Bekenntnisse des Glaubens

Einleitung

Wenn wir vom Glaubensbekenntnis reden, denken viele an das Apostolische Glaubensbekenntnis, das meistens in Gottesdiensten gesprochen wird und auf das ich später noch kurz eingehen werde. Es gibt aber verschiedene Arten des Glaubensbekenntnisses und auch mehrere fest formulierte Bekenntnisse, sogenannte Urkunden des Glaubens.

Im Evangelischen Gesangbuch steht als Vorwort zu den verschiedenen fest Formulierten Bekenntnissen folgender Text, der auf die unterschiedlichen Arten des Glaubensbekenntnisses hinweist:

„Seid allezeit bereit zur Verantwortung vor jedermann, der von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die in euch ist.“ (1.Petrus 3,15)

Zum christlichen Glauben gehört das Bekenntnis.

Kirchen und Christen bekennen mit dem, was sie sagen, tun und lassen, ihren Glauben. So wird auch mit Liedern und Gebeten der Glaube bekannt.
Das Bekenntnis hat einen doppelten Ausgangspunkt: Es gründet einerseits in dem Bekenntnis Gottes zum Menschen und antwortet auf das Geschenk seiner Liebe. Es erwächst andererseits aus der jeweiligen geschichtlichen Situation.
Schon Israel hat sich gegenüber den anderen Völkern der Alten Welt zu dem Einen Gott bekannt, der allein Herr ist: »Höre, Israel, der Herr ist unser Gott, der Herr allein. Und du sollst den Herrn, deinen Gott, liebhaben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit all deiner Kraft!« (5. Mose 6,4-5)

In der Geschichte der Kirche hat das Bekenntnis im wesentlichen drei Formen gefunden: als Glaubensaussage, als Lebensvollzug und als Urkunde.

Das christliche Bekenntnis ist Aussage des Glaubens.

Es sieht im Handeln des dreieinigen Gottes das Heil der Welt begründet und geschieht im Lobpreis Gottes, im Verkündigen der Herrschaft Jesu Christi und im Anrufen des Heiligen Geistes.

Diese Form des Bekenntnisses hat schon in der frühen Christenheit zu einer großen Zahl von mündlichen und schriftlichen Überlieferungen geführt. Eines der bekanntesten Beispiele ist der Christushymnus, den der Apostel Paulus im Philipperbrief überliefert (Philipper 2, 5-11).

Das christliche Bekenntnis vollzieht sich im Leben

als Zustimmung zur Liebe Gottes, als Dienst an seinen Geschöpfen, als Einstimmen in den Glauben anderer Christen, aber auch als »Absage an den Anspruch der vergehenden Welt«. Diese Form begegnet sowohl im Leben einzelner Christen als auch im Leben christlicher Gemeinden und Kirchen in vielfältiger Gestalt.

Das christliche Bekenntnis hat seinen Niederschlag in Urkunden gefunden,

die in einer bestimmten geschichtlichen Situation entstanden sind und durch einen kirchlichen Entscheidungsakt oder durch allgemeinen Gebrauch legitimiert wurden. In dieser Form bezeugen die Glaubensbekenntnisse als aktuelle Auslegungen der Heiligen Schrift die Wahrheit des Evangeliums – etwa gegenüber Irrlehren -, besitzen sie wegweisenden Charakter und symbolisieren sie die Einheit des Glaubens für die Gemeinden und Kirchen, in denen sie in Geltung sind.

In allen drei Formen ist das Bekenntnis Ausdruck des Glaubens an den dreieinigen Gott und nicht nur die Zustimmung zu einer bestimmten Lehre.

Während das Bekenntnis in Formen der Glaubensaussage und des Lebensvollzuges sich im Laufe der Geschichte der Kirche immer wieder wandelt und erneuert, drängt das Bekenntnis in Form der Urkunde auf bleibende Geltung und Verbindlichkeit. Es wird zur Bekenntnisschrift, die in einer oder mehreren Kirchen maßgebliche Autorität erlangt. Gleichwohl bleiben auch die urkundlichen Bekenntnisse an ihre besondere geschichtliche Situation gebunden und bedürfen in anderen Situationen der Auslegung und Ergänzung. Die Kirche wird durch sie auch nicht daran gehindert, sondern im Gegenteil dazu herausgefordert, neue verbindliche Bekenntnisse zu formulieren, wenn neue biblische Erkenntnisse oder geschichtliche Situationen dazu nötigen.

Im Evangelischen Gesangbuch werden darum den wichtigsten Bekenntnissen aus der frühen Geschichte der Kirche und aus der Reformationszeit Lehrzeugnisse aus dem 20. Jahrhundert hinzugefügt.

Beim Bekennen des Glaubens geht es nicht darum, etwas für wahr zu halten oder einer Lehre zustimmen, sondern ist eine Antwort auf Gottes vielfältiges Handeln an uns.

Sowohl die persönliche Glaubensaussage als auch das Handeln im Lebensvollzug und das Nachsprechen einer „Glaubensurkunde“ wie das Apostolische Glaubensbekenntnis sind in erster Linie ein Lobpreis auf Gott vor anderen Menschen. Es richtet sich also an Gott und an Menschen.

Die Glaubensaussage und das Handeln im Lebensvollzug sind dabei besonders persönlich. Sie sollen authentisch das widerspiegeln, was ich im Herzen glaube.
Beim Nachsprechen einer Glaubensaussage kann es sein, dass ich mit einzelnen Sätzen Schwierigkeiten habe.

Das mag darin begründet sein, dass ich zu einzelnen Sätzen eine andere Meinung habe, oder auch daran, dass diese Glaubenssätze in einer anderen Zeit mit ganz speziellen theologischen Auseinandersetzungen entstanden sind, die ich nicht nachvollziehen kann. Trotzdem kann ich diese Sätze in einer Feier mit anderen Christen mitsprechen, weil ich mich damit hineingebe in den gemeinsamen Lobpreis aller Christen. Es kommt nicht darauf an, dass ich einzelne Sätze anders verstehe als andere Christen, sondern dass ich von Herzen einstimmen will in den gemeinsamen Lobpreis Gottes als Antwort Gottes auf sein Handeln an uns. Außerdem sind sie geeignet zur Wiedererkennung unseres Glaubens für Außenstehende, für die Vermittlung des Glaubens im Unterricht und als Ausdruck der Einheit unter Christen.

Martin Luther schreibt in seinem Vorwort zum Großen Katechismus 1529 über die Bedeutung von Glaubensbekenntnissen:

Deshalb soll man junge Leute die Stücke vollständig auswendig lernen lassen und mit Fleiß darin üben und weiterbringen. Darum ist auch jeder Hausvater verpflichtet, wenigstens einmal in der Woche seine Kinder und sein Gesinde zu fragen und abzuhören, was sie davon wissen oder lernen, und, wenn sie es nicht können, sie mit Ernst dazu anzuhalten. Denn die lieben Väter oder Apostel, wer es auch gewesen ist, haben hier kurz und bündig zusammengestellt, was Lehre, Leben, Weisheit und Willen der Christen ausmacht.“

Siehe auch die Erläuterungen der EKD zum Thema „Bekenntnis“.