Kleiner Katechismus Martin Luthers

Ein Katechismus bietet eine einprägsame Zusammenfassung der christlichen Lehre und beschreibt, was in der Kirche gilt. In Martin Luthers Kleinem Katechismus geht es um die Zehn Gebote, das Glaubensbekenntnis und die Sakramente. Hinzu kommen Ausführungen zu Taufe, Abendmahl und Beichte. (Aus der Homepage der EKD)

Luthers Vorrede zum Kleinen Katechismus

Martin Luther allen treuen, frommen Pfarrern und Predigern Gnade, Barmherzigkeit und Frieden in Christus Jesus, unserm Herrn!

Diesen Katechismus oder christliche Lehre in eine solche kleine, schlichte, einfache Form zu bringen, hat mich die klagenswerte, elende Not gezwungen und gedrungen, die ich neulich erfahren habe, als ich auch Visitator war. Hilf, lieber Gott, wie viel Jammer habe ich da gesehen! Der ungelehrte Mann weiß doch gar nichts von der christlichen Lehre, besonders auf den Dörfern, und viele Pfarrer sind sehr ungeschickt und untüchtig zu lehren. Und doch wollen sie alle Christen sein, getauft sein und die heiligen Sakramente genießen, obwohl sie weder das Vaterunser noch das Glaubensbekenntnis oder die Zehn Gebote kennen, sondern sie leben dahin wie das liebe Vieh und wie unvernünftige Säue. Und jetzt, wo das Evangelium hingekommen ist, da haben sie fein gelernt, alle Freiheit meisterhaft zu missbrauchen!

O ihr Bischöfe! Wie wollt ihr es vor Christus verantworten, dass ihr das Volk so schändlich habt dahingehen lassen und euer Amt nicht einen Augenblick verwaltet? Dass euch dafür nicht alles Unglück treffe! Ihr verbietet den Kelch beim Abendmahl und legt Wert auf eure Menschengesetze, fragt aber nicht danach, ob sie das Vaterunser, das Glaubensbekenntnis, die Zehn Gebote oder irgendein Gotteswort kennen. Ach und Weh über euren Hals für ewig!

Darum bitte ich um Gottes willen euch alle, meine lieben Herren und Brüder, die ihr Pfarrer und Prediger seid: Nehmt euch eures Amtes von Herzen an und erbarmt euch über euer Volk, das euch anbefohlen ist, und helft uns, den Katechismus unter die Leute, besonders unter die Jugend, zu bringen. Wer es nicht besser vermag, der nehme dieses Hauptstück und Form vor sich und halte sie dem Volk vor, Wort für Wort, und zwar so:

