Predigt zu Jakobus 2, 1-13 am 20. Sonntag nach Trinitatis

Der Jakobus-Brief hat im Neuen Testament einen ganz besonderen Charakter.

Er macht deutlich, dass der Glaube nicht nur ein theoretisches Gedankenspiel ist, sondern Auswirkungen haben muss auf unser Leben, auf das, was wir tun. So schreibt er in Kapitel 2, 19: „Du glaubst, dass nur einer Gott ist? Du tust recht daran; die Teufel glauben’s auch und zittern.“ Jakobus sagt, dass ein allgemeiner Glaube, dass es einen Gott gibt, nicht dem wahren Glauben an Jesus Christus gleichzusetzen ist, sondern dass wir unserem Herrn nachfolgen, auf ihn hören und tun, was er sagt.

Auch wir kennen heute das Problem,

dass in den Kreisen und Gruppen einer Gemeinde und in Gottesdiensten viel über den Glauben geredet und diskutiert wird und dass viele Menschen bei dem Glauben, dass es irgendwie einen Gott gibt, stehen bleiben. Im Jakobus-Brief sehen wir, dass sich unser Tun an Christus orientieren muss und sich unterscheiden soll von dem, was sonst in der Welt gilt. Themen im Jakobs-Brief sind unter anderen Reichtum, böse Worte, Geduld, falsche Selbstsicherheit, Neid und Missgunst.

Auch in unserem Abschnitt aus Jakobus 2, 1-13 geht es um ein sehr aktuelles Thema:

Predigten zum lesen Jakobus 2
Foto: Martina Heins

1 Meine Brüder und Schwestern, haltet den Glauben an Jesus Christus, unsern Herrn der Herrlichkeit, frei von allem Ansehen der Person. 2 Denn wenn in eure Versammlung ein Mann kommt mit einem goldenen Ring und in herrlicher Kleidung, es kommt aber auch ein Armer in unsauberer Kleidung, 3 und ihr seht auf den, der herrlich gekleidet ist, und sprecht zu ihm: Setz du dich hierher auf den guten Platz!, und sprecht zu dem Armen: Stell du dich dorthin!, oder: Setz dich unten zu meinen Füßen!, 4 macht ihr dann nicht Unterschiede unter euch und urteilt mit bösen Gedanken? 5 Hört zu, meine Lieben! Hat nicht Gott erwählt die Armen in der Welt, die im Glauben reich sind und Erben des Reichs, das er verheißen hat denen, die ihn lieb haben? 6 Ihr aber habt dem Armen Unehre angetan. Sind es nicht die Reichen, die Gewalt gegen euch üben und euch vor Gericht ziehen? 7 Verlästern sie nicht den guten Namen, der über euch genannt ist? 8 Wenn ihr das königliche Gesetz erfüllt nach der Schrift (3. Mose 19,18): »Liebe deinen Nächsten wie dich selbst«, so tut ihr recht; 9 wenn ihr aber die Person anseht, tut ihr Sünde und werdet überführt vom Gesetz als Übertreter. 10 Denn wenn jemand das ganze Gesetz hält und sündigt gegen ein einziges Gebot, der ist am ganzen Gesetz schuldig. 11 Denn der gesagt hat (2. Mose 20,13-14): »Du sollst nicht ehebrechen«, der hat auch gesagt: »Du sollst nicht töten.« Wenn du nun nicht die Ehe brichst, tötest aber, bist du ein Übertreter des Gesetzes. 12 Redet so und handelt so als Leute, die durchs Gesetz der Freiheit gerichtet werden sollen.
13 Denn es wird ein unbarmherziges Gericht über den ergehen, der nicht Barmherzigkeit getan hat;  Barmherzigkeit aber triumphiert über das Gericht.

Wir können diesen Text für uns leicht abwehren,

denn so richtig Arme finden sich in unseren Gemeinden ja selten und Reiche, die mit Gold behangen kommen, sind auch selten. Außerdem kann sich in der Regel jeder hinsetzen, wo er will.

Aber so einfach kommen wir nicht davon.

Es sind nicht nur die materiell Reichen gemeint, sondern auch die, die angesehen sind, die wir lange kennen, die eine gehobene Stellung in der Gesellschaft haben oder die, die in der Gesellschaft oder in der Kirche viel Einfluss haben.

Die Frage ist ob wir als Christen, und besonders in der Gemeinde, alle gleich behandeln?

Ich will nur einige Beispiele nennen. Sie können gerne für sich andere Beispiele hinzufügen.

Da kommt eine Ihnen unbekannte Person in die Gemeinde und möchte irgendwo mitmachen. Wird diese Person mit dem gleichen Respekt und mit der gleichen Hochachtung behandelt wie Personen, die man schon dreißig Jahre kennt?
Wie ist das mit Personen, die nicht unseren „Stallgeruch“ haben oder wie man heute sagt, die zu unserem Milieu gehören, weil sie uns in Bezug auf Kleidung, Benehmen und Sprache sehr ähnlich sind: Gehen wir schneller auf sie zu als auf andere?
Da benimmt sich in der Gemeinde jemand haarsträubend daneben. Bei jemand, dem man schon lange kennt, sieht man schnell drüber hinweg. Bei jemand anderem geht man genauso schnell auf Distanz und verurteilt das unmögliche Verhalten.
Wer findet Beachtung in der Gemeindearbeit: die Neuen oder die, die lange dabei sind?
Jemand möchte viel Geld spenden für die Kirche. Behandelt man ihn nicht besonders vorsichtig, während man bei jemand, der kein Geld hat, denkt, man kann ihn gleichgültig oder abweisend behandeln?
Zu besonderen Gottesdiensten sind auch besondere Persönlichkeiten eingeladen. Erhalten diese „Ehrengäste“ einen besonderen Platz oder müssen sie wie alle anderen sich irgendwo einen Platz suchen? Diese Diskussion kenne ich aus vielen Kirchengemeinden.
Da ist jemand, der Hilfe braucht. Wie schnell sind wir bereit zu helfen, wenn wir uns damit großtun können, aber wenn es nur im Verborgenen geschieht und auch noch anstrengende Drecksarbeit ist, wie ist es dann?

Immer wieder sehen wir auf das Äußere? Es passiert bei uns und keiner ist davon frei.

Es braucht auch keiner von außen mit dem Finger auf die Gemeinde zu zeigen, denn das sind die Spielregeln überall in der Gesellschaft:

Die höher Angesehenen werden mit besonderem Respekt behandelt, denn diese Personen können ja vielleicht noch einmal nützlich sein. Sich ein bisschen „einschleimen“ schadet doch nicht, oder? Wer Geld hat, den kann man ja noch mal gebrauchen,  wer aber nichts hat und nichts ist, auf den kann man rumtrampeln oder ihn links liegen lassen, oder?

So ist das in der Welt, aber genau das ist das Problem:

Als Kirche, als Gemeinde, als Christen sollen wir uns davon unterscheiden in unserm Handeln. Wir sollen nicht einfach das tun, was man überall tut, auch wenn man damit ganz weit kommen kann, sondern wir sollen uns an Christus orientieren, und der hat es anders gemacht.
Alles, was wir an Ansehen, Erfolg, Geld, Macht vorweisen können, und was bei uns Menschen so wichtig ist, zählt bei ihm nicht. Zu ihm können wir nur mit nichts splitterfasernackt kommen.

Wir sollen bei ihm erst einmal alles abladen, was wir vorweisen können und auch unsere Schuld und unser Versagen und so nimmt er uns dann an, als Arme. Und nur so kann er in uns neues Leben, das vom Geist Gottes geprägt ist, schaffen. Es muss erst einmal alles auf die „Mülldeponie“,  das Kreuz von Golgatha. Und dann geht Jesus mit jedem nach seiner Liebe um.

Das ist nicht einfach eine Gleichmacherei nach dem Motto:

Alle sind vor Gott gleich, also hat auch jeder das gleiche zu sagen. Es gibt auch in der Gemeinde Unterschiede von den Ämtern und von der Verantwortung her, aber jeder soll mit dem gleichen Respekt und derselben Hochachtung behandelt werden, egal welche Position jemand hat, wie lange jemand in der Gemeinde ist, ob jemand Geld oder Einfluss  hat oder nicht. Unter Christen soll es eben nicht so sein, wie es sonst in der Welt üblich ist.

Das hört sich gut an, aber es ist nicht immer einfach, denn das kann auch unangenehme Konsequenzen haben, auf die Jakobus hier hinweist.

Wenn Sie jemandem Unbedeutenden auf die Füße treten, dann hat das keine Konsequenzen, treten Sie aber jemanden auf die Füße von denen, die einflussreich sind und Macht haben, weil sie sich nicht genug gelobt fühlen, ihre Macht in Gefahr sehen, in ihrer Eitelkeit verletzt fühlen, dann können sie böse zurückschlagen. Jakobus beschreibt das in den Versen 6 + 7. Auch in der Kirche ist das leider meistens nicht anders und manchmal noch schlimmer.

Jakobus weist darauf hin, dass es die Einflussreichen und Mächtigen waren, die Jesus gekreuzigt haben.

Das wir vor dieser Konsequenz Angst haben, ist verständlich aber falsch. Und dann werden wir feige, verlieren unser Rückgrat, die Courage, machen die Augen zu, machen einfach mit und verraten dabei Christus und die christliche Gemeinschaft. Mancher fragt: Tun das nicht fast alle so, auch in der Kirche? Das mag sein, aber wird es dadurch richtig?

Jeder einzelne Christ ist hier gefragt: Orientiere ich mich an dem, was alle tun, oder orientiere ich mich an dem, wie Christus mit uns umgeht und was er uns zeigt?

Und stehen wir auch dann noch treu zu ihm, zu unserem Glauben, wenn es Nachteile bringt?
Ohne Ansehen der Person, jedem mit dem gleichen Respekt und Hochachtung begegnen, das erfordert Courage, Rückgrat und Treue zu Jesus. Und das bekommen wir nur, wenn uns Christus wichtiger ist als die „besonderen” Menschen.

Prüfen sie sich einmal in diesem Punkt,

und sie werden mit Erschrecken feststellen, wie Sie gerade an diesem Punkt versagen. Das passiert uns allen. Unser Versagen ist aber gar nicht das Schlimmste. Das können wir immer wieder erkennen und versuchen, es besser zu machen.
Viel schlimmer ist, dass wir das, was alle tun, zum Maßstab für unser Miteinander in Kirche und Gemeinde machen, und das auch noch in Ordnung finden. Dann verraten wir Christus.

Wenn wir nicht wenigsten versuchen, nach den Maßstäben Jesu zu leben, können wir uns dann noch christliche Gemeinde nennen?

Schauen Sie auf Christus! Wenn er auf das Äußere der Person gesehen hätte, meinen Sie, Sie hätten dann eine Chance. Was wir vorweisen können, darüber kann Gott nur lachen oder weinen. Wie dankbar kann jeder von uns sein, dass Gott nicht die Person ansieht und dafür, dass Jesus für uns, den Tod am Kreuz in Kauf genommen hat; dass er uns annimmt ohne Vorbedingung.

Jakobus ermahnt uns: Glaubt das nicht nur, sondern zeigt durch eure Tat, dass ihr es wirklich zu Jesus gehört und ihm nachfolgt!
Predigt zu Jakobus 2, 1-13
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