Predigt zu Psalm 62, 6-7 am 1. Sonntag nach Trinitatis
„Ich könnte dringend einmal Urlaub gebrauchen!
So viele Termine und Aufgaben und viele Dinge zu erledigen, das war anstrengend. Eine Woche nichts tun und entspannen, zur Ruhe kommen, das würde guttun.“
Wie oft habe ich das schon gehört und auch selber gesagt? Geht es Ihnen auch so? Sind Sie auch gestresst von den Aufgaben im Beruf, in der Familie und durch ehrenamtliche Tätigkeiten und könnten Urlaub gebrauchen?
Aber so schlimm ist diese Art von Stress eigentlich gar nicht. Es gibt auch das Gefühl, gebraucht zu werden. Gestresst sein gehört heute irgendwie zum guten Ton.
Man muss irgendwie einen gestressten Eindruck erwecken, um als wichtig zu gelten. Ich erinnere mich an einen Kollegen, der bei jeder Terminabsprache sagte: „Da geht es nicht, die nächsten Wochen und Monate geht es ganz schlecht.“ Wie wichtig ist man, wenn man sagen kann: Alles belegt, da geht überhaupt nichts und wie unwichtig erscheint der, der sagen kann: Ich kann eigentlich immer. Das gehört zum „wichtig-wichtig-Spiel“. Dadurch steigert man seinen Wert. Wer am Abend noch entspannt und ruhig umherläuft, der hat wohl nicht viel zu tun gehabt, so glauben viele.
Viel schlimmer ist es, wenn wir Stress haben mit Dingen oder Personen, die uns sehr wichtig sind und die uns Halt und Sicherheit geben,
zum Beispiel wenn wir Probleme haben mit dem Ehepartner, den Kindern, Freunden, wenn es bei der Arbeit Probleme gibt, oder mit der Gesundheit, weil wir nicht wissen, wie es weitergeht.
Wenn wir nur den Eindruck haben, dass das, was uns Halt und Sicherheit gibt, bröckelt und ins Wanken geraten könnte, dann werden wir unruhig, haben richtigen innerlichen Stress, und das zu Recht, denn dadurch kann unser Leben völlig aus den Fugen geraten.
Es ist die Angst, die uns unruhig macht; die Angst, dass unsere Zukunft gefährdet ist und wir das nicht mehr in den Griff bekommen. Das drückt uns nieder und lässt uns nicht mehr fröhlich und frei leben. Das kann so stark werden, dass Menschen das Gefühl haben, ihr Brustkorb wird eingeschnürt oder sie möchten explodieren, um sich zu befreien.
Wo und wie kann unsere Seele Ruhe und sicheren Halt finden?
In dem Lied „Wo findet sie Seele die Heimat, die Ruh?“ heißt es am Ende der ersten Strophe „Nein, nein, nein, nein, hier ist sie nicht: die Heimat der Seele ist droben im Licht!“
Dazu passt der Predigttext von heute aus Psalm 62, 6+7:
6 Aber sei nur stille zu Gott, meine Seele; denn er ist meine Hoffnung. 7 Er ist mein Fels, meine Hilfe und mein Schutz, dass ich nicht wanken werde.
Ist das zu naiv gedacht und nur etwas für fromme Seelen, oder können wir das bestätigen?
Und gibt es etwas Besseres?
Wir können in die Natur gehen oder beim Sport, in der Musik oder im Theater abschalten, in einem Urlaub oder Wellnesswochenende zur Ruhe kommen, zum Yoga gehen, einen Therapeuten besuchen oder woanders hingehen. Das alles sind vielleicht kleine Oasen des Lebens, sie können uns helfen, die Gedanken zu sortieren und die eigenen Kräfte zu mobilisieren. Aber es gibt uns nur eine kurze Pause und dann ist das Alte wieder da. Das alles ist sehr wenig gegenüber dem, was wir bei Gott, bei Jesus bekommen. Das ist nicht naiv, sondern eine göttliche Wirklichkeit. Es ist eine Möglichkeit des Glaubens, die wir viel mehr ausschöpfen können. Hier bei Jesus gibt es wirklich Ruhe und inneren Halt in der Unruhe des Lebens.
Wichtig ist, dass Jesus die Mitte unseres Lebens ist
und wir alles mit ihm in Verbindung bringen, auf ihn beziehen, in Gedanken zu ihm hinbringen und fragen: Wie soll ich das verstehen, wie wichtig ist dieses oder jenes in meinem Leben? Alles muss von ihm ausgehen und wir müssen von ihm her denken und fühlen und handeln mit der Frage: Wie soll ich damit umgehen?