  1. Der Prediger hüte sich vor allen Dingen vor verschiedenen und unterschiedlich gestalteten Texten und Formen der Zehn Gebote, des Glaubensbekenntnisses, des Vaterunsers, der Sakramente usw.; er meide sie und nehme statt dessen eine Form, bei der er bleibe und dieselbe immer treibe, ein Jahr wie das andere. Denn das junge und einfache Volk muss man mit einem bestimmten Text und einer Form lehren. Sonst werden sie zu leicht irre, wenn man heute so und ein Jahr später anders lehrt, als wollte man’s verbessern, und wird dabei alle Mühe und Arbeit vergeblich. Das haben die lieben Väter auch wohl gesehen, die das Vaterunser, das Glaubensbekenntnis, die Zehn Gebote alle in einer Weise gebraucht haben. Darum sollen wir auch bei dem jungen und einfachen Volk diese Stücke so lehren, dass wir nicht eine Silbe verändern oder ein Jahr etwas anderes als das nächste vorhalten oder vorsprechen. Darum wähle dir, welche Form du willst, und dabei bleibe ewiglich. Wenn du aber bei den Gelehrten und Verständigen predigst, so kannst du deine Kunst beweisen und diese Stücke so vielgestaltig machen und so meisterhaft darstellen, wie du kannst. Aber bei dem jungen Volk bleibe bei einer festen, ewigen Form und Weise. Lehre sie für das allererste folgende Stücke: die Zehn Gebote, das Glaubensbekenntnis, das Vaterunser usw., nach dem Text, Wort für Wort, dass sie es auch so nachsprechen können und auswendig lernen. Denen aber, die es nicht lernen wollen, sage man, wie sie dadurch Christus verleugnen und keine Christen sind. Sie sollen auch nicht zum Sakrament zugelassen werden, kein Kind als Paten zur Taufe tragen, auch kein Stück der christlichen Freiheit gebrauchen, sondern einfach dem Papst und seinen Beamten, dazu dem Teufel selbst überlassen bleiben. Dazu sollen ihnen die Eltern und Hausherren Essen und Trinken versagen und ihnen klarmachen, dass der Fürst solche leichtfertigen Leute aus dem Lande jagen wird. Denn obwohl man niemand zum Glauben zwingen kann oder soll, so soll man doch die Menge dazu anhalten und treiben, dass sie weiß, was recht und unrecht ist bei denen, bei welchen sie wohnen, ihr Unterhalt verdienen und leben wollen. Denn wer in einer Stadt wohnen will, der soll das Stadtrecht kennen und einhalten, dessen Nutznießer er sein will, ganz gleichgültig, ob er glaubt oder im Herzen ungläubig und böse ist.
  1. Wenn sie den Text gut können, so lehre sie danach auch den Sinn, dass sie wissen, was es bedeutet. Und nimm dir dazu wieder die Weise dieser Hauptstücke vor oder sonst eine kurze gleichförmige Weise, welche du willst. Bleibe dabei und verändere sie in keiner Silbe, wie oben vom Text gesagt ist. Nimm dir dazu Zeit. Denn es ist nicht nötig, dass du alle Stücke auf einmal vornimmst, sondern eines nach dem anderen. Wenn sie das erste Gebot richtig verstehen, dann nimm das zweite vor und so weiter. Sonst werden sie überschüttet und behalten keines gut.
  1. Wenn du sie nun diesen kurzen Katechismus gelehrt hast, dann nimm dir den Großen Katechismus und gib ihnen auch weiteres und reicheres Verständnis. Stelle dabei jedes Gebot, jede Bitte, jedes Stück heraus mit seinen verschiedenen Werken, Nutzen, Zweck, Gefahr und Schaden, wie du solches reichlich in vielen Büchern findest. Insbesondere treibe das Gebot und Stück am meisten, das bei deinem Volk am meisten Not bereitet. Zum Beispiel: Das 7.Gebot, vom Stehlen, musst du bei Handwerkern, Händlern, ja auch bei Bauern und Gehilfen kräftig treiben, denn bei diesen Leuten gibt es viel Veruntreuung und Diebstahl. Oder: Das 4.Gebot musst du bei den Kindern und bei dem einfachen Mann gut