
Predigt zu Johannes 6, 35 am
10. Sonntag nach Trinitatis
„Jesus spricht: Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, wird nie wieder hungern.“
Dieser Vers gehört zu den sieben „Ich bin Worten“ Jesu, mit denen Jesus selbst offenbart, wer er ist. Viele Lieder besingen das Thema dieses Verses, gerade auch zum Abendmahl.
Doch zunächst wollen wir uns mit zwei möglichen modernen Missverständnissen beschäftigen:
Was ist an Brot schon Besonderes?
Für die meisten unter uns ist es ein „Allerwelts-Essen“! Müsste es nicht für Jugendliche heißten „Ich bin die Pizza oder Spaghetti“, für Reiche „Ich bin der Kaviar“ und für andere „Ich bin das Steak“. Brot isst man meistens, weil man eine feste Unterlage für Wurst, Schinken, Käse und andere Auflagen oder Aufstriche braucht. Brot isst man halt, ohne viel darüber nachzudenken.
Es hat keinen hohen Stellenwert. Es ist eben da. Die Gefahr ist, dass wir mit Jesus auch so umgehen.
Wir benutzen Jesus als religiösen Unterbau, aber das Eigentliche des Lebens suchen wir woanders. Wenn man wirklich Freude sucht, Geborgenheit, Hoffnung, etwas Schönes und Schmackhaftes, dann suchen wir das bei Menschen, Erlebnissen oder materiellen Dingen, und wenn nichts Besseres da ist, dann suchen wir es bei Jesus. Den besseren Halt, Trost, Freude, Geborgenheit und Zuversicht scheint es in der Familie, bei Freunden, in der Gesundheit oder bei anderen Dingen zu geben, und wenn es das da nicht gibt, dann ist Jesus gut genug. Leider gehen wir oft so mit Jesus um.
Das andere Missverständnis besteht darin, dass wir Brot doch im Überfluss haben. Welchen Wert hat es?
Wenn man Brot über hat, es hart oder schimmelig wird, dann wirft man es eben weg. Es ist immer genug da. Man kann zu jeder Zeit darauf zurückgreifen. Es steht immer zur Verfügung. Man muss es nicht besonders wertschätzen.
Ist es bei Jesus nicht genauso: Im Überfluss, wertlos, immer zur Verfügung?

Wenn Jesus sagt „Ich bin das Brot des Lebens“, dann meint er
nicht irgendeinen Zusatzstoff für das Leben; irgendetwas was halt da, aber nicht besonders gut ist; eins unter vielen, sondern er meint: Ich bin die Speise für die Seele, die Hoffnung, der Halt, der Trost, die Kraft, die Liebe und alles, was sonst noch wesentlich ist für unser Leben. Wenn du etwas anderes zu dir nimmst, dann wird deine Seele davon krank und stirbt.
Das ist unser Problem, dass wir für unsere Seele oft die falsche Nahrung zu uns nehmen:
Jesus macht das auch im Gleichnis vom reichen Kornbauern in Lukas 12, 16-20 deutlich. Der „reiche Kornbauer“ fütterte seine Seele mit materiellen Dingen und meinte: Das gibt mir Halt, Sicherheit, Freude und ein ruhiges Leben. Für andere Menschen ist es Gesundheit, Familie, Freunde. Sie nehmen das als ihre Nahrung für die Seele.
Viele Menschen haben nur diese Nahrung, weil sie das Evangelium nicht kennen, aber diese Nahrung macht süchtig,
weil man davon immer wieder neu etwas braucht und immer mehr. Es ist nie genug. Und am Ende kann diese Nahrung sie nicht vor dem Tod retten. Sie gehen damit verloren.
Deshalb brauchen sie die Verkündigung des Evangeliums von Jesus für alle Menschen in allen Völkern.
Aber was verkündigen wir ihnen? Was leben wir ihnen vor, wenn es um die Nahrung der Seele geht? Worin besteht unser Glaube, unsere Frömmigkeit?
Ist es nicht häufig so, dass wir unsere Seele auch erst mit diesen irdischen Dingen füttern und unseren Halt und Trost, unsere Hoffnung und Freude zuerst in Familie, Geld, Freundschaft, Gesundheit, Fitness und anderen Dingen suchen, und wenn das nicht reicht oder zerbricht, dann kommt Jesus dazu und soll die Lücke füllen, sozusagen als das Brot, das man nimmt, wenn nichts Besseres da ist, auf das man ja immer zurückgreifen kann, weil es im Überfluss da ist.
Aber Jesus will uns nicht sagen, dass diese Dinge nicht ausreichend sind für unsere Seele und er sich als Zusatz oder Ersatz anbietet, sondern diese Dinge sind die falsche Nahrung für die Seele, der falsche Trost, die falsche Geborgenheit, die falsche Hoffnung.
Verstehen Sie mich nicht falsch. Es geht nicht darum, dass wir diese Dinge wie Familie, Geld, Freundschaft und andere Dinge nicht haben sollen, aber sie sollen nicht die Speise für die Seele sein. Sonst wird die Seele daran krank und stirbt.

Die einzige richtige Nahrung für die Seele ist Jesus selbst, dem wir begegnen im Wort Gottes, im Gebet und im Abendmahl.
Was bedeutet das?
Jesus sagt in Matthäus 6, 33: „Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch das alles zufallen.“ Jesus sagt nicht: Suchet zuerst die irdischen Dinge, und wenn das nicht reicht, dann sucht mich und dann findet ihr alles bei mir, sondern bevor ihr an Familie, Freunde und die anderen Dinge denkt, sucht bei mir die Nahrung für eure Seele.

Ich bin die Liebe, die ihr braucht, und nicht der Liebesersatz, wenn ihr nicht genügend menschliche Liebe erhaltet. Ich bin eure Hoffnung und nicht der Hoffnungsersatz. Ich bin euer Trost, Halt, Orientierung und nicht ein Ersatz, wenn das andere nicht reicht.
Wenn ihr meine Nahrung nehmt, dann seid ihr frei und unabhängig von allen anderen Nahrungsmitteln für die Seele.
Ihr müsst nicht mehr suchen nach Liebe, Trost, Geborgenheit, Hoffnung. Das müssen nur Menschen, die Jesus nicht kennen. Ihr müsst nicht mehr verzweifeln und hoffnungslos sein, wenn ihr diese Dinge verliert, denn bei mir habt ihr immer genug. Ihr habt von Anfang bis Ende die Fülle an Liebe, Trost, Hoffnung, Freude und Zuversicht, wenn ihr eure Seele mit dem ernährt, was ich euch gebe.
Wenn wir so frei sind von den irdischen Dingen, dann können wir auch abgeben von unseren irdischen Gütern, unserer Zeit, Freude und Liebe und sie teilen mit Menschen, die weniger davon haben.
Es geht beim Teilen nicht um soziale Moral und deren Erfüllung, sondern um Ausdruck der von Christus gewonnenen Freiheit zum Geben. Trotzdem werden wir unserer Freiheit gewisser, wenn wir uns zum Teilen überwinden und bewusst, denn dann erfahren wir, dass die Sicherheit in Jesus völlig ausreichend ist. So werden dann Geber und Empfänger durch Teilen gesegnet.