Was ist Ihre Mitte: Arbeit, Kinder, Hobby, oder was ist es?
Die Lebensmitte ist das, was mir Ruhe, Halt und Orientierung geben soll. Wir können es vergleichen mit einem Rad und den Speichen. Nur wenn die Nabe wirklich in der Mitte liegt und stabil ist, bleibt das Rad stabil und läuft rund.
Was wir als Lebensmitte haben, entscheidet darüber,
ob wir einen sicheren Halt haben, unser Leben „rund“ läuft und wir immer einen Ruhepol habe, oder ob wir unruhig werden müssen, weil der Mittelpunkt wackelt und wir uns ständig darum sorgen und fragen müssen, ob wir ihn stabil halten können.
Jesus als Mitte gibt uns festen Halt in allen Stürmen des Lebens und seine Zusagen
„Sorget nicht“ und „habt keine Angst“ bewahrheiten sich in unserem Leben. Aber er drängt sich nicht auf, sondern wir müssen ihn suchen.
Das ist der grundlegende Unterschied in der Frage, welchen Mittelpunkt wir für unser Leben haben:
Hängt der Lebensmittelpunkt ab von unserer Fürsorge, Kraft und Fähigkeiten oder von anderen Menschen, dann kann er ins Wanken geraten, oder hängt er von Gott ab und kommt aus der Ewigkeit, dann bleibt er immer stabil, in allen Stürmen des Lebens und sogar im Sterben.
Was die Verse aus Psalm 62 sagen, müssen wir uns immer wieder ins Bewusstsein rufen und uns immer wieder auf Jesus besinnen. Das kann auf verschiedene Weise geschehen:
Wir können uns zum Beispiel im Gebet an Gott wenden.
Dann können wir bei ihm unser Herz ausschütten, zur Ruhe kommen und die Probleme abgeben. In seiner Gegenwart können wir unser Leben ordnen und alles klären, was wichtig und unwichtig ist. Wir können uns erinnern an all das, was Gott für uns getan hat in unserem Leben, besonders durch Jesus, und an die Zusagen der Bibel und an viele Geschichten aus der Bibel.
Wir können auch die Bibel lesen
und an vielen Stellen merken wir dann, dass das, was uns so besorgt und unruhig macht, weil wir es für wichtig halten, gar nicht so wichtig ist. Die Bibel gibt uns eine wunderbare Orientierung für alle wichtigen Lebensfragen, und wir können die wunderbaren Zusagen oder Geschichten, die von Gottes Treue berichten, auf uns wirken lassen. Die Bibel wirkt auf uns, auch wenn wir nicht alles verstehen, denn der heilige Geist wirkt durch die Bibel auf uns.
Und wir können in der Gemeinschaft mit anderen Christen seine Gegenwart suchen und unsere Seele wieder anfüllen lassen,
indem wir nicht etwas tun, was von uns selbst abhängig ist, sondern Gott an uns wirken lassen. Gott schenkt uns den 7. Tag als Ruhetag, damit wir aus der Quelle seiner Kraft schöpfen und damit in die neue Woche gehen mit allen Herausforderungen, die kommen.
Wenn wir uns so Gott zuwenden, dann bekommen wir
Klarheit im Leben, dann wissen wir, was wichtig und unwichtig ist und wie es weitergehen soll. Wir erhalten innere Ruhe und neue Kraft, weil wir wissen, dass wir einen festen Mittelpunkt haben. Das gibt uns Halt. Dann erleben wir immer wieder Jesus als Mitte, Halt, Ruhepol unseres Lebens. Das ist großartig!
Das ist für unser Leben wichtig, aber nicht nur für uns. Und die Frage ist, was wir ausstrahlen als Einzelne und als christliche Gemeinschaft.
Sind es auch nur die Sorgen und Ängste um das, was uns so wichtig ist an anderen Mittelpunkten des Lebens oder ist es die Geborgenheit, der Friede und die Freude in Jesus Christus? Haben andere bei uns den Eindruck, dass auch nur Dinge der Welt wie Familie, Arbeit oder andere Dinge unsere Mitte sind, und wir fröhlich sind, wenn es gut läuft, und traurig, wenn es schlecht läuft, oder spüren sie, dass wir eine andere Mitte und einen anderen Halt in Jesus Christus haben?
Wir haben als Christen nicht nur für uns, sondern auch für andere Verantwortung.
Wichtig ist, dass wir nicht nur für uns die Mitte, Jesus, aufsuchen, sondern auch andere Menschen auf Jesus als wahre Mitte des Lebens hinweisen. Es wäre schön, wenn wir dazu beitragen, dass Menschen, wenn sie uns erleben, die Gegenwart Gottes suchen und finden.