treiben, dass sie still, treu, gehorsam, friedfertig sind. Auch sollst du viele Beispiele aus der Schrift anführen, wo Gott solche Leute gestraft oder gesegnet hat. Insbesondere ermahne an dieser Stelle auch die Obrigkeit und die Eltern ernstlich, dass sie gut regieren und die Kinder zur Schule schicken. Zeige ihnen, dass sie solches zu tun schuldig sind, und wenn sie es nicht tun, welche verfluchte Sünde das ist. Denn sie stürzen und verwüsten damit Gottes und der Welt Reich als die ärgsten Feinde Gottes und der Menschen. Streiche heraus, was für einen grässlichen Schaden sie anrichten, wenn sie nicht helfen, Kinder zu Pfarrern, Predigern Schreibern usw. ausbilden zu lassen, dass Gott sie deshalb schrecklich strafen wird. Denn es ist jetzt nötig, davon zu predigen, weil die Eltern und die Obrigkeit hierin soviel sündigen, dass es nicht zu sagen ist. Der Teufel führt Schlimmes damit im Sinne.
  2. Weil nun die Tyrannei des Papstes abgetan ist, so wollen sie nicht mehr zum Sakrament gehen und verachten es. Hier ist es nötig zu treiben, doch mit folgendem Verständnis: Wir sollen niemanden zum Glauben oder zum Sakrament zwingen, auch kein Gesetz, noch Zeit, noch Stätte bestimmen. Aber wir wollen so predigen, dass sie sich selbst, ohne unser Gesetz, drängen und geradezu uns Pfarrer zwingen, ihnen das Sakrament zu reichen. Das tut man, indem man ihnen sagt: Wer das Sakrament nicht sucht oder begehrt wenigstens etwa viermal im Jahr, bei dem ist zu befürchten, dass er das Sakrament verachtet und kein Christ ist. Genauso wie der kein Christ ist, der das Evangelium nicht glaubt oder nicht hört. Denn Christus spricht nicht: Solches lasset! oder: Solches verachtet!, sondern: »Solches tut«, spricht er. Wenn aber jemand das Sakrament nicht hoch achtet, dann ist das ein Zeichen dafür, dass er keine Sünde, kein Fleisch, keinen Teufel, keine Welt, keinen Tod, keine Gefahr, keine Hölle kennt. Das heißt: Er glaubt keines davon, obwohl er bis über die Ohren darin steckt und zweifach dem Teufel verfallen ist. Andererseits bedarf er auch keiner Gnade, keines Lebens, Paradieses, Himmelreiches, Christus, Gottes, noch irgendetwas Guten. Denn wenn er glaubte, dass er so viel Böses an sich hätte und so viel Gutes nötig hätte, so würde er das Sakrament nicht so ungebraucht lassen, in dem solchem Übel abgeholfen und so viel Gutes gegeben wird. Man brauchte ihn auch mit keinem Gesetz zum Sakrament zu zwingen, sondern er würde selber gelaufen und gerannt kommen, sich selbst zwingen und dich treiben, dass du ihm das Sakrament geben müsstest. Darum darfst du hier kein Gesetz aufstellen wie der Papst. Stelle gründlich heraus den Nutzen und Schaden, die Notwendigkeit und den Zweck, die Gefahr und das Heil in diesem Sakrament, dann werden sie gewiss selbst kommen ohne dein Zwingen. Kommen sie aber nicht, so lass sie gehen und sage ihnen, dass sie des Teufels sind, da sie ihre große Not und Gottes gnädige Hilfe nicht achten noch fühlen. Wenn du aber solches nicht treibst oder machst ein Gesetz oder Gift daraus, so ist es deine Schuld, dass sie das Sakrament verachten. Wie sollten sie auch nicht faul sein, wenn du schläfst oder schweigst? Darum sieh darauf, Pfarrer und Prediger, unser Amt ist nun anders geworden, als es unter dem Papst war. Es ist jetzt ernst und heilsam geworden. Darum bringt es nun viel mehr Mühe und Arbeit, Gefahr und Anfechtung, dazu wenig Lohn und Dank in der Welt. Christus aber will selbst unser Lohn sein, wenn wir in Treue arbeiten. Dazu helfe uns der Vater aller Gnade! Dem sei Lob und Dank in Ewigkeit durch Christus, unsern Herrn. Amen.

