Predigt zu Lukas 18, 9-14 am 11. Sonntag nach Trinitatis

Wenn wir vor Gott stehen, schauen wir dann auf uns selbst oder auf Jesus?

Kennen Sie Menschen, die sich so richtig gut selbst darstellen können?

Egal wo sie sind, sie zeigen ständig, wie toll sie sind und was sie so Großartiges tun. Ich erinnere mich noch an zwei Bekannte, die von ein und derselben Jugendfreizeit zurückkamen, die sie geleitet hatten: Der eine erzählte ganz nüchtern, dass es eine gute Freizeit war; der andere berichtete weit ausschweifend vom großartigen Erfolg, wie begeistert die Jugendlichen waren und wie viele neu zum Glauben gekommen waren. Manche treten immer so auf, als würde mit ihnen der Erfolg und der Glanz kommen.

Und wenn sie nicht von sich erzählen, dann reden sie von ihren tollen Kindern und Enkeln oder von irgendwelchen großartigen Bekannten oder von Begegnungen mit bekannten Persönlichkeiten. Solche Menschen können richtig anstrengend sein und nerven – und neidisch machen.

Nur gut, dass wir anders sind: bescheiden, demütig, wir prahlen nicht, erkennen unsere Schwächen und Fehler und stehen gerne im Hintergrund – oder?

Dabei tun die anderen nur das, was heute propagiert wird: Unternehmensberater empfehlen „Tue Gutes und rede darüber!“; jede Werbung preist so ihre Ware an, auch wenn der Inhalt nichts Gutes enthält; Parteien kommentieren verlorene Wahlen mit dem Satz „Unser Programm war gut, aber wir konnten es nicht vermitteln.“; und auch den Kirchen wird mehr Selbstdarstellung empfohlen, an vielen Stellen verstehen sie Missionsarbeit als gekonnte Selbstdarstellung ihrer guten Werke.

Wir lesen nun einen Text aus Lukas 18, 9-14

und Sie denken bitte darüber nach, wie diese beiden Typen in die Geschichte einzuordnen sind.

9 Er (Jesus) sagte aber zu einigen, die überzeugt waren, fromm und gerecht zu sein, und verachteten die andern, dies Gleichnis: 10 Es gingen zwei Menschen hinauf in den Tempel, um zu beten, der eine ein Pharisäer, der andere ein Zöllner. 11 Der Pharisäer stand und betete bei sich selbst so: Ich danke dir, Gott, dass ich nicht bin wie die andern Leute, Räuber, Ungerechte, Ehebrecher, oder auch wie dieser Zöllner. 12 Ich faste zweimal in der Woche und gebe den Zehnten von allem, was ich einnehme. 13 Der Zöllner aber stand ferne, wollte auch die Augen nicht aufheben zum Himmel, sondern schlug an seine Brust und sprach: Gott, sei mir Sünder gnädig! 14 Ich sage euch: Dieser ging gerechtfertigt hinab in sein Haus, nicht jener. Denn wer sich selbst erhöht, der wird erniedrigt werden; und wer sich selbst erniedrigt, der wird erhöht werden.

Auf den ersten Blick ist der „Selbstdarsteller“ der Pharisäer.

Er weist auf sich hin,  und der „Bescheidene“ der Sünder. Aber auch mit Demut und Bescheidenheit kann ich auf mich hinweisen, mich gut fühlen und besser als andere. Sogar mit großer Selbstkritik und Sündenerkenntnis kann ich mich vor mir selbst, vor anderen und vor Gott als jemand selbst darstellen, der besser ist als andere. Wilhelm Busch schrieb schon im 19. Jahrhundert: „ Die Selbstkritik hat viel für sich. Gesetzt den Fall, ich tadle mich, so hab’ ich erstens den Gewinn, dass ich so hübsch bescheiden bin; Zum zweiten denken sich die Leut, der Mann ist lauter Redlichkeit; auch schnapp’ ich drittens diesen Bissen vorweg den andern Kritiküssen; Und viertens hoff’ ich außerdem auf Widerspruch, der mir genehm. So kommt es denn zuletzt heraus, dass ich ein ganz famoses Haus.“

