wieder nach Hause“, „schön ist es auf der ganzen Welt, am schönsten aber ist es in (Ortsname) …feld.“ So oder so ähnlich wird es dann ausgedrückt. Heimat bedeutet Geborgenheit: Ich gehöre dazu, bin eingebunden in ein Beziehungsnetz. Die Sehnsucht danach ist bei uns allen vorhanden, dass man weiß: Ich gehöre ohne Wenn und Aber dazu. Da gehöre ich hin. Da lebe ich, da sterbe ich und da werde ich begraben.
Maria und Joseph kommen nach Hause und finden keine Heimat, denn sie gehören nicht mehr dazu.
Und Jesus?
In Johannes 1, 11 heißt es: „11 Er kam in sein Eigentum; und die Seinen nahmen ihn nicht auf.“ Eigentlich ist diese Welt sein Zuhause, aber es passt nicht mehr zusammen. Er kommt zu den Menschen, die auch Kinder Gottes sind, aber es passt nicht mehr zusammen. Er findet keine Aufnahme. So war es in Bethlehem und in Jerusalem und so passiert es auch heute überall in der Welt.
Die Welt Gottes und die Welt der Menschen sind fremd geworden, haben sich auseinandergelebt. Das ist die eigentliche Tragik von Weihnachten, von Gott und Menschen.
Aber die Sehnsucht bleibt: Der Mensch sehnt sich nach der Heimat, der bedingungslosen Annahme, irgendwo ohne Wenn und Aber dazuzugehören. Und Gott sehnt sich nach seinen Menschen.
Deshalb hört Gott nicht mit Weihnachten auf.
Er will, dass das wieder zusammenpasst und seine Kinder wieder in Gemeinschaft mit ihm leben. Er will seine Kinder wieder nach Hause holen in das Paradies, das sie verloren haben.
Und so lebt Jesus in dieser Welt
wie jeder Mensch, in seiner Heimat, die es nicht mehr ist, mit Angst wie jeder Mensch. Vielleicht hat er sich oft einsam gefühlt und sich nach der Heimat im Himmel gesehnt, nach seinem Zuhause, und sich gefragt: Was soll das? Warum tue ich mir das an? Aber er ist seinen Weg gegangen, bis zum Ende, bis sie ihn wirklich rausgeschmissen haben, am Kreuz.
Er ist diesen Weg nicht gegangen, weil es so schön war, sondern weil er die Sehnsucht Gottes stillen wollte.
Er wollte seinen Auftrag erfüllen, aus Liebe zu Gott und aus Liebe zu den Menschen. Alles musste er aufgeben: sein himmlisches Zuhause, sein irdisches Zuhause, die Menschen und zuletzt sein Leben. Er hatte einen festen Halt auf diesem Weg bei seinem Vater im Himmel. Er suchte ihn nicht in Dingen oder Menschen der Welt, denn er wusste, dass das nicht hält. Er wusste aber, dass sein Weg ihn wieder nach Hause zu seinem Vater führt.
Das ist auch der Weg von uns Christen:
Unsere Sehnsucht nach Heimat bleibt, aber wir können von Jesus lernen,
zu akzeptieren, dass es das hier in dieser Welt nicht wirklich gibt. Einzelne schöne Momente können wir dankbar annehmen, aber es ist nichts von Dauer. Angst, Einsamkeit, erschöpft sein, nicht mehr können und das Gefühl, nicht dazuzugehören gehört zur Wirklichkeit dieses Lebens. Jesus sagt in Johannes 16, 33: „In der Welt habt ihr Angst, aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.“ Und in Johannes 17, 14+15 betet Jesus: „Sie sind nicht von der Welt, wie auch ich nicht von der Welt bin. Ich bitte dich nicht, dass du sie aus der Welt nimmst, sondern dass du sie bewahrst vor dem Bösen.“ Und in Hebräer 13, 14 heißt es: „Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.“ Die Pilger der Christenheit wussten, dass ihr Leben nur eine Wanderung auf ein Ziel ist. In dem Kirchlied „Mein Leben ist ein Pilgrimstand“ heißt es in der ersten Strophe: „Mein Leben ist ein Pilgrimstand; ich reise nach dem Vaterland, zu Dir, zu meinem Jesus droben. Du machtest mir die Stätt‘ bereit, wo ich, nach allem Kampf und Leid, stets ruhen soll und Dich, Herr, loben. Mein Leben ist ein Pilgrimstand, Ich reise nach dem Vaterland.“ Und das Lied schließt mit der 7. Strophe: „Bin ich in diesem fremden Land der blinden Welt auch unbekannt, o Trost! Du bist es, der mich kennet. Ich eil‘ zu Dir, um mit der Schar der Heil’gen Dich dort immerdar zu preisen – dort, wo nichts uns trennet. Mein Jesus, komm, o bleib‘ nicht lang! In dieser Fremde ist mir bang.“
Auf diesem Weg haben wir wie Jesus …
… den Auftrag,
Gott und Menschen zusammenzuführen, die Liebe Gottes zum Ziel zu bringen und den Menschen zu zeigen, wo ihre Sehnsucht gestillt werden kann.
… einen Halt,
der nicht in dieser Welt liegt, sondern bei Gott. Jesus hat aus der Gemeinschaft mit seinem Vater Kraft geschöpft im Gebet und im Hören auf seinen himmlischen Vater. Das Gebet und das Wort Gottes in seiner Gegenwart sind auch für uns die nie versiegende Kraftquelle.
… ein wunderbares Ziel.
Am Ende kommen wir nach Hause, in unsere Heimat bei Gott. Das wissen wir durch Jesus. Am Ende stand bei Jesus die Auferstehung und so wird es auch bei uns sein. Wenn wir mit Jesus verbunden bleiben und er bei uns sein Zuhause findet, kommen wir da an. Dort werden alle Sehnsüchte gestillt. Dort gibt es keine Einsamkeit, keine Angst, keine Erschöpfung oder sonst etwas, was uns an einem erfüllten Leben hindert.
Keinen Platz in der Heimat und nicht dazu gehören, das ist die Realität in der Welt, aber durch Jesus ist die Heimatlosigkeit aufgehoben. Es gibt eine neue Heimat bei Gott.
Mit Jesus passen Gott und Mensch wieder zusammen. Gott versöhnte in Christus die Menschen mit sich selbst. Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden. Friede, Heimat, wieder dazugehören, das ist Weihnachten!
Die Frage ist: Wo suchen wir es, dass wir dazugehören, angenommen sind, Friede, Liebe, und Hoffnung erfahren?
Wenn wir es in dieser Welt bei Menschen oder Dingen suchen, werden wir oft enttäuscht werden, auch an Weihnachten. Wenn wir es bei Jesus suchen und ihm in unserem Herzen ein Zuhause geben, dann werden wir es finden. Frohe und gesegnete Weihnachten!