Kleiner Katechismus Martin Luthers

mit Erklärungen Martin Luthers zu den ersten drei Hauptstücken (Luther). Die Hauptstücke vier und fünf wurden ganz von Luther geschrieben.

Das Erste Hauptstück – Die Zehn Gebote

Das Erste Gebot

Ich bin der Herr, dein Gott. Du sollst nicht andere Götter haben neben mir.
(Luther) Was ist das?
Wir sollen Gott über alle Dinge fürchten, lieben und vertrauen.

Das Zweite Gebot

Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht unnütz gebrauchen; denn der Herr wird den nicht ungestraft lassen, der seinen Namen mißbraucht.
(Luther) Was ist das?
Wir sollen Gott fürchten und lieben, daß wir bei seinem Namen nicht fluchen, schwören, zaubern, lügen oder trügen, sondern ihn in allen Nöten anrufen, beten, loben und danken.

Das Dritte Gebot

Du sollst den Feiertag heiligen.
(Luther) Was ist das?
Wir sollen Gott fürchten und lieben, daß wir die Predigt und sein Wort nicht verachten, sondern es heilig halten, gerne hören und lernen.

Das Vierte Gebot

Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren, auf daß dir’s wohlgehe und du lange lebest auf Erden.
(Luther) Was ist das?
Wir sollen Gott fürchten und lieben, daß wir unsere Eltern und Herren nicht verachten noch erzürnen, sondern sie in Ehren halten, ihnen dienen, gehorchen, sie lieb und wert haben.

Das Fünfte Gebot

Du sollst nicht töten.
(Luther) Was ist das?
Wir sollen Gott fürchten und lieben, daß wir unserm Nächsten an seinem Leibe keinen Schaden noch Leid tun, sondern ihm helfen und beistehen in allen Nöten.

Das Sechste Gebot

Du sollst nicht ehebrechen.
(Luther) Was ist das?
Wir sollen Gott fürchten und lieben, daß wir keusch und zuchtvoll leben in Worten und Werken und in der Ehe einander lieben und ehren.

Das Siebente Gebot

Du sollst nicht stehlen.
(Luther) Was ist das?
Wir sollen Gott fürchten und lieben, daß wir unsers Nächsten Geld oder Gut nicht nehmen noch mit falscher Ware oder Handel an uns bringen, sondern ihm sein Gut und Nahrung helfen bessern und behüten.

Das Achte Gebot

Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten.
(Luther) Was ist das?
Wir sollen Gott fürchten und lieben, daß wir unsern Nächsten nicht belügen, verraten, verleumden oder seinen Ruf verderben, sondern sollen ihn entschuldigen, Gutes von ihm reden und alles zum besten kehren.

Das Neunte Gebot

Du sollst nicht begehren deines Nächsten Haus.
(Luther) Was ist das?
Wir sollen Gott fürchten und lieben, daß wir unserm Nächsten nicht mit List nach seinem Erbe oder Hause trachten und mit einem Schein des Rechts an uns bringen, sondern ihm dasselbe zu behalten förderlich und dienlich sein.

Das Zehnte Gebot

Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib, Knecht, Magd, Vieh noch alles, was sein ist.
(Luther) Was ist das?
Wir sollen Gott fürchten und lieben, daß wir unserm Nächsten nicht seine Frau, Gehilfen oder Vieh ausspannen, abwerben oder abspenstig machen, sondern dieselben anhalten, daß sie bleiben und tun, was sie schuldig sind.

(Luther) Was sagt nun Gott zu diesen Geboten allen?
Er sagt so: Ich der Herr, dein Gott, bin ein eifernder Gott. der an denen, die mich hassen, die Sünde der Väter heimsucht bis zu den Kindern im dritten und vierten Glied; aber denen, die mich lieben und meine Gebote halten, tue ich wohl bis in tausend Glied.
Was ist das?
Gott droht zu strafen alle, die diese Gebote übertreten; darum sollen wir uns fürchten vor seinem Zorn und nicht gegen seine Gebote handeln. Er verheißt aber Gnade und alles Gute allen, die diese Gebote halten; darum sollen wir ihn auch lieben und vertrauen und gerne tun nach seinen Geboten.

Das Zweite Hauptstück – Der Glaube

Der Erste Artikel: Von der Schöpfung

Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde.
(Luther) Was ist das?
Ich glaube, daß mich Gott geschaffen hat samt allen Kreaturen, mir Leib und Seele, Augen, Ohren und alle Glieder, Vernunft und alle Sinne gegeben hat und noch erhält; dazu Kleider und Schuh, Essen und Trinken, Haus und Hof, Weib und Kind, Acker, Vieh und alle Güter; mit allem, was not tut für Leib und Leben, mich reichlich und täglich versorgt, in allen Gefahren beschirmt und vor allem Übel behütet und bewahrt; und das alles aus lauter väterlicher, göttlicher Güte und Barmherzigkeit, ohn all mein Verdienst und Würdigkeit: für all das ich ihm zu danken und zu loben und dafür zu dienen und gehorsam zu sein schuldig bin.
Das ist gewißlich wahr.

Der Zweite Artikel: Von der Erlösung

Und an Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn, empfangen durch den Heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria, gelitten unter Pontius Pilatus, gekreuzigt, gestorben und begraben, hinabgestiegen in das Reich des Todes, am dritten Tage auferstanden von den Toten, aufgefahren in den Himmel; er sitzt zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters; von dort wird er kommen, zu richten die Lebenden und die Toten.
(Luther) Was ist das?
Ich glaube, daß Jesus Christus, wahrhaftiger Gott vom Vater in Ewigkeit geboren und auch wahrhaftiger Mensch von der Jungfrau Maria geboren, sei mein Herr, der mich verlornen und verdammten Menschen erlöset hat, erworben, gewonnen von allen Sünden, vom Tode und von der Gewalt des Teufels; nicht mit Gold oder Silber, sondern mit seinem heiligen, teuren Blut und mit seinem unschuldigen Leiden und Sterben; damit ich sein eigen sei und in seinem Reich unter ihm lebe und ihm diene in ewiger Gerechtigkeit, Unschuld und Seligkeit, gleichwie er ist auferstanden vom Tode, lebet und regieret in Ewigkeit.
Das ist gewißlich wahr.

Der Dritte Artikel: Von der Heiligung

Ich glaube an den Heiligen Geist, die heilige christliche Kirche, Gemeinschaft der Heiligen, Vergebung der Sünden, Auferstehung der Toten und das ewige Leben. Amen.
(Luther) Was ist das?
Ich glaube, daß ich nicht aus eigener Vernunft noch Kraft an Jesus Christus, meinen Herrn, glauben oder zu ihm kommen kann; sondern der Heilige Geist hat mich durch das Evangelium berufen, mit seinen Gaben erleuchtet, im rechten Glauben geheiligt und erhalten; gleichwie er die ganze Christenheit auf Erden beruft, sammelt, erleuchtet, heiligt und bei Jesus Christus erhält im rechten, einigen Glauben; in welcher Christenheit er mir und allen Gläubigen täglich alle Sünden reichlich vergibt und am Jüngsten Tage mich und alle Toten auferwecken wird und mir samt allen Gläubigen in Christus ein ewiges Leben geben wird.
Das ist gewißlich wahr.

Das Dritte Hauptstück – Das Vater Unser

Die Anrede:

Vater unser im Himmel.
(Luther) Was ist das?
Gott will uns damit locken, daß wir glauben sollen, er sei unser rechter Vater und wir seine rechten Kinder, damit wir getrost und mit aller Zuversicht ihn bitten sollen wie die lieben Kinder ihren lieben Vater.

Die Erste Bitte:

Geheiligt werde dein Name.
(Luther) Was ist das?
Gottes Name ist zwar an sich selbst heilig; aber wir bitten in diesem Gebet, daß er auch bei uns heilig werde.
Wie geschieht das?
Wo das Wort Gottes lauter und rein gelehrt wird und wir auch heilig, als die Kinder Gottes, danach leben. Dazu hilf uns, lieber Vater im Himmel! Wer aber anders lehrt und lebt, als das Wort Gottes lehrt, der entheiligt unter uns den Namen Gottes. Davor behüte uns, himmlischer Vater!

Die Zweite Bitte:

Dein Reich komme.
(Luther) Was ist das?
Gottes Reich kommt auch ohne unser Gebet von selbst, aber wir bitten in diesem Gebet, daß es auch zu uns komme.
Wie geschieht das?
Wenn der himmlische Vater uns seinen Heiligen Geist gibt, daß wir seinem heiligen Wort durch seine Gnade glauben und danach leben, hier zeitlich und dort ewiglich.

Die Dritte Bitte:

Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden.
(Luther) Was ist das?
Gottes guter, gnädiger Wille geschieht auch ohne unser Gebet; aber wir bitten in diesem Gebet, daß er auch bei uns geschehe.
Wie geschieht das?
Wenn Gott allen bösen Rat und Willen bricht und hindert, die uns den Namen Gottes nicht heiligen und sein Reich nicht kommen lassen wollen, wie der Teufel, die Welt und unsres Fleisches Wille; sondern stärkt und behält uns fest in seinem Wort und Glauben bis an unser Ende. Das ist sein gnädiger, guter Wille.

Die Vierte Bitte:

Unser tägliches Brot gib uns heute.
(Luther) Was ist das?
Gott gibt das tägliche Brot auch ohne unsere Bitte allen bösen Menschen; aber wir bitten in diesem Gebet, daß er’s uns erkennen lasse und wir mit Danksagung empfangen unser tägliches Brot.
Was heißt denn tägliches Brot?
Alles, was not tut für Leib und Leben, wie Essen, Trinken, Kleider, Schuh, Haus, Hof, Acker, Vieh, Geld, Gut, fromme Eheleute, fromme Kinder, fromme Gehilfen, fromme und treue Oberherren, gute Regierung, gut Wetter, Friede, Gesundheit, Zucht, Ehre, gute Freunde, getreue Nachbarn und desgleichen.

Die Fünfte Bitte:

Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
(Luther) Was ist das?
Wir bitten in diesem Gebet, daß der Vater im Himmel nicht ansehen wolle unsere Sünden und um ihretwillen solche Bitten nicht versagen, denn wir sind dessen nicht wert, was wir bitten, haben’s auch nicht verdient; sondern er wolle es uns alles aus Gnaden geben, obwohl wir täglich viel sündigen und nichts als Strafe verdienen. So wollen wir wiederum auch herzlich vergeben und gerne wohltun denen, die sich an uns versündigen.

Die Sechste Bitte:

Und führe uns nicht in Versuchung.
(Luther) Was ist das?
Gott versucht zwar niemand; aber wir bitten in diesem Gebet, daß uns Gott behüte und erhalte, damit uns der Teufel, die Welt und unser Fleisch nicht betrüge und verführe in Mißglauben, Verzweiflung und andere große Schande und Laster; und wenn wir damit angefochten würden, daß wir doch endlich gewinnen und den Sieg behalten.

Die Siebente Bitte:

Sondern erlöse uns von dem Bösen.
(Luther) Was ist das?
Wir bitten in diesem Gebet, daß uns der Vater im Himmel vom Bösen und allem Übel an Leib und Seele, Gut und Ehre erlöse und zuletzt, wenn unser Stündlein kommt, ein seliges Ende beschere und mit Gnaden von diesem Jammertal zu sich nehme in den Himmel.

Der Beschluss:

Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
(Luther) Was heißt Amen?
Daß ich soll gewiß sein, solche Bitten sind dem Vater im Himmel angenehm und werden erhört. Denn er selbst hat uns geboten, so zu beten, und verheißen, daß er uns erhören will. Amen, Amen, das heißt: Ja, ja, so soll es geschehen.

Das Vierte Hauptstück – Das Sakrament der heiligen Taufe

Zum Ersten: Was ist die Taufe?

Die Taufe ist nicht allein schlicht Wasser, sondern sie ist das Wasser in Gottes Gebot gefaßt und mit Gottes Wort verbunden.
Welches ist denn dies Wort Gottes?
Unser Herr Christus spricht bei Matthäus im letzten Kapitel: „Gehet hin in alle Welt und machet zu Jüngern alle Völker: Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.“

Zum Zweiten: Was gibt oder nützt die Taufe?

Sie wirkt Vergebung der Sünden, erlöst vom Tode und Teufel und gibt die ewige Seligkeit allen, die es glauben, wie die Worte und Verheißung Gottes lauten.
Welches sind denn solche Worte und Verheißung Gottes?
Unser Herr Christus spricht bei Markus im letzten Kapitel: „Wer da glaubt und getauft wird, der wird selig werden; wer aber nicht glaubt, der wird verdammt werden.“

Zum Dritten: Wie kann Wasser solch große Dinge tun

Wasser tut‘ s freilich nicht, sondern das Wort Gottes, das mit und bei dem Wasser ist, und der Glaube, der solchem Worte Gottes im Wasser traut. Denn ohne Gottes Wort ist das Wasser schlicht Wasser und keine Taufe; aber mit dem Worte Gottes ist’s eine Taufe, das ist ein gnadenreiches Wasser des Lebens und ein Bad der neuen Geburt im Heiligen Geist; wie Paulus sagt zu Titus im dritten Kapitel: „Gott macht uns selig durch das Bad der Wiedergeburt und Erneuerung im Heiligen Geist, den er über uns reichlich ausgegossen hat durch Jesus Christus, unsern Heiland, damit wir, durch dessen Gnade gerecht geworden, Erben des ewigen Lebens würden nach unsrer Hoffnung“. Das ist gewißlich wahr.

Zum Vierten: Was bedeutet denn solch Wassertaufen?

Es bedeutet, daß der alte Adam in uns durch tägliche Reue und Buße soll ersäuft werden und sterben mit allen Sünden und bösen Lüsten; und wiederum täglich herauskommen und auferstehen ein neuer Mensch, der in Gerechtigkeit und Reinheit vor Gott ewiglich lebe.
Wo steht das geschrieben?
Der Apostel Paulus spricht zu den Römern im sechsten Kapitel: „Wir sind mit Christus begraben durch die Taufe in den Tod, damit, wie Christus auferweckt ist von den Toten durch die Herrlichkeit des Vaters, auch wir in einem neuen Leben wandeln.“

Das Fünfte Hauptstück – Das Sakrament des Altars oder das Heilige Abendmahl

Zum Ersten: Was ist das Sakrament des Altars?

Es ist der wahre Leib und Blut unsers Herrn Jesus Christus, unter dem Brot und Wein uns Christen zu essen und zu trinken von Christus selbst eingesetzt.
Wo steht das geschrieben?
So schreiben die heiligen Evangelisten Matthäus, Markus, Lukas und der Apostel Paulus: „Unser Herr Jesus Christus, in der Nacht, da er verraten ward, nahm er das Brot, dankte und brach’s und gab’s seinen Jüngern und sprach: Nehmet hin und esset: Das ist mein Leib, der für euch gegeben wird; solches tut zu meinem Gedächtnis.
Desgleichen nahm er auch den Kelch nach dem Abendmahl, dankte und gab ihnen den und sprach: Nehmet hin und trinket alle daraus: Dieser Kelch ist das neue Testament in meinem Blut, das für euch vergossen wird zur Vergebung der Sünden; solches tut, sooft ihr’s trinket. zu meinem Gedächtnis.“

Zum Zweiten: Was nützt denn solch Essen und Trinken?

Das zeigen uns diese Worte: Für euch gegeben und vergossen zur Vergebung der Sünden; nämlich, daß uns im Sakrament Vergebung der Sünden, Leben und Seligkeit durch solche Worte gegeben wird; denn wo Vergebung der Sünden ist, da ist auch Leben und Seligkeit.

Zum Dritten: Wie kann leiblich Essen und Trinken solch große Dinge tun?

Essen und Trinken tut’s freilich nicht, sondern die Worte, die da stehen: Für euch gegeben und vergossen zur Vergebung der Sünden. Diese Worte sind neben dem leiblichen Essen und Trinken das Hauptstück im Sakrament. Und wer diesen Worten glaubt, der hat, was sie sagen und wie sie lauten, nämlich: Vergebung der Sünden.

Zum Vierten: Wer empfängt denn dieses Sakrament würdig?

Fasten und leiblich sich bereiten ist zwar eine feine äußerliche Zucht; aber der ist recht würdig und wohl geschickt, wer den Glauben hat an diese Worte: Für euch gegeben und vergossen zur Vergebung der Sünden. Wer aber diesen Worten nicht glaubt oder zweifelt, der ist unwürdig und ungeschickt; denn das Wort Für euch fordert nichts als gläubige Herzen.

Vom Amt der Schlüssel und von der Beichte

(Das Stück von Beichte und Vergebung findet sich ursprünglich nicht im Kleinen Katechismus, geht aber zum Teil auf Martin Luther zurück.)

Was ist das Amt der Schlüssel?

Es ist die besondere Gewalt, die Christus seiner Kirche auf Erden gegeben hat, den bußfertigen Sündern die Sünden zu vergeben, den unbußfertigen aber die Sünden zu behalten, solange sie nicht Buße tun.
Wo steht das geschrieben?
Unser Herr Jesus Christus spricht bei Matthäus im sechzehnten Kapitel zu Petrus: Ich will dir des Himmelreichs Schlüssel geben: alles, was du auf Erden binden wirst, soll auch im Himmel gebunden sein, und alles, was du auf Erden lösen wirst, soll auch im Himmel gelöst sein.
Desgleichen spricht er zu seinen Jüngern bei Johannes im zwanzigsten Kapitel: Nehmet hin den Heiligen Geist! Welchen ihr die Sünden erlasset, denen sind sie erlassen; und welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten.

Was ist die Beichte?

Die Beichte begreift zwei Stücke in sich: eins, daß man die Sünde bekenne, das andere, daß man die Absolution oder Vergebung vom Beichtiger empfange als von Gott selbst und ja nicht daran zweifle, sondern fest glaube, die Sünden seien dadurch vergeben vor Gott im Himmel. Welche Sünden soll man denn beichten?
Vor Gott soll man sich aller Sünden schuldig bekennen, auch die wir nicht erkennen, wie wir im Vaterunser tun. Aber vor dem Beichtiger sollen wir allein die Sünden bekennen, die wir wissen und fühlen im Herzen.
Welche sind die?
Da siehe deinen Stand an nach den zehn Geboten, ob du Vater, Mutter, Sohn, Tochter bist, in welchem Beruf und Dienst du stehst: ob du ungehorsam, untreu, unfleißig, zornig, zuchtlos, streitsüchtig gewesen bist, ob du jemand Leid getan hast mit Worten oder Werken, ob du gestohlen, etwas versäumt oder Schaden getan hast.

Wie bekennst du deine Sünden vordem Beichtiger?

So kannst du zum Beichtiger sprechen:
Ich bitte, meine Beichte zu hören und mir die Vergebung zuzusprechen um Gottes willen.
Hierauf bekenne dich vor Gott aller Sünden schuldig und sprich vor dem Beichtiger aus, was als besondere Sünde und Schuld auf dir liegt. Deine Beichte kannst du mit den Worten schließen:
Das alles ist mir leid. Ich bitte um Gnade. Ich will mich bessern.

Wie geschieht die Lossprechung (Absolution)?

Der Beichtiger spricht: Gott sei dir gnädig und stärke deinen Glauben. Amen. Glaubst du auch, daß meine Vergebung Gottes Vergebung ist?
Antwort: Ja, das glaube ich.
Darauf spricht er: Wie du glaubst, so geschehe dir.
Und ich, auf Befehl unseres Herrn Jesus Christus, vergebe dir deine Sünden im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
Gehe hin in Frieden!

Welche aber im Gewissen sehr beschwert oder betrübt und angefochten sind, die wird ein Beichtvater wohl mit mehr Worten der Heiligen Schrift zu trösten wissen und zum Glauben reizen. Dies soll nur eine Weise der Beichte sein.