Der Unterschied in unserem Text zwischen Pharisäer und Zöllner ist ein anderer:

Der eine, der Pharisäer, hat seinen Blick auf sich gerichtet und sagt zu Gott: schau mal wie ich bin.  Er sucht und findet sein Selbstwertgefühl, seine Gerechtigkeit aus der Analyse seiner eigenen Persönlichkeit. Was er bei sich selbst findet, benutzt er als Handelsware gegenüber Gott. Er weiß sicher auch, dass er sündigt, aber dagegen setzt er, was er Gutes bei sich findet, zum Beispiel seine guten Taten, sein Bemühen, seine Bescheidenheit, seine Sündenerkenntnis. Und so kommt er zu dem Ergebnis: Gott muss mit mir zufrieden sein. Das gibt ihm Sicherheit. Der Zöllner hätte auch mit seiner Bescheidenheit und Selbstkritik auf sich hinweisen können, aber er sucht gar nicht bei sich, sondern bei Gott. Er bietet Gott keine Handelsware an, er weiß, dass er Gott nichts bieten kann; nicht weil er ein besonders schlechter Mensch wäre, schlechter als andere, sondern weil er weiß, dass Gott zu groß und heilig ist, als das wir mit ihm handeln könnten, indem wir ihm Gutes anbieten und eine Gegenleistung einfordern.  Aber er hofft auf Gottes Liebe und Barmherzigkeit. Da sucht er Sicherheit und Gerechtigkeit.

Wer Gott so gegenübertritt, der sieht ihn als seinen Vater, der ihn um seiner selbst willen liebt, ihn barmherzig ansieht; der sich freut und traurig ist, je nachdem wie jemand sein Leben verbringt. Diese Liebe Gottes ist unabhängig von dem, was man bei mir analysieren kann: Gutes oder Schlechtes. Das ist ein festes Fundament, auf das wir bauen können. Gottes Liebe und Barmherzigkeit kann uns die Gewissheit geben, dass wir zu Gott ihm kommen dürfen, und das gibt uns dann auch unser Selbstwertgefühl für unser Leben.

De Frage ist: Wie treten Sie Gott gegenüber: indem Sie auf sich sehen, was Sie sind und was sie getan haben, oder vertrauen Sie Gott, dass er Sie barmherzig und liebend ansieht?

Gibt Ihnen das Sicherheit? Warum ist diese Frage so bedeutend für unser Leben?

Wie soll ich mir sonst Gott gegenüber sicher sein – im Leben und im Sterben?

Wenn ich auf mich selbst schaue, dann muss ich ständig mit der Angst leben, dass Gott irgendetwas an mir findet, dass so schlimm für ihn ist, dass er mich ablehnt. Es gibt doch so viel Erbärmliches in unserem Leben, wo wir ganz genau wissen, dass wir damit vor Gott nicht bestehen können.

Martin Luther führte lange einen inneren Kampf, weil er sich als Sünder fühlte, obwohl er sich mehr bemühte als andere, aber er entdeckte bei sich immer: Ich liebe Gott nicht so, wie ich es sollte. Den Durchbruch erreichte, als  er entdeckte, dass er Gottes Liebe und Barmherzigkeit, die ihm in Jesus begegnet, vertrauen kann.

Wie wollen wir getrost auf das Sterben zugehen, wenn wir auf uns schauen! Gewissheit im Glauben – im Leben und im Sterben – gibt es nur, wenn wir auf Christus schauen und seiner Zusage vertrauen.

Das, worauf wir schauen ist unsere Kraftquelle.

Wenn wir auf uns schauen, geht es uns gut, solange wir Erfolg haben und alles gut läuft. Dann haben wir Kraft für neue Herausforderungen und können positiv ins Leben gehen, aber wenn es nicht gut läuft, werden wir müde und kraftlos oder erleiden einen burnout. Manchmal reicht schon eine negative Erfahrung, um uns alle Kraft zu rauben, die wir durch gute Erfahrungen angesammelt hatten.

Wenn wir auf Gott schauen und ihm vertrauen, ist er eine ständig sprudelnde Kraftquelle.

Wenn es um unser Selbstwertgefühl geht, dann wird es leicht zerstört durch negative Erfahrungen.  Jesus gibt mir immer einen Wert, egal was in meinem Leben passiert. Bei ihm kann es nicht zerstört werden!
Wenn plötzlich Angst und Sorge vor der Zukunft hochkommt und uns lähmt, dann will Jesus sie mir abnehmen und mich davon befreien, so dass ich mit neuem Mut ins Leben gehen kann.
Wenn ich keine Kraft mehr habe, um mich und andere zu lieben und nur noch mit meiner inneren Leere beschäftigt bin, dann füllt Jesus mich neu an mit seiner Liebe, so dass ich wieder lieben kann.
Jesus ist das lebendige Wasser, die ständig sprudelnde Kraftquelle für unser Leben.

Der Unterschied zwischen Christen und Nicht-Christen ist

nicht, dass Gott den Christen die Probleme abnimmt, es ihnen immer gut geht oder sie besser sind als andere,
sondern dass sie sich geliebt wissen und eine Kraftquelle haben: die Kraft des Heiligen Geistes.

Wie bekomme ich nun die Gewissheit, dass Gott mich liebt und mich barmherzig ansieht?

Wenn ich auf mein Leben schaue, gibt es Situationen zum Jubeln, um Gott zu danken und ein Gefühl, dass Gott mir ganz nahe ist. Und wenn ich in Zeiten komme, die zum Klagen und Verzweifeln sind, dann entsteht ein Gefühl, dass Gott fern von mir ist, ich ihn nicht spüre und nicht verstehe. Im Blick auf mich selbst kann keine Gewissheit der Liebe und Barmherzigkeit Gottes entstehen.

Ich muss auf Christus schauen!

Was er für mich getan hat, das ist die feste Grundlage für diese Gewissheit des Glaubens.  Aus Liebe hat er alles hingegeben: die Gemeinschaft mit Gott, seine Familie, seine Freunde, sein Leben.  Das hat Gott für dich und für mich getan. In Johannes 3, 16 sagt Jesus: „So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit alle, die an ihn glauben, nicht verlorengehen, sondern das ewige Leben haben.“

Woanders finde ich das nicht:
In der Natur kann ich zur Ruhe kommen, Gottes Werke bewundern, aber nicht seine Liebe zu mir entdecken.
In Religiononen und Philosophien kann ich große Gedanken finden, ethische Weisungen, aber die feste Zusage, dass seine Liebe mir gilt, finde ich nur bei Christus.

Wenn Sie so vertrauen können, dann können Sie sich mit all den Erbärmlichkeiten Ihres Lebens vor Gott stellen und wissen: Ich werde geliebt. Er sieht mich mit Liebe und Barmherzigkeit an. Er ist bei mir, steht zu mir. Darauf kann ich mich verlassen , egal wie ich bin und was ich erlebe.

Vielleicht denken Sie: Ja, wenn ich nur so vertrauen könnte. Aber ich zweifle so oft. Denken Sie nicht so viel über die Zweifel nach. Dafür gibt es tausend Gründe. Erinnern Sie sich daran, wie es war, als Sie fest vertraut haben, vielleicht als Kind, oder zu bestimmten Zeiten, im Gottesdienst oder im Kreis mit anderen Christen zusammen. Es waren immer Zeiten, in denen Sie die Liebe Christi im Herzen gespürt haben. Schauen Sie nicht auf Ihre Zweifel, sondern auf jesus und seine Zusagen.

Dann wissen Sie wieder: Sie können ihm vertrauen. Und eigentlich ist es ganz leicht, wenn man auf Jesus schaut und ihn in sein Herz lässt.

Predigt zu Lukas 18, 9